Im Namen des Todes: Roman (German Edition)
gebracht und in die Hand gedrückt.« Plötzlich sah er nicht nur traurig, sondern gleichzeitig auch wütend aus. » Dafür wird Gott den oder die Täter zur Rechenschaft ziehen, Lieutenant. Aber ich glaube nicht nur an Gottes, sondern auch an die irdischen Gesetze, deshalb werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um Ihnen bei ihrer Arbeit behilflich zu sein.«
» Was für ein Priester war Flores?«
» Ein ausgezeichneter. Mitfühlend, engagiert und voller Energie. Er hat gern mit jungen Menschen gearbeitet, darin war er besonders gut.«
» Hatte er in letzter Zeit Probleme? Depressionen, Stress?«
» Nein. Nein. Das hätte ich gewusst, das hätte ich ihm angemerkt. Wir drei wohnen nämlich zusammen im Pfarrhaus hinter der Kirche.« Er winkte vage mit der Hand, als gingen ihm ein Dutzend anderer Dinge durch den Kopf. » Wir essen, sprechen, streiten, beten fast jeden Tag zusammen. Deshalb hätte ich gemerkt, wenn er Probleme gehabt hätte. Falls Sie denken, er hätte sich umgebracht– das hätte er nie getan. Schon gar nicht auf eine solche Art.«
» Hatte er Ärger mit irgendjemandem? Hat irgendjemand einen Groll gegen ihn gehegt oder hatte– beruflich oder persönlich– ein Problem mit ihm?«
» Er hat nie etwas Derartiges erwähnt und, wie gesagt, wir haben täglich miteinander gesprochen.«
» Wer wusste, dass er heute die Totenmesse abhalten würde?«
» Das war allgemein bekannt. Hector Ortiz war eine Stütze der Gemeinde. Ein allseits beliebter, angesehener Mann. Alle wussten, dass heute die Totenmesse abgehalten würde und dass Miguel von der Familie darum gebeten worden war.«
Eve trat vor eine Tür und zog sie auf. Helles Sonnenlicht fiel in die Sakristei. Das Schloss der Tür war fast so einfach wie das an der Kiste, merkte sie.
Man käme also völlig mühelos hinein und auch wieder heraus.
» Fanden heute auch schon vorher Messen statt?«, wandte sie sich wieder López zu.
» Ja, wie jeden Werktag früh um sechs. Die Messe habe ich selbst zelebriert.«
» Und der Wein und die Hostie, die dort verwendet wurden, kamen aus demselben Vorrat wie die Sachen jetzt?«
» Ja.«
» Wer hat sie für Sie geholt?«
» Miguel. Es ist immer nur eine kleine Messe, für gewöhnlich nehmen höchstens ein, zwei Dutzend Leute daran teil. Und heute hatten wir noch weniger erwartet, denn schließlich kamen die meisten zur Beerdigung.«
Man kommt rein, nimmt an der Messe teil, schleicht sich heimlich in die Sakristei, vergiftet den Wein und verschwindet durch die Tür. Ganz einfach, dachte Eve. » Wie viele Leute haben an der Messe teilgenommen?«, fragte sie.
» Heute Morgen? Ah… acht oder neun.« Er machte eine kurze Pause und ging in Gedanken die Gesichter seiner morgendlichen Schäfchen durch. » Ja, neun.«
» Ich werde auch die Namen dieser Leute brauchen. War jemand Unbekanntes dabei?«
» Nein. Ich kannte alle, die da waren. Wie gesagt, es war nur eine kleine Gruppe.«
» Und dazu noch Sie und Flores. Keine Ministranten?«
» Nicht morgens um sechs. Bei den Frühmessen während der Woche setzen wir normalerweise keine Ministranten ein, außer in der Fastenzeit.«
» Okay. Bitte schreiben Sie mir so genau wie möglich auf, was das Opfer– Flores– heute wann getan hat.«
López nickte knapp.
» Ich muss diesen Raum als Teil des Tatorts absperren.«
» Oh.« Er verzog unglücklich das Gesicht. » Wissen Sie schon, wie lange?«
» Nein.« Sie wusste, sie war brüsk, aber etwas an all dieser… Heiligkeit machte sie nervös. » Wenn Sie mir Ihre Schlüssel geben würden, wäre es am einfachsten. Wie viele Schlüssel gibt es sonst noch zu dem Raum?«
» Diesen und dann noch den im Pfarrhaus. Meinen Schlüssel für das Pfarrhaus brauche ich aber.« Er machte einen Schlüssel von der Kette ab und hielt sie Eve dann hin.
» Danke. Wer war Ortiz, und wie ist er gestorben?«
» Mr Ortiz?« Ein warmes Lächeln breitete sich auf seinen Zügen aus. » Wie gesagt, er war eine Stütze der Gemeinde. Er besaß ein Familienrestaurant ein paar Blocks von hier entfernt. Das Abuelo’s. Führte es, wie man mir erzählte, bis vor zehn Jahren zusammen mit seiner Frau, bevor er es einem seiner Söhne und seiner Enkeltochter übergeben hat. Er ist hundertsechzehn Jahre alt geworden und dann friedlich– und ich hoffe, schmerzlos– im Schlaf gestorben. Er war ein guter Mensch und ausnehmend beliebt. Ich glaube, er ist bereits in Gottes Hand.«
Er strich leicht mit den Fingern über das Kreuz, das er an
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