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Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)

Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)

Titel: Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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er und zeigt zu den Sangre-de-Cristo-Bergen, und wir verfolgen in stiller Ehrfurcht, wie der Sonnenaufgang die zerklüfteten Gipfel mit einem rosigen Glanz überzieht.
    »Chepi hat mich gelehrt, dass die gesamte Natur – die Sonne, der Mond, diese Berge – dich von dem Zeitpunkt an kennt, als du nur eine Idee warst. Dass wir alle Zellen mit unterschiedlichen Bestimmungen sind und trotzdem alle miteinander verbunden sind und existieren, um sowohl einander als auch dem großen Ganzen zu dienen. Dummerweise hat Suriel nie auf Chepi gehört. Er teilt die Welt in Gerechte und Sünder auf. Als ob man das jemals so klar definieren könnte. Jeder ringt um das Gleichgewicht zwischen Hell und Dunkel.«
    Jeder außer dir. Oder vielmehr dein früheres Ich. Bevor du die schlimmste Eigenschaft deines Bruders angenommen hast.
    Ich studiere sein Profil im Schein der aufgehenden Sonne. Seine Gesichtszüge sind weich und markant zugleich, und solange ich ihm nicht in die Augen blicke, kann ich so tun, als hätte sich nichts verändert.
    »Hast du ein Element?«, frage ich, während ich verzweifelt versuche, mir den Gedanken aus dem Kopf zu schlagen.
    »Erde.« Grinsend sieht er mich an. Doch es liegt keine Tiefe in seinem Blick, daher wende ich mich rasch ab. »Ich spüre die Verbindung seit meiner Kindheit.«
    »Rufst du sie je zu Hilfe?« Ich behalte den Trailer im Auge, den abgewrackten Schuppen und das schmutzige Auto.
    »Ich hab’s nie gelernt. Chepi hat sich die größte Mühe gegeben, mich von solchen Dingen abzuschirmen. Warum, möchtest du es mir beibringen?«
    »Irgendwann vielleicht.« Mein Atem verlangsamt sich und fällt in seinen Rhythmus, während sich der Himmel zu einem strahlenden Baldachin aus silbrigen Blau- und Pinktönen entfaltet.
    Dace rutscht von Kachinas Rücken und hilft mir nach ihm herunter. Damit sie keine unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich zieht, versetze ich ihr einen Klaps aufs Hinterteil und sage ihr, sie soll sich ein nettes Plätzchen zum Grasen suchen. Dace und ich verstecken uns hinter dem alten, baufälligen Schuppen nebenan, der noch heruntergekommener ist als der Trailer.
    Genau wie Dace es vorhergesagt hat, geht im nächsten Moment drinnen Licht an, und wir können hinter einem gelben Vorhang zwei schemenhafte Gestalten umhergehen sehen.
    »Es beginnt sicher mit einer Moralpredigt«, sagt Dace, und tatsächlich durchdringt schon bald Suriels Stimme die Stille und dröhnt über die Wände des Trailers schallend hinaus ins Freie. Ich starre Dace an und frage mich, woher er das wusste. »Er ist ein Gewohnheitstier«, erklärt er grinsend. »Weicht nie von seiner Routine ab.«
    Obwohl sich die Worte nicht richtig vernehmen lassen, schnappen wir ab und zu eine von Suriels Lieblingsphrasen auf. Die Letzten Tage sind gekommen … Die Leuchtenden Tage der Herrlichkeit brechen an … Suriel ist nur ein bescheidener Diener, seine Tochter ein Werkzeug Deines Willens … und noch mehr Weltuntergangsschrott. Der Typ ist besessen.
    Als er fertig ist, verlässt er den Trailer, damit sich seine Tochter anziehen kann, wendet sich zu den Bergen um, lässt sich auf die Knie fallen und beginnt von vorn. Nur dass wir diesmal zusehen dürfen. Sein Körper windet sich hin und her, sein Kopf fällt in den Nacken, und die Zunge hängt ihm aus dem Mund.
    »Schätze, du bist nicht der Einzige, der mit der Erde verbunden ist«, witzle ich und versuche aus der Szene, die sich vor mir abspielt, schlau zu werden. Vor allem, weil es mir dabei eiskalt über den Rücken läuft.
    »Er behauptet, der Geist sei in ihn gefahren, wenn er das macht. Hat uns als Kinder immer eine Heidenangst eingejagt.«
    Die arme Phyre. So aufwachsen zu müssen …
    Allmählich empfinde ich eine Welle von Mitleid für ihre Zwangslage. Früher fand ich Jennika immer peinlich, mit ihren verrückten Haarfarben, ihren Piercings und ihrem Hang zu theatralischen Szenen, aber verglichen mit Suriel wirkt Jennika wie eine Mutter aus einer Fünfzigerjahre-Fernsehserie.
    Mein Gefühl ist allerdings nicht von Dauer. Es verschwindet in dem Moment, als Phyre aus dem Trailer kommt und mir wieder einfällt, dass ihr Ziel ist, Dace zu töten.
    Sie fährt sich unsicher mit einer Hand über ihre Lockenmähne. Zieht an ihrem schwarzen Minirock, um ihre Schenkel besser zu bedecken. Starr und aufrecht steht sie neben ihrem Vater, als wagte sie nicht, sich zu bewegen. Ihre Gesichtszüge wirken abgestumpft, und ihre Miene ist undurchschaubar, als sie zusieht, wie

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