Im Namen Ihrer Majestät
Wahrheit doch sehr nahe. Sie hatte wie selbstverständlich alles bestimmt, vom ersten Moment an, als sie ihn einfach aufs Bett geworfen und ihm die Kleider vom Leib gerissen hatte.
Er war entzückt, beeindruckt und vielleicht ein wenig beschämt. Am meisten jedoch beeindruckt. Lady Carmen war vollkommen anders als alle Frauen, die er kannte. Das lag nicht nur daran, daß sie älter war als er, was er zum ersten Mal erlebt hatte, sondern vor allem an ihrer Art, sich einfach alles zu nehmen, was sie wollte, an ihrem totalen Mangel an Schüchternheit und an ihrer Gier. Sie brachte ihn dazu, sich unschuldig und unerfahren und zugleich wie ein kühner Entdeckungsreisender zu fühlen. Es kam ihm vor, als sei er in einen Pornofilm versetzt worden, aber ohne jede Peinlichkeit oder Verlegenheit. Ihre Hemmungslosigkeit erregte ihn. Sie lockte ihn ohne viel Federlesens zu Großtaten, die er sich nie zugetraut hätte. Das steigerte wiederum ihre Lust, was sie ihm sehr deutlich zu erkennen gab.
Ihr Körper war hart und geschmeidig, und er nahm an, daß sie täglich viele Stunden Gymnastik und Aerobic machte, um ihn so zu formen. Er fragte sich, woher sie überhaupt die Zeit nahm, einen Job auszufüllen. Wahrscheinlich war ihre Arbeit eher eine symbolische Tätigkeit. In der Hauptsache bestand er wohl darin, daß sie mit einem Mann verheiratet war, der ungefähr doppelt so alt war wie sie und bis vor kurzem Großbritanniens Verteidigungsminister gewesen war.
Luigi überlegte kurz mit einem spöttischen Lächeln, wie der ehemalige Verteidigungsminister sich mit diesem wilden Tier im Bett anstellte.
Überhaupt kam es Luigi rätselhaft vor, wie eine Frau in ihrem Alter, eine Frau von unklarer Herkunft, deren wichtigstes Talent ihre Erotik war, mit einem Verteidigungsminister verheiratet sein konnte. Er versuchte, sich die entsprechenden Situation zu Hause in Mailand vorzustellen. Ein geachteter Mann, der im Staat eine hohe Position bekleidete, ließ Familie und Kinder im Stich, um eine junge Frau, die einem Pornofilm entsprungen zu sein schien, zu »Lady Carmen« zu machen. Er tat den Gedanken als unmöglich ab. In den USA wäre so etwas ebenfalls undenkbar, ja, selbst in Schweden konnte er es sich kaum vorstellen. Doch die Briten waren offenbar unzurechnungsfähig, wenn es um Sex ging.
Wie er sich widerwillig eingestehen mußte, schmeichelten ihm die positiven Kritiken, mit denen sie ihn und seinen Körper überschüttet hatte, sehr. Er hatte ihr in aller Sittsamkeit gesagt, es liege wohl nur daran, daß sie mit einem alten Knacker verheiratet und folglich leicht ausgehungert sei. Aus irgendeinem Grund hatte sie dann mit lautstarker Heiterkeit angedeutet, so besonders ausgehungert sei sie nun wirklich nicht. Sie habe nur das Glück gehabt, einen jungen italienischen Hengst namens Tony Gianelli zu finden. Für den Rest des Wochenendes hatte sie ihm Urlaub gegeben.
So hatte sie sich tatsächlich ausgedrückt. Sie hatte erklärt, es werde zu Hause bei ihrem Mann einige stinklangweilige Empfänge geben.
Mit einem Ruck stand Luigi auf und zog sich an. Er beschloß, zur U-Bahn zu gehen und einen Stapel Zeitungen zu kaufen, da er endlich anfangen mußte, mehr über England zu lernen.
Mit vier oder fünf Kilogramm Zeitungen im Arm war er bei leichtem Nieselregen wieder nach Hause gejoggt, hatte sich Tee gemacht und sich dann ins Wohnzimmer im Erdgeschoß gesetzt, wo die Fenster auf die Straße zeigten. Dann hatte er sich Zeitung für Zeitung und Seite für Seite vorgenommen.
Es gab ein Thema, das den redaktionellen Teil aller Zeitungen beherrschte. Nämlich Sex-Skandale. Da gerade ein weiterer britischer Politiker bei einer Ehebruchsaffäre erwischt worden war, rekapitulierten die Blätter automatisch eine lange Reihe früherer ähnlicher Fälle in John Majors Kabinett.
Der letzte in der Reihe war ein Mann des Foreign Office namens Hartley Booth. Dieser war neben seiner Tätigkeit im Außenministerium Methodistenprediger und ein Moralapostel ersten Ranges.
Er hatte offenbar ein zweiundzwanzigjähriges Nacktmodell als heimliche Gesellschaftsdame angestellt und ihre Dienste für späte Essen und Sitzungen in Hotelzimmern angefordert, bestritt jedoch, daß sich je etwas Ungehöriges ereignet habe. Die Tatsache, daß er sich der jungen Miss Emily Barr angenommen habe, liege vor allem an seiner Güte und seinem mitfühlenden Herzen für junge Leute, die im Porno-Sumpf zu versinken drohten, wovon er bekanntlich ein entschiedener Gegner
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