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Im Netz der Angst

Im Netz der Angst

Titel: Im Netz der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Carr
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habe nichts damit zu tun. Ich weiß nicht mal, was da vorgefallen ist. Ich weiß nur, dass ich bei ihnen ankam, um sauber zu machen, und da waren überall Polizisten und alles war abgesperrt. Ich hab sofort umgedreht und bin abgehauen. Ich habe nichts damit zu tun, was auch immer dort passiert ist!«
    Josh beugte sich vor. »Die beiden sind tot , Lois. Das ist passiert. Jemand hat diese Menschen umgebracht. Wissen Sie etwas darüber?«
    »Oh nein! Nein, nein, nein!«, stöhnte Lois. Sie schlang die Arme um den Oberkörper und wiegte sich vor und zurück. »Oh Gott, die Armen!«
    »Arm?« Jetzt beugte sich auch Elise leicht vor. »Warum sagen Sie das? Die sahen so aus, als hätten sie ausgesorgt. Großes Haus. Dicke Autos. Ein Ferienhaus in Tahoe. Von wegen arm.«
    »Es ist nicht immer so, wie es scheint.« Lois Bradley beugte sich nun verschwörerisch zu ihnen. »Wer bei jemandem putzt, sieht mehr als die anderen.«
    »Zum Beispiel, wo die Scheckbücher aufbewahrt werden?«, mischte Josh sich ein. »Oder die Kreditkarteninformationen?«
    »Nein! Ich schwöre, damit habe ich für immer abgeschlossen. Ich will nie wieder einsitzen! Niemals!«
    Das war Joshs Stichwort. »Wären Sie bereit zu töten, um nicht wieder ins Gefängnis zu müssen, weil jemand Sie beim Klauen erwischt hat, Lois? War’s nicht so?«
    Die Frau riss die Augen auf. »Nein, war es nicht! Ich arbeite hart. Ich melde mich regelmäßig bei meinem Bewährungshelfer. Ich halte mich von Bars fern. Ich bin hundertprozentig sauber.«
    Josh lehnte sich zurück. Eine Befragung war wie ein Tanz. Man musste wissen, wann man dem anderen die Führung überließ. »Wie kommt es dann, dass Sie die Dawkins als arme Menschen bezeichnen? Was war so arm an ihnen?«
    Lois senkte den Blick auf ihre Hände. »Sie waren nicht besonders glücklich. Man würde denken, dass sie glücklich wären, in so einem Haus, mit so einem Leben, aber das waren sie nicht. Mrs Dawkin … na ja, sie trank. Da bin ich ziemlich sicher. Weißwein ist kein Männergetränk, und da waren immer jede Menge leere Chardonnayflaschen im Glasmüll.«
    »Viele Menschen trinken Wein, Lois. Das bedeutet noch lange nicht, dass sie unglücklich sind.«
    Lois wiegte den Kopf hin und her. »Es war nicht nur das. Sie wirkte … einsam. Ich weiß auch nicht.«
    »Sie können am Müll ablesen, ob jemand einsam ist? Was sind Sie, die Müllflüsterin?« Josh schüttelte den Kopf.
    »Nicht bloß der Abfall. Die Laken. Die Zeitschriften. Die Schuhe. Wo alles liegt. Das sieht man einfach.« Lois Blick schnellte zwischen Elise und Josh hin und her.
    Josh wusste, wovon Lois sprach. Er hatte verdammt viel mehr über Menschen als durch Befragungen herausbekommen, indem er sich ihren Müll angesehen hatte oder durch ihre Sachen gegangen war. Die Menschen logen. Ihr Abfall jedoch nicht. »Okay. Stacey Dawkin war also einsam. Wer ist das nicht ab und zu? Das erklärt aber immer noch nicht, warum Sie die Dawkins für arme Menschen halten.«
    »Na ja, zum einen ist da ihre Tochter. Die hat ihnen nur Sorgen beschert.« Lois nickte bedächtig.
    Das könnte interessant werden. »Sorgen, weshalb?«
    »Allem Möglichen. Ich habe leere Schnapsflaschen unter ihrem Bett gefunden. Auf der Fensterbank lagen lauter Stummel von Joints. Und außen war das Fenster immer verschmiert, weil ihr schmuddeliger Freund da die ganze Zeit rumhing. Die Kleine bedeutet Ärger. Ich sag Ihnen, wenn Sie nach jemandem im nahen Umfeld der Familie suchen, dann sollten Sie mal über das Mädchen nachdenken.«
    Aimee hatte anhand der Symptome, die Taylor aufwies, von Anfang an sexuellen Missbrauch vermutet. Zwar war das Mädchen völlig erstaunt gewesen, als Aimee das Thema angesprochen hatte. Es vergingen allerdings häufig viele Jahre, in denen sich Opfer sexuellen Missbrauchs an nichts erinnern konnten – besonders dann, wenn die Übergriffe in früher Kindheit stattgefunden hatten. Das Trauma und die Verwirrung über das Geschehene führten dazu, dass die Tat ganz ausgeblendet wurde. Dann konnte eines Tages ganz plötzlich etwas die Erinnerung wieder heraufbeschwören: ein bestimmter Geruch, ein Ort, den man besuchte, oder die Erfahrung, eigene Kinder zu bekommen, die es zu schützen galt. Jedenfalls konnten Erinnerungen wieder aufwallen und eine wahre Gefühlslawine auslösen.
    Aimee ging davon aus, dass dieser Prozess bei Taylor unmittelbar bevorgestanden hatte. Sie hatte gehofft, das Mädchen davor bewahren zu können, von dieser Lawine in den

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