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Im Nebel eines neuen Morgens - Kriminalroman

Titel: Im Nebel eines neuen Morgens - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Dummkopf, aber aus Respekt für Mrs. Bless sagt man Ihnen das nicht ins Gesicht. Schaffen Sie sich hier raus, bevor ich Sie die eine Seite der Main Street hoch und die andere wieder runter prügle.«
    Praytor starrte ihn an, dann drehte er sich um und humpelte davon. Das Blut aus der Wunde an seinem Bein tropfte auf den Boden.
    Joe nahm hinter seinem Schreibtisch Platz und strich einen Papierstapel glatt. »Wo waren Sie, Raymond?«
    »Einer Spur in Baton Rouge gefolgt.«
    »Mit Florence Delacroix?«
    »Ja, Sir.« Er wich seinem Blick nicht aus. »Was immer Sie sich denken mögen, Sheriff, glauben Sie ja nicht, dass Adele Hebert ein loup-garou ist und frei in der Stadt herumläuft.«
    Caleb Bastion rüttelte an den Gitterstäben. »Entweder sind Sie dumm wie Scheiße, oder Sie lügen. Ich sage Ihnen, Adele Hebert läuft frei in der Stadt rum. An Halloween war sie im Garten von Mrs. McLemore. Ich hab sie gesehen und die Frau von der Post auch. Die hat sich ziemlich in die Hosen gemacht und ist mit ihrem Macker nach Hause gelaufen.« Er lachte. »Die kann ganz schön schnell laufen, das können Sie mir glauben.«
    »Raymond, ich will, dass Sie Adele holen. Auf der Stelle. Ich will sie in der Zelle haben.« Joe legte die Hände auf den Schreibtisch und spreizte die Finger. »Keine Widerrede, tun Sie es. Wenn Sie frei herumläuft, besteht die Möglichkeit, dass sie sich das Baxter-Kind geschnappt hat.«
    Raymond blieb nichts anderes übrig, als zu gehorchen. Wenn er nicht wenigstens so tat, als würde er Adele holen, würde Joe jemand anderes losschicken. So aber konnte er noch etwas Zeit gewinnen, um Adele aufzuspüren.
    »Ja, Sir«, sagte er schließlich. Er ging zur Tür. Als er sie öffnen wollte, kam Chula Baker aufgelöst hereingestürzt. Sie zitterte am ganzen Leib.
    »Raymond«, rief sie und klammerte sich an seinen Arm. »Raymond, du musst zur Bastion-Farm! Der Aufseher will zwei der Männer umbringen.« Sie rang nach Atem. »Ich wollte mit ihm reden, aber er sagte nur, wenn ich nicht sofort verschwinde, würde er sie auf der Stelle ausweiden. Du musst ihn aufhalten!«
    Raymond schob sich an ihr vorbei. Im letzten Moment sah er aus den Augenwinkeln, dass sie ein kleines Mädchen bei sich hatte, über das er auf seinem Weg nach draußen fast gestolpert wäre. Er rannte auf die Straße, wo ein Scheinwerferpaar direkt auf ihn zukam.
    Er hörte noch Joe, der mit Chula redete und sie zu beruhigen versuchte. Er wusste, was vorgefallen war. Veedal musste irgendwie herausgefunden haben, dass Daniel Blackfeather mit ihm gesprochen hatte. Jetzt sollte Blackfeather dafür büßen. Blackfeather und ein weiterer, der zwar nichts gesagt hatte, aber den Männern eindringlich vor Augen führen sollte, was geschah, wenn einer von ihnen den Schweigepakt brach.
    Flammen eines Scheiterhaufens schlugen in den Novemberhimmel. Raymond steuerte direkt darauf zu, der Streifenwagen rumpelte über die Felder. Statt abzubremsen, drückte er das Gaspedal noch mehr durch. Vor ihm tat sich eine Szene wie aus der Hölle auf.
    Veedal hatte zwei Holzkreuze errichtet. Zwei Männer hingen daran, das leblose Gewicht ihrer Körper zerrte an den Stricken, mit denen sie festgebunden waren. Sie waren entweder bewusstlos oder tot. Vor den Kreuzen kauerten die übrigen Sträflinge, vor ihnen schritt Veedal Lawrence auf und ab und schlug mit dem Griff seiner Peitsche gegen seine Handfläche.
    »Lawrence! Weg von den Männern!«, brüllte Raymond durch das offene Seitenfenster. »Weg von ihnen!«
    Raymond visierte Veedal im Scheinwerferkegel an und hoffte, der Aufseher würde sich von den Sträflingen entfernen. Doch als Veedal das über das Feld holpernde Fahrzeug bemerkte, drehte er sich zu den Männern an den Kreuzen um, hob die rechte Hand und richtete den Lauf seiner Pistole auf Daniel Blackfeathers Brust.
    Raymond drückte das Gaspedal durch und packte mit aller Kraft das Lenkrad. Die Vorderreifen wühlten sich in einen Graben, gleich darauf kam die Motorhaube hoch, der Wagen machte einen Satz nach vorn, und die hölzerne Stoßstange traf Veedal am Oberschenkel. In der nächsten Sekunde wurde der Aufseher unter den Wagen gezogen, der überraschte Ausdruck auf seinem Gesicht hatte beinahe etwas Komisches.
    Bevor Raymond den Wagen unter Kontrolle bringen konnte, war er bereits dreißig Meter am Scheiterhaufen vorbei. Er stieg aus und rannte zurück und ignorierte die Schmerzen in seinem Rücken, die wie ein Stromstoß durch seinen Körper zuckten; er

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