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Im Nebel eines neuen Morgens - Kriminalroman

Titel: Im Nebel eines neuen Morgens - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Wange.
    »Ich komme, wenn ich Adele gefunden habe.«
    »Viel Glück«, sagte sie. Ihre Finger strichen über seinen Arm und berührten leicht seine Hand. »Ich werde warten.«
     

12
     
     

     
     
     
     

     
    hula saß im Drugstore an der Main Street und beobachtete die Kinder, die, als Hexen und Gespenster verkleidet, unter den mahnenden Rufen ihrer Mütter die Straße entlangzogen. Der Drugstore hatte zur Hauptstraße hin Tische mit Süßigkeiten und eine ganze Theke aufgebaut, an der Limonade ausgeschenkt wurde.
    »Süßes, sonst gibt’s Saures!«, hörte sie die Kinder rufen. Halloween war schon immer ihr liebster Festtag im Jahr gewesen, und hätte nicht John LeDeux mit ihr am kleinen Tisch gesessen, wäre sie jetzt zu Hause gewesen, hätte sich als Hexe verkleidet und darauf gewartet, dass sie die Kinder erschrecken konnte, die an die Tür klopften.
    »Faszinierend, wie viele heidnische Bräuche Eingang in die amerikanische Tradition gefunden haben«, sagte John. »Halloween ist nur das beste Beispiel dafür.«
    Sie riss sich von dem tanzenden Gespenst los, das um die sechs oder sieben Jahre alt sein durfte, und richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Mann ihr gegenüber. Sein honigblondes Haar, die gebräunte Haut hätten besser zu einem Filmstar als zu einem Akademiker gepasst. Er war attraktiv, keine Frage, aber das allein war es nicht, warum sie ihn so anziehend fand. Ihre Intelligenz war sowohl ihr Schutzwall als auch ihr Gefängnis. Sie hatte sich damit ihre Einsamkeit erträglich gemacht, doch mit Ausnahme von Raymond waren andere dadurch auch immer auf Distanz gehalten worden. Sie kam auf die Fakten zu sprechen, die sie nachgeschlagen hatte, um eine gemeinsame Gesprächsgrundlage zu finden. »Halloween stammt von einem keltischen Brauch ab, nicht wahr?«
    »Es besteht wohl eine Verbindung zu Samhain, dem Fest zu Beginn der dunklen Jahreszeit, wenn die Zauberkräfte am stärksten sind.« Er nahm die Kirsche auf seinem Banana Split und bot sie ihr an.
    Chula schloss die Augen und biss in das süße Obst. John war nicht bewusst, welcher Vertrauensbeweis dies war. Plötzlich aber fröstelte sie, und sie schob ihr Eis von sich. John erhob sich, zog sein Jackett aus und legte es ihr über die Schultern; eine aufmerksame Geste, die sie sehr zu schätzen wusste. »Danke, John. Aber es sind wohl weniger die Temperaturen, sondern Ihre Worte, bei denen es mich kalt überkommt.«
    »Für die Druiden war der Winter oder die dunkle Jahreszeit Teil des natürlichen Kreislaufs. Am ersten November verkleideten sie sich mit den Fellen und Köpfen der von ihnen getöteten Tiere und tanzten um ein Feuer. Es war die Nacht, in der Menschen eine andere Gestalt annehmen konnten. Diese Tradition war möglicherweise auch der Ursprung der Werwolf-Geschichten.«
    »Das heidnische Erbe.« Chula schlüpfte in die Ärmel seines Jacketts. Dem Stoff haftete der Geruch seines würzigen Rasierwassers an.
    »Daneben weist Halloween auch einen römischen Einfluss auf.« John lächelte bescheiden. »Anscheinend muss ich immer gleich eine Vorlesung halten.«
    Sie lachte. Nur wenige Männer hatten so viel Selbstvertrauen, dass sie sich selbst auf den Arm nehmen konnten. »Mir gefällt die Unterhaltung. Sehr.«
    Ihre Blicke trafen sich. »Die Römer verehrten Pomona, die Göttin des Obstsegens. Auch ein Erntethema.«
    »Und dann gibt es noch den christlichen Einfluss, das Allerheiligenfest.« Er war sichtlich überrascht. »Ich hab mich, sehr zum Verdruss der Schwestern, nie besonders für Religion interessiert, aber das, was mich interessiert hat, hab ich behalten. Es hat mir gefallen, weil man sich als Heilige, Engel oder Teufel verkleiden kann. Es gefällt mir noch immer, wenn man sich verkleidet.«
    »Halloween ist ein Mischmasch all dieser Traditionen. Und die Kinder lieben es, nicht wahr?« Mit einem Kopfnicken wies er auf eine weitere Gruppe lachender Kinder. Zwei waren als Hexen verkleidet, eines als Clown, eines als Gespenst und eines als Elfe.
    »Nur dass ihnen dieses Jahr die Eltern folgen.« Sie deutete auf mehrere Erwachsene, die in einigem Abstand den eifrigen Kindern hinterhereilten. »Früher war es kein Problem, die Kinder allein losziehen zu lassen. Schauen Sie sich nur das Gesicht dieser Mutter an.« Die Frau, die vorbeikam, wirkte verängstigt. »Die Einwohner sind durch den Mord an Henri aufgeschreckt.«
    Damit war sie bei dem Thema, das sie von Anfang an hatte ansprechen wollen. »Ich hoffe, Sie schüren die Angst

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