Im Namen des Todes: Roman (German Edition)

mindestens drei Zentimeter den Absätzen seiner Schlangenlederstiefel zuzuschreiben waren.
    » Meine Mandantin wartet inzwischen seit über zwei Stunden«, fing er an. » Und zwar fast die ganze Zeit ohne ihren Rechtsbeistand.«
    » Uh-huh.« Eve setzte sich gelassen an den Tisch und schlug ihre Akte auf. » Und dieser Rechtsbeistand, der Sie anscheinend sind…«, sie hob den Kopf und sah ihn reglos an, » …sollte wissen, dass ich einen Menschen legal so lange hier warten lassen kann, und dass Ihre Mandantin, seit sie uns darum gebeten hat, einen Anwalt zu kontaktieren, nicht vernommen worden ist. Deshalb setzen Sie sich besser wieder hin, denn sonst verlieren wir nur noch mehr Zeit. Rekorder an.« Sie gab ihren und Pennys Namen sowie den Grund für die Vernehmung an und zog fragend eine Braue hoch. » Ms Soto wird vertreten durch?«
    » Carlos Montoya.«
    » Der ebenfalls anwesend ist. Mr Montoya, haben Sie sich ausgewiesen und Ihre Lizenz als Anwalt vorgelegt?«
    » Natürlich.«
    » Gut. Ms Soto, Sie wurden über Ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt und sagen, Sie hätten sie verstanden.«
    » Das ist doch alles Scheiße.«
    » Aber diese Scheiße haben Sie verstanden?«
    Penny zuckte mit den Schultern. » Sicher, alles klar. Genauso ist mir klar, dass ich und mein Anwalt Sie dafür am Arsch kriegen werden, dass ich unter falschen Anschuldigungen von Ihnen verhaftet worden bin.«
    » Das wird sicher witzig. Weil es schließlich eine Zeugin für den bewaffneten, tätlichen Angriff auf eine Polizeibeamtin und den Widerstand gegen die Festnahme heute Morgen gibt.«
    » Ich habe Sie nicht angerührt.«
    » Das kann man auch anders sehen. Aber ich wäre eventuell bereit, die Anschuldigungen fallen zu lassen, wenn Sie jetzt bereit und in der Lage sind, Fragen zu Lino Martinez und zu Ereignissen in Zusammenhang mit ihm zu beantworten.«
    » Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass ich Lino zum letzten Mal gesehen habe, als ich fünfzehn war.«
    » Was eindeutig gelogen ist.«
    » Meine Mandantin…«
    » Ist eine Lügnerin, aber das erleben Sie wahrscheinlich oft. Genau wie ich. Der Leichnam von Lino Martinez wurde inzwischen offiziell identifiziert. Wir wissen, dass er sich über fünf Jahre lang als ein gewisser Pater Miguel Flores ausgegeben hat und dass er während dieser Zeit regelmäßig in die Bodega kam, in der Sie arbeiten. Außerdem ist uns bekannt, dass Sie früher eine Beziehung zu ihm hatten. Wenn Sie trotzdem weiterhin darauf bestehen, dass Sie keine Ahnung hatten, dass er heimgekommen war, bleibt die Anzeige wegen tätlichen Angriffs und Widerstands gegen die Festnahme bestehen, und mit Ihrem Vorstrafenregister fahren Sie dann garantiert noch einmal ein.«
    Eve klappte den Aktendeckel zu, stand auf und wandte sich zum Gehen.
    » Ich fahre ganz bestimmt nicht dafür ein, dass ich Ihnen einmal locker auf die Flosse geschlagen habe, als Sie mich einfach packen wollten.«
    » Oh doch, das werden Sie auf jeden Fall, genau wie dafür, dass Sie ein Messer gezogen, mir ins Gesicht gespuckt und sich aktiv gegen Ihre Festnahme gewehrt haben. Da Sie mich nicht kennen, lassen Sie mich Ihnen– und Ihrem Anwalt– sagen, dass ich dahinterkommen werde, falls Sie auch nur ein privates Gespräch mit Lino Martinez geführt oder ihn auch nur ein einziges Mal außerhalb der Bodega getroffen haben. Und dann werde ich Sie auch noch wegen einer Falschaussage hinter Gitter bringen– und mich unweigerlich fragen, ob Sie sich vielleicht irgendwie Zyankali beschafft haben und…«
    » Das ist doch der totale Blödsinn.«
    Lächelnd ging Eve in Richtung Tür.
    » Verdammt, warten Sie einen Moment. Ich will mit meinem Anwalt reden, bevor ich etwas sage.«
    » Rekorder aus. Dann gehe ich kurz raus, damit Sie beide plaudern können, ja?«
    Eve ließ die beiden allein, überlegte, ob sie den Versuch riskieren sollte, eine Dose Pepsi an einem der Getränkeautomaten zu erstehen, beschloss dann aber, dass es sicher nicht so lange dauern würde.
    Tatsächlich kam Montoya innerhalb von weniger als drei Minuten an die Tür.
    » Meine Mandantin wäre unter Umständen bereit, ihre Aussage zu korrigieren.«
    » Okey-dokey.« Eve kehrte in den Vernehmungsraum zurück, nahm wieder Platz, faltete lächelnd ihre Hände, sagte: » Rekorder an« und wartete dann einfach ab.
    » Sie werden die aktuellen Vorwürfe gegen meine Mandantin fallen lassen, falls sie Ihre Fragen zu Lino Martinez beantwortet.«
    » Wenn sie die Wahrheit sagt und ich mit