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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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schlimmsten ist, daß die Kerle nie aufhören«, flüsterte sie.
    So war das also. Der Herzog von Hamilton war sein eigener Dudelsackpfeifer. Er sammelte sogar Dudelsäcke. Und jetzt kam er herein, marschierte stampfend um den Tisch herum und spielte Scotland The Brave.
    Carl wurde von unwiderstehlicher Sentimentalität befallen. Es fiel ihm schwer, die Tränen zurückzuhalten. Plötzlich empfand er seinen Kilt überhaupt nicht mehr als lästig oder albern.
    Der Herzog, dem möglicherweise sehr wohl bewußt war, wie seine Frau und Ausländer über Dudelsackpfeifen dachten, spielte drei vermutlich sorgfältig ausgewählte Melodien. Nach Scotland The Brave fuhr er mit einer Melodie fort, die Carl noch nie gehört hatte – das sei das Hamilton-Lied, erklärte die schon jetzt gelangweilte Liza flüsternd –, und endete dann mit Amazing Grace, worauf er den Saal verließ.
    Nach dem Dessert – einer regionalen Variante von Apfelkuchen mit Vanillesauce – wurde Portwein entgegen dem Uhrzeigersinn herumgereicht. Jeder goß sich selbst ein. Dankreden sollten nicht gehalten werden. Carl hatte vorher sicherheitshalber gefragt. In Schweden hätte man von ihm erwartet, jetzt eine Ansprache zu halten, die allen gerecht wurde. Statt dessen erklärte der Gastgeber am anderen Ende des Tisches überraschend, die Damen seien jetzt entschuldigt.
    Alle Frauen mit Ausnahme Tessies erhoben sich sofort, doch nach einigem Zögern stand auch sie auf. Die Männer blieben sitzen, doch Carl war schon aufgesprungen, um seiner Tischdame beim Zurückziehen des Stuhls zu helfen.
    »Übertreib bloß nicht, du Weiberheld«, zischte sie scherzhaft. Dann nahm sie die Frauen in einer langen Reihe mit und verschwand mit ihnen in einem der Salons.
    Der Portwein ging noch ein paarmal um den Tisch. Die Männer zündeten sich Zigarren an, knöpften die Jacketts auf und änderten den Gesprächston ein wenig; Carl glaubte sogar, eine fast anzügliche Geschichte zu hören.
    Als das Portwein-Ritual beendet war, erhob sich der Gastgeber. Die anderen taten es ihm nach und folgten ihm in einen anderen Salon als dem, in dem die Frauen verschwunden waren.
    Auf einem Marmortisch unter großen Kronleuchtern mit brennenden Kerzen standen eine unerhörte Menge an Whiskyflaschen und eine Reihe von Gläsern. Kein Eiskübel. Die Männer rieben sich die Hände. Es war offenbar Zeit für das, was zumindest auf amerikanisch ein bißchen ernsthaftes Saufen heißen würde.
    »Mein verehrter Ehrengast«, sagte der Herzog und zeigte mit dem Arm auf Carl. »Welche Whisky-Sorte ziehst du vor?«
    Alle beobachteten Carl mit gespannter Aufmerksamkeit. Er warf einen schnellen Blick auf den Marmortisch mit der gewaltigen Menge von Whiskyflaschen, während er gleichzeitig seinen Impuls unterdrückte, um den einzigen Whisky zu bitten, den er sonst trank. Er war kein großer Whisky-Freund, aber normalerweise hätte er um einen Jack Daniels mit Eis gebeten.
    »Mein verehrter Gastgeber«, begann er zögernd und schluckte nervös. »Obwohl meine Kleidung von einem ganz bestimmten Geschmack zu zeugen scheint, muß ich gestehen, daß ich angesichts dieser imponierenden Sammlung des Besten, was Schottland zu leisten vermag, was mir außer Zweifel zu stehen scheint, in aller Bescheidenheit das Lieblingsgetränk des Gastgebers wünsche.«
    Seine Antwort löste großen Jubel aus. Der Gastgeber ging zu seinem Bruder, streckte demonstrativ die Hand aus und erhielt auf der Stelle einen Zehn-Pfund-Schein.
    »Wir haben gewettet«, erklärte er. »Du hörst dich ja an wie ein Amerikaner, und da haben wir uns gefragt, ob du den einzigen gesellschaftlichen unverzeihlichen Fehler machen würdest oder nicht, nämlich etwa einen Johnny Walker on the rocks zu wünschen. Und ich habe gewonnen. Bitte sehr, hier hast du einen richtigen Whisky, einen Highland Park.«
    Ein gewisser Tumult brach los.
    »Du kannst ihm doch nicht so einen Whisky von den Orkney-Inseln geben, Angus, nimm einen Laphroaig!« rief einer der Herren.
    »Nein, nein, einen Glenmorangie, der ist typischer«, schlug ein anderer vor.
    »Den Teufel auch! Nimm einen Macallan, der gewinnt ja sowieso alle Blindtests!« schlug ein dritter vor.
    Es hagelte weitere Vorschläge, bevor eine lautstarke Diskussion losging. Sie war so heftig, daß sie fast einem Streit gleichkam. Dabei ging es letztlich nur darum, ob Whisky von den Inseln mehr nach Seegras schmeckte als das Getränk aus der Küstenstadt Oban.
    Carl nahm sein Glas und nippte

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