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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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verschlossen. Carl gewann den Eindruck, daß dieses Arrangement gewählt worden war, um die Polizei dazu zu bringen, möglichst schnell ein Verbrechen auszuschließen. Ihm fiel auf Anhieb mehr als eine Methode ein, ein Zimmer so abzuschließen, daß es aussah, als wäre es von innen verschlossen worden.
    Ein gemeinsamer Nenner, zu dem Carl anhand seines geheimen Materials Zugang hatte, hatte der zivilen Kriminalpolizei bei ihrer Arbeit gefehlt: Carl konnte einsehen, woran die Toten gearbeitet hatten.
    Alle hatten an Computersimulationsprogrammen gearbeitet, bei denen es um Waffeneinsätze gegen U-Boote ging. Das mochte mehr oder weniger weit hergeholt erscheinen, doch es gab eine Gleichheit der vermeintlichen Selbstmordmethoden, die statistisch überzeugend war.
    Umgekehrt konnte Carl die geheimen Informationen auch dazu verwenden, solche Selbstmordfälle zu prüfen, die echt zu sein schienen. In keinem dieser Fälle fand er bei der beruflichen Arbeit Hinweise auf Unterwasser-Technologien.
    Als Carl mehr als zehn Fälle aussortiert hatte, die Morde gewesen zu sein schienen, kam der schwierigste Teil, nämlich der Versuch, Schlüsse zu ziehen hinsichtlich der Methoden und der Möglichkeiten, sich zu wehren. Die Antwort auf diese Fragen würde darüber entscheiden, inwieweit Luigi sein Leben aufs Spiel setzen sollte.
    Carl ging davon aus, daß die Protokolle über die gerichtschemischen Untersuchungen, die ihm vorlagen, in mindestens einer Hinsicht unzuverlässig waren, Falls man die Opfer zunächst unter Drogen gesetzt hatte, um sie wehrlos zu machen, würde sich das bei gewöhnlichen gerichtschemischen Analysen nicht zeigen. Er hatte ein Jahr zuvor oben in Murmansk von Jurij Tschiwartschew eine kleine Sammlung von Souvenirs erhalten, Ampullen mit Insulin, Curare oder Nikotin, die sich in tödlichen Dosen injizieren ließen. Das war offenbar eine alte KGB-Spezialität. Wenn man jetzt mit der Theorie arbeitete, daß die Russen Personal der britischen Streitkräfte ermordeten, lag der Gedanke immerhin nahe, gerade diesen Risikofaktor zu berücksichtigen.
    Am Ende kam Carl jedoch zu dem Ergebnis, daß er Gifte mit atemlähmender Wirkung ausschließen konnte. Die Männer, die man unter Wasser gedrückt hatte, waren tatsächlich ertrunken. Das wäre nie möglich gewesen, wenn sie zuvor eine Atemlähmung gehabt hätten. Lustigerweise waren diese Ertrunkenen auch noch allesamt Nichtraucher gewesen, was Injektionen von Nikotin und ähnlichen Giften ausschloß. Nur eine Vergiftung durch körpereigene Substanzen würde bei einer gerichtsmedizinischen Untersuchung nicht entdeckt oder als verdächtig angesehen worden.
    Und dann waren da diese Opfer, die erstickt waren, weil sie sich mit Damenunterwäsche bekleidet eine Plastiktüte über den Kopf gezogen hatten – offenbar eine bemerkenswerte britische Spezialität. Die gerichtsmedizinischen Untersuchungen hatten eindeutig ergeben, daß jeweils Erstickung den Tod verursacht hatte. Wenn jemand sich selbst erstickt, muß er noch eine Zeitlang am Leben sein. Eine Vergiftung hätte die Glaubwürdigkeit des Erstickungstodes erschüttert.
    Während Carl über dieses Problem nachgegrübelt hatte und immer wieder auf dem Perserteppich hin und her gegangen war, hatte er aus reiner Zerstreutheit die britischen Fernsehnachrichten eingeschaltet. Was er auf dem Bildschirm zu sehen bekam, sah aus wie eine Reaktion auf seine Bemühungen.
    Wieder war jemand durch eine Plastiktüte zu Tode gekommen. Mit aller Deutlichkeit wurde gezeigt, daß es sich nicht um einen beliebigen Sexverrückten handelte. Stephen Milligan habe nach Ansicht der BBC als wahrscheinlicher Kandidat für einen künftigen Premierministerposten gegolten und überdies an führender Stelle bei der Kampagne Back to Basics mitgearbeitet.
    Dieser prominente Politiker war in seinem Haus in Hammersmith im Westen Londons tot aufgefunden worden. Er hatte einen schwarzen Hüfthalter getragen, einen schwarzen BH, Nylonstrümpfe und eine Plastiktüte auf dem Kopf. Im Mund steckte eine Apfelsine. In den Fernsehnachrichten wurde schonungslos über die näheren Umstände des Hinscheidens dieses Moralwächters berichtet.
    Nichts deute auf einen Mord hin, teilte die BBC mit.
    Carl war sprachlos und schaltete den Fernseher aus. Nichts deutete auf Mord hin? Wie kann man sich dessen so schnell sicher sein? War es denn üblich, daß konservative englische Politiker sich mit Apfelsinen amüsierten, mit schwarzer Damenunterwäsche und

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