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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Männer, die angeblich vom Travellers’ Club kamen, trugen das Material trotz der Anwesenheit des Hotelangestellten herein, obwohl die Mappen deutlich sichtbare Geheim-Stempel trugen, und legten alles auf das geblümte Sofa. Dann hielt einer der Männer eine Aktentasche hoch, warf einen Seitenblick auf den Hotelangestellten und hob eine Augenbraue, was diesen veranlaßte, sich sofort zurückzuziehen.
    Als er verschwunden war, stellten sich die beiden MI 6- Beamten vor und baten ihn, den Empfang der Dokumente zu quittieren. Sie erklärten, es bestehe Anweisung, die Dokumente keine Sekunde unbeaufsichtigt zu lassen, und teilten mit, daß Sir Geoffrey telefonisch Kontakt halten werde.
    Falls er das Zimmer verlassen wolle, solange die Akten da seien, werde er gebeten, die beigefügte Telefonnummer anzurufen, damit man einen Mann herschicken könne. Carl fragte verblüfft, ob es nicht unpassend sei, sich in einem normalen Hotel so auffällig zu benehmen, doch sie versicherten ihm, daß auch die Diskretion im Connaught keine Wünsche offen lasse. Der Dienst nehme das Hotel bei ausländischen Besuchern oft in Anspruch.
    Nachdem der Dienst, womit sie sich offenbar selbst gemeint hatten, gegangen war, zog Carl sich bequeme Kleidung an, und begann, seine Arbeit zu organisieren. Die größte Schwierigkeit bestand darin, einen funktionalen Arbeitsplatz zu finden. Der Schreibtisch sah aus, als wäre er nur zur Zierde da, um eine Weinkarte auszubreiten oder kleine Zettel vollzuschreiben. Carl installierte seinen Laptop auf dem kleinen Empire-Schreibtisch und verteilte die Mappen auf den Sesseln und dem Sofa. Dann hantierte er eine Weile mit einer Stehlampe, um einen Platz zum Lesen zu haben, und begann mit der Arbeit. Zuerst ersann er ein einfaches Programm, um in den rund vierzig mehr oder weniger rätselhaften Selbstmordfällen, die er jetzt bearbeiten sollte, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Er ließ sich Zeit, da die Systematik wichtig war. Sobald er die Angaben in das Programm eingearbeitet hatte, die er für relevant hielt, würde er mit verschiedenen Hypothesen und Zusammenhängen spielen können. Der Einstieg war einfaches Handwerk, das nur Zeit erforderte, so daß er manchmal die Konzentration verlor und etwas anderes tat. So rief er ein paarmal am Tag bei Tessie an. Sie wirkte ruhig. Er erklärte, er werde nicht lange wegbleiben. Er hatte ihr alles beschrieben, als ginge es um die Operation Blue Bird. Auf diese Weise hatte er sie davon überzeugen können, daß die Operation unbedingt durchgeführt werden mußte, ohne jede Rücksicht auf ihren Gemütszustand.
    Im Laufe seiner mechanischen Arbeitsgänge wuchs sein Interesse für die möglichen Zusammenhänge. Vermutlich waren mehr als die Hälfte dieser Selbstmorde echt. Es fanden sich persönliche Umstände, Zeugenaussagen und Todesarten, die diese Hypothese untermauerten. Ein Mann, der schon öfter von Selbstmord gesprochen hatte, gerade geschieden worden und dann in einer Garderobe mit der Wäscheleine des Hauses um den Hals aufgefunden worden war, konnte als echter Selbstmord gewertet werden. Entscheidend war vielleicht noch, daß der Mann zwei Finger in die Schlinge gesteckt hatte, als hätte er in letzter Sekunde überleben wollen. Außerdem war er bei seinem Tod betrunken gewesen.
    Anders sah es bei zwei Männern aus, die in der Badewanne ertrunken waren. Beide hatten eine Whiskyflasche neben sich stehen, die auf Betrunkenheit hindeutete. Die gerichtsmedizinische Untersuchung hatte jedoch ergeben, daß dies nicht der Fall sein könne. Da diese Selbstmorde überdies wie ein Blitz aus heiterem Himmel gekommen sein sollten, so hatten es die nächsten Angehörigen gesagt, gab Carl beide Fälle mit einer Klassifikation als Morde in den Laptop ein.
    Es hatte den Anschein, als verliefe die Methode dieser »Selbstmorde« in Wellen. Eine Zeitlang war der Badewannen-Trick beliebt gewesen. In einem späteren Zeitraum gab es drei Fälle hintereinander, bei denen das jeweilige Opfer angeblich in eine Garage oder ein Arbeitszimmer gegangen war, um dort eine Lampe auseinanderzunehmen. Zwei stromführende Kabel waren dann an den Eckzähnen befestigt worden. Dann hatte jemand den Strom eingeschaltet. Eine traurige Art zu sterben. Sicher tat es verdammt weh und erforderte relativ viel Zeit.
    Die drei Männer, die sich angeblich selbst gegrillt hatten, indem sie Stromkabel an den Zähnen befestigten, hatten außerdem noch etwas gemeinsam: Alle hatten die Tür von innen

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