Im Namen Ihrer Majestät
Dvigate und kauften neunzig Tonnen Aluminium. Sie bezahlten bar in Dollar. Der russische Chef gab ihnen sogar eine offizielle Quittung über das Geschäft. Die gleiche Operation wiederholten sie anschließend mit einem weiteren russischen Chef, nämlich dem Leiter der Radiofabrik Punane Ret, wo sie für ein Spottgeld das restliche Kupferlager kauften, auch diesmal »legal« gegen offizielle Quittung.
Damit waren sie auf dem Markt etabliert und hatten im übrigen die Kosten der eigentlichen Operation für mehrere Jahre im voraus finanziert. Ihr nächster Schritt bestand darin, sich der sogenannten Nowosibirsk-Bande zu nähern. Die Idee war, sich einerseits bei einer der mächtigsten Gangsterorganisationen Schutz zu verschaffen und andererseits zum Vorteil beider Seiten mit ihnen Geschäfte zu machen. Sie wollten sich auf Titan spezialisieren, und wegen der sibirischen Titanlagerstätten mußten sie eine Verbindung zur Sowjetarmee etablieren.
Alles lief wie am Schnürchen. Seit kurzem hatte HSI ein eigenes und einigermaßen luxuriöses Hauptbüro in Tallinn, das sowohl von Büropersonal als auch Sicherheitswachen des früheren KGB bevölkert war. Und mit einigen zivilen Schweden, die keine Ahnung hatten, für wen sie eigentlich arbeiteten. HSI hatte sich schon bald als einer der führenden Exporteure oder Importeure von Titan etabliert, je nach Betrachtungsweise.
Eine pikante und in bürokratischer Hinsicht nicht ganz einfache Schwierigkeit war dadurch entstanden, daß die Operation Titan aus dieser Sektion des Nachrichtendienstes, der geheimen operativen Abteilung, ein höchst gewinnträchtiges Unternehmen gemacht hatte. Wie dieser Gewinn im Verteidigungshaushalt untergebracht werden sollte, war ein Problem, für das man noch keine Lösung gefunden hatte. Man witzelte darüber und sagte, bei der Spionage habe man sich schließlich nur an die neuliberale Privatisierungswelle angepaßt, die jetzt über das Land hinwegfege. Wenn man eine private Eisenbahn haben könne, könne man doch auch eine Spionagefirma haben, die Gewinn abwerfe?
Die Hauptsache war jedoch, daß das Unternehmen in Tallinn jetzt eine Flut von Informationen lieferte, die sowohl die politisch-wirtschaftliche Lage im Baltikum als auch die Hintergrundgeschäfte der Sowjetarmee betrafen. Die erfolgreichen Direktoren Heiskanen und Stålhandske hatten ein perfektes Cover erhalten. Sie konnten ihre Fühler jetzt auch nach Riga ausstrecken, um dort mit Hilfe ihrer Kontakte bei der Nowosibirsk-Bande die Möglichkeiten zur Eröffnung einer Filiale in Lettland zu untersuchen.
Anfänglich war das Ergebnis mager. Ein Metallhandel, der dem estnischen Konkurrenz machte, war nicht möglich, weil das zu einem Gangsterkrieg führen konnte. Und die Waren, die auf dem lettischen Schwarzmarkt am naheliegendsten erschienen – Drogen und Waffen –, waren aus dem Blickwinkel der schwedischen Verteidigungspolitik höchst unpassend. Bei allen nachrichtendienstlichen Operationen wurde routinemäßig überlegt, was bei einer Enthüllung zutage gefördert werden könnte, beispielsweise durch den falschen Journalisten beim falschen Blatt im falschen Augenblick. Wenn der schwedische Nachrichtendienst jetzt dabei erwischt wurde, halb legal mit Titan gehandelt zu haben, würde man damit wohl leben können. Waffen und Drogen hingegen würden einiges an Erklärungen verlangen und viele Nerven kosten.
Der Umgang mit den Kreisen der biznizzmeny Rigas, mit Gangstern, abgehalfterten Spionen und Sicherheitsleuten hatte jedoch erste Früchte gezeigt. Einige Ganoven hatten so heftig angebissen, daß es zunächst nach einer Falle aussah, einer Provokation. An einem Abend in einer Kneipe stellten sich Åke Stålhandske zwei Männer vor und sagten, sie seien GRU- Offiziere, angestellt bei den Diversionsverbänden der jetzt russischen Streitkräfte. Kurz gesagt U-Boot-Spezialisten. Die Ware, die sie verkaufen wollten, waren Erkenntnisse über die Bewegungen der Diversionsverbände auf schwedischem Territorium. Sie hätten es jedoch eilig, denn sie würden bald nach Rußland zurückgerufen oder nach Kaliningrad versetzt werden, da die russischen Basen in Lettland abgewickelt werden sollten.
Åke Stålhandske hatte sich natürlich dumm und betrunken gestellt und gesagt, er begreife nichts vom Wert dieser Ware. Er tat jedoch so, als ließe er sich widerwillig überreden, in einer Woche wiederzukommen. Er müsse zunächst untersuchen, ob es überhaupt Käufer gebe. Er behauptete, in einer
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