Im Namen Ihrer Majestät
Hernandez fast demonstrativ ruhig und gedehnt. »Ihr haltet die Stellung da unten. Ihr wißt, was ihr zu tun habt?«
»Ja, Sir! Andy versucht es mit Lebensrettungsmaßnahmen, solange noch kein Krankenwagen da ist… Jetzt kommt er, er ist da. Das Gebiet ist abgesperrt. Kommen Sie her, Sir?«
»Ja«, erwiderte Felipe Hernandez. »Ich bin in fünf Minuten da. Ende!«
Er rief erst einige Kriminalbeamte an und beorderte sie zum Tatort. Anschließend ging er zu seinem zivilen Wagen hinaus, befestigte das Blaulicht auf dem Dach und fuhr mit mäßiger Geschwindigkeit zum Tatort.
Wenn er Vermutungen anstellte, was er in aller Regel zu vermeiden suchte, würde es sich um eine Familientragödie in Verbindung mit Drogen oder Alkohol handeln. Wenn es in einem Haus in einer Nacht mehrere Tote gab, ging es meist um derlei.
Die große weiße Villa in mexikanischem Stil war von einer Mauer umgeben, doch das schwarze Gittertor stand offen. Er hielt einige Meter hinter dem Tor und ging zurück. Ein Gittertor hing schief, da ein Scharnier sich gelöst hatte. Beide Tore wiesen tiefe Dellen auf. Es war kaum zu übersehen, was hier geschehen war: Das Tor war ganz einfach mit einem Wagen aufgestoßen worden; das Auto war vermutlich irgendwo in der Nähe aufgegeben worden.
Felipe Hernandez ging nachdenklich zu seinem Wagen zurück und fuhr zum Haupteingang des Hauses. Er wußte schon, daß es sich nicht um die übliche Familientragödie handelte.
In der Halle lag eine Frau mittleren Alters. Sie schien Mexikanerin zu sein und war vermutlich die Haushälterin gewesen. Sie trug einen weißen Bademantel. Mehrere Schüsse hatten sie in der Brust getroffen. Wie Felipe Hernandez sehen konnte, war die Tatwaffe eine Art Schrotflinte gewesen. Er drehte die Frau vorsichtig um, um keine Blutflecke auf die Schuhe zu bekommen, und ging dann durch einen Servierkorridor ins Innere des Hauses. Im Korridor lag ein toter Hund.
In einem großen Wohnzimmer fand er seine beiden Polizeibeamten. Er erkundigte sich kurz nach der Lage.
»Nun, was ist passiert?« fragte er.
»Die Täter, wahrscheinlich waren es mehr als einer, sind auf unbekannte Weise eingedrungen. Dann haben sie systematisch alle erschossen, die ihnen begegneten. Es muß schnell gegangen sein. Nichts deutet auf einen Raubüberfall hin, Sir.«
Felipe Hernandez runzelte die Stirn. Es erschien ihm reichlich früh, Schlußfolgerungen zu ziehen, ob es einen Raubüberfall gegeben hatte oder nicht. Auch wenn auf den ersten Blick nichts gestohlen zu sein schien, konnte beispielsweise eine Tasche mit schwarzem Geld verschwunden sein, was auch immer.
Er nickte und zeigte mit fragendem Gesicht auf die Treppe zum Obergeschoß. Die beiden Polizisten bestätigten schweigend seine Vermutung; dort oben gab es mehr zu sehen.
Der Eigentümer des Hauses lag auf seinem großen Doppelbett. Er war nackt, und sein Schlafanzug lag einige Meter vom Bett entfernt. Er war offenbar achtlos weggeworfen worden.
Was Felipe Hernandez sah, war etwas, wovon er bisher nur gehört hatte. Der Mann auf dem Bett war erschossen worden, ebenfalls mit einer Art Schrotflinte. Man hatte diesem Mann das Geschlechtsteil abgeschnitten und dann in den Mund gepreßt. In seinem Schritt leuchtete es weiß und gelb von abgeschnittener Haut und Fett. Von Blut war fast nichts zu sehen. Folglich war er schon tot gewesen, als sie ihn verstümmelten.
Auf dem Nachttisch lag ein Revolver, weniger als eineinhalb Meter von der ausgestreckten linken Hand des Toten entfernt. Verschiedene Dinge paßten nicht zusammen. Es war nicht möglich, den Handlungsverlauf logisch zu rekonstruieren. Erst mußte das große Einfahrtstor da draußen mit großem Lärm aufgestoßen worden sein. Anschließend mußten die Täter ins Haus gekommen und an der Tür der Frau begegnet sein. Sie hatten sie getötet und hatten dann den Hund erschossen. Und während dieses ganzen Tumults sollte der Eigentümer des Hauses in aller Seelenruhe im Bett gelegen und geschlafen haben? Das war unwahrscheinlich.
Warum lag sein Schlafanzug auf dem Fußboden? Die Täter mußten dem Mann befohlen haben, ihn auszuziehen und wegzuwerfen, da sie sich offenbar schon entschlossen hatten, ihn zu verstümmeln, sobald er tot war.
Felipe Hernandez ging grübelnd weiter durch den Korridor, bis er ins nächste Schlafzimmer kam. Es war ein Kinderzimmer, in dem ein Junge gelebt hatte. An den Wänden sah er Wimpel und Schiffsmodelle, unordentlich herumliegende Schulbücher, und mitten auf dem
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