Im Namen des Todes: Roman (German Edition)
einer Kette trug. » Seine Familie ist verständlicherweise erschüttert darüber, was heute Vormittag geschehen ist. Wenn ich sie kontaktieren und die Totenmesse zu Ende führen könnte… nicht hier«, schränkte er ein, bevor Eve etwas sagen konnte. » Ich würde die entsprechenden Vorkehrungen treffen, aber sie müssen ihren Vater, Großvater und Freund begraben, müssen dieses Ritual zu Ende führen. Und auch Mr Ortiz sollte derart geachtet werden, dass er möglichst schnell zur letzten Ruhe geleitet wird.«
Mit Pflichten gegenüber Toten kannte sie sich aus. » Ich muss jetzt noch mit jemand anderem sprechen. Ich werde versuchen, die Sache zu beschleunigen. Warten Sie bitte im Pfarrhaus auf mich.«
» Ich bin ein Verdächtiger.« Ein Gedanke, der ihn weder zu erschüttern noch zu überraschen schien. » Ich habe Miguel vielleicht die Waffe überreicht, von der er getötet worden ist.«
» Das stimmt. Sie sind ebenso verdächtig wie so ziemlich jeder andere, der heute in der Kirche war und in die Sakristei hätte gelangen können. Hector Ortiz ist der Einzige, der nicht auf meiner Liste steht.«
Abermals verzog er das Gesicht zu einem leichten Lächeln. » Die Babys und die Kleinkinder können Sie wahrscheinlich auch von Ihrer Liste streichen, und von ihnen war jede Menge da.«
» Ich weiß nicht. Kleinkinder sind per se in höchstem Maß verdächtig«, antwortete sie. » Wir müssen uns auch Flores’ Zimmer im Pfarrhaus ansehen. Aber vorher werde ich noch dafür sorgen, dass Mr Ortiz aus der Kirche geholt werden kann.«
» Danke. Ich warte dann im Haus auf Sie.«
Eve führte ihn hinaus, schloss die Tür hinter ihm ab und wies einen Beamten an, ihr den zweiten Zeugen zu bringen, der Polizist und als Verwandter des verstorbenen Hector bei der Messe gewesen war.
Bevor ihr Zeuge kam, sah sie sich den toten Flores noch einmal von allen Seiten an. Attraktiver Bursche, dachte sie. Gut einen Meter achtzig groß, und auch wenn es unter seinem seltsamen Gewand nicht genau zu sehen war, wusste sie aufgrund von seinen Daten, dass er athletische dreiundsiebzig Kilo wog.
Er hatte gleichmäßige Züge, dichtes, dunkles Haar mit ein paar silbrigen Strähnen und sah deutlich glatter, jünger und geschmeidiger als López aus.
Wahrscheinlich gab es alle möglichen Arten von Priestern, überlegte sie, genau wie in der normalen Bevölkerung.
Auch wenn sie den Grund für diese Vorschrift nicht verstand, sollten Priester keinen Sex haben. Manche Priester aber ignorierten diese Vorschrift und hatten wie ganz normale Leute regelmäßig auch in dieser Hinsicht ihren Spaß. Vielleicht hatte ja auch Flores keinen Sinn fürs Zölibat gehabt.
Wer hätte den wohl schon?
Vielleicht hatte er sich mit dem oder der Falschen eingelassen. Vielleicht hatte eine zornige Geliebte oder der erboste Partner einer solchen Frau ihn um die Ecke gebracht. Er hatte besonders gern mit jungen Leuten zu tun gehabt, ging ihr López’ Aussage durch den Kopf. Vielleicht hatte er sich ja an irgendwelche Minderjährigen herangemacht. Und Mutter oder Vater hatte sich dafür an ihm gerächt. Oder…
» Lieutenant Dallas?«
Eve drehte sich um und entdeckte eine wirklich heiße, junge Frau in einem strengen, schwarzen Kostüm. Sie war zierlich, trotz der hochhackigen Schuhe höchstens einen Meter fünfundsechzig groß, hatte riesengroße, mandelförmige, leuchtend grüne Augen und zu einem Knoten aufgestecktes rabenschwarzes Haar.
» Graciela Ortiz. Officer Ortiz«, fügte sie hinzu.
» Officer.« Eve kam die Stufen vom Altar herunter und blickte sie fragend an. » Sie sind mit Mr Ortiz verwandt.«
» Poppy, ja. Er war mein Urgroßvater.«
» Mein Beileid.«
» Vielen Dank. Er hatte ein langes, schönes Leben und jetzt ist er bei den Engeln. Aber Pater Flores…«
» Sie glauben nicht, dass Pater Flores bei den Engeln ist?«
» Ich hoffe es. Aber er hat nicht lange gelebt und ist auch nicht friedlich in seinem Bett gestorben. Einen solchen Tod habe ich nie zuvor erlebt.« Sie atmete erschaudernd ein. » Ich hätte schneller reagieren und den Tatort sofort sichern sollen. Mein Cousin und ich– Matthew ist bei der Drogenfahndung– hätten schneller reagieren sollen, aber ich war näher dran. Matt saß ganz hinten in der Kirche. Ich dachte– wir alle dachten–, dass der Pater irgendeine Art von Anfall hat. Dr. Pasquale und mein Onkel– er ist ebenfalls Mediziner– haben noch versucht ihn wiederzubeleben. Es ging alles furchtbar schnell. Drei,
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