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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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anmaßend jedoch, seiner Entrüstung darüber Ausdruck gab, daß Carl sich nicht gemeldet und keine Mitteilung hinterlassen habe, wie man ihn erreichen könne. Das sei beispiellos.
    Carl war überzeugt, daß er den Regierungschef in anderthalb Stunden ebenfalls beispiellos sagen hören würde, wenn sie sich trafen. Er kanzelte den jungen Berater mit der Bemerkung ab, es sei wohl am passendsten, das Anschnauzen dem Ministerpräsidenten zu überlassen. Dies nicht zuletzt im Hinblick auf bestimmte Rangunterschiede zwischen einem jungen Berater und einem Flottillenadmiral. Dann legte er ohne jede Aggression auf.
    »Was ist mit denen los? Ich habe den Eindruck, daß du einen Trupp mit Lassos auf den Fersen hast. Wollen sie dich bei Sonnenuntergang hängen?« fragte Tessie fröhlich.
    »Könnte durchaus möglich sein«, sagte Carl in einem Versuch, englisches Englisch zu sprechen. Tessie korrigierte ihn sofort und formulierte die Replik so, daß sie vom Herzog persönlich hätte stammen können.
    Carl zog seine Uniform an. Zum einen erschien ihm das passend, falls man ihn vor ein Kriegsgericht stellen wollte, zum andern, weil die Uniformjacke nicht maßgeschneidert war wie seine Anzüge und er eine Waffe im Schulterholster leichter verbergen konnte. Tessie hob erstaunt die Augenbrauen, als sie sah, wie er in Hemdsärmeln dastand und sich das Schulterholster umschnürte. Dann schob er ein Magazin in seine Beretta, sicherte die Waffe und steckte sie ein.
    »Du hast doch nicht etwa vor, den Ministerpräsidenten zu erschießen?« fragte sie und warf den Kopf in den Nacken.
    »Nein, nein, nein, ich werde nur Palästinenser erschießen. Die Sicherheitspolizei des Königreichs Schweden hat in ihrer unerforschlichen Weisheit nämlich herausgefunden, daß die Palästinenser mich erschießen wollen, weil ich die Palästinensische Ehrenlegion bekommen habe. Ich habe Anweisung erhalten, mich zu bewaffnen, und außerdem werde ich gleich von zwei Leibwächtern abgeholt«, erklärte er und sah aus dem Fenster. »Ihr Wagen ist schon da. Ein Volvo mit schußsicherem Glas und gepanzertem Blech. Das Ding wiegt fast zwei Tonnen, glaube ich.«
    »Wie es scheint, will der Ministerpräsident dich lebend haben«, erwiderte Tessie ironisch.
    »Ja, sieht so aus«, sagte er, umarmte sie und küßte sie auf die Stirn. »Ich rufe an, sobald ich die erste Hinrichtung hinter mir habe. Dann muß ich zum Stab und dann wieder nach Hause.«
    »Kaufst du auf dem Rückweg ein? Wir haben kaum etwas da.«
    »Ja, vielleicht etwas gegrillten Fisch und dann natürlich amerikanische Zeitungen.«
    Er zwängte sich schnell in sein Jackett, setzte die Uniformmütze auf, salutierte lässig, zwinkerte ihr zu und ging zu dem wartenden Wagen hinaus.
    Als er seine Leibwächter entdeckte, stöhnte er leicht auf. Trotz des bedeckten Morgens trugen beide eine Sonnenbrille. Einer von ihnen kaute Kaugummi, der andere hatte sich ein Streichholz in den Mundwinkel gesteckt. Carl seufzte leise vor sich hin.
    »Guten Morgen, Männer!« sagte er laut. »Ihr sollt mich also unter Einsatz eures Lebens zum Rosenbad eskortieren. Fahrt nur vorsichtig.«
    Er gab ihnen schnell die Hand, setzte sich auf den Rücksitz und schlug demonstrativ eine der beiden Morgenzeitungen auf, die dort lagen.
    »Was hältst du von diesen Bombardements?« fragte der Fahrer nach einer Weile. Er meinte die Nachricht, die in beiden Blättern stand: Israel hatte große Gebiete im Südlibanon bombardiert, »um die Hisbollah-Guerilleros zu isolieren«. Den westlichen Nachrichtenagenturen zufolge waren dabei siebenundsiebzig Menschen ums Leben gekommen dreihunderttausend befanden sich auf einer wilden und chaotischen Flucht.
    »Ich glaube, daß diese Nachricht ziemlich schnell vergessen sein wird. In einem Jahr würdet ihr euch nicht mal daran erinnern, daß wir heute darüber gesprochen haben. Es sind ja nur Araber«, sagte Carl in einem neutralen Tonfall.
    »Du glaubst, daß wir in der Firma Araber nicht mögen, was?« fuhr der Fahrer, der Mann mit dem Streichholz im Mund, vorsichtig fort.
    »Nein, das glaube ich nicht. Ich weiß übrigens, daß es nicht so ist. Aber das habe ich nicht gemeint«, entgegnete Carl. »Ich habe folgendes gemeint: In überschaubarer Zukunft wird die westliche Welt sich mit Todesopfern in Jugoslawien beschäftigen. In unserem Teil der Welt konzentrieren wir uns nämlich jeweils nur auf eine Art Todesopfer zur Zeit. So und so viele Tote und so und so viele auf der Flucht in Sarajewo, und

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