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Im Netz der Angst

Im Netz der Angst

Titel: Im Netz der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Carr
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möglicherweise an etwas erinnert, das dieses ganze schreckliche Durcheinander ausgelöst hatte?
    Elise und Josh ließen Lois Bradley ziemlich lange in der Zelle warten. Sie würden ihr Alibi überprüfen – eine Frau namens Joanne Crowley, mit der Lois angeblich von halb sieben bis kurz vor zehn Uhr abends einen Abendlehrgang besucht hatte –, sobald sie mit Carl Walter gesprochen hatten.
    Die Büros von Dawkin-Walter-Consulting glichen jenen all der anderen Firmen, aus deren Tätigkeiten Josh nicht schlau wurde. Er schrieb das der überbordenden Beratermentalität in den Neunzigern zu, in deren Zuge für jede noch so klitzekleine Firma Unternehmensleitbilder zur Wertschöpfung und dem Maximierungspotenzial des Umsatzes entwickelt wurden, und die es beinahe unmöglich machten, herauszufinden, wer eigentlich womit sein Geld verdiente. Auch die Polizei bildete da keine Ausnahme. Von ihnen wurde unter anderem erwartet, »proaktives Vorgehen anzustreben« sowie »kriminelle Tendenzen vorauszukalkulieren«. Immerhin war »Polizist« noch ein klar umfasster Beruf. Vorerst.
    Während er Elise die Eingangstür zu dem Klotz aus Stahl und Glas aufhielt, warf er einen Blick auf den Parkplatz. Da verdiente jemand nicht schlecht. Er sah ein rotes Mercedes Coupé und einen silbernen Lexus RX auf den Firmenparkplätzen. Der Teppich im Gebäude war beige. Und auch die Wände waren in unterschiedlichen Beige-Schattierungen gehalten. Eine junge Frau mit langem braunem, von blonden Strähnchen durchzogenem Haar und müdem Blick schaute von ihrem Computer auf. »Kann ich Ihnen helfen?«
    Josh klappte seine Marke auf. »Wir sind mit Carl Walter verabredet.«
    Ihr entglitten die Gesichtszüge und sie begann zu weinen. »Geht es um … Orrin?« Ihr Kinn bebte.
    »Ich fürchte, ja«, antwortete Josh. Die Empfangsdame würde den guten alten Orrin bestimmt vermissen. Tatsächlich sah es sogar danach aus, als ob sie ihn ganz besonders vermissen würde. Er fragte sich, was das zu bedeuten hatte. Als er zu Elise schaute, hob sie kaum merklich die Augenbrauen. Ihr war es also auch aufgefallen.
    »Wir sind alle am Boden zerstört«, sagte die Rezeptionistin. »Am Boden zerstört!«
    »Ich nehme an, dass Sie und Mr Dawkin sich sehr nahestanden?«, sagte Elise.
    Josh überließ ihr das Ruder – das schien der richtige Zeitpunkt für einen Plausch unter Frauen. Ihn beeindruckte jedes Mal, wie mühelos Elise sich von der gefühlsbetonten Frau zur knallharten Ermittlerin wandelte, die sich unter Männern behauptete. Die Frau war ein Chamäleon.
    »Das haben wir. Er war unglaublich nett zu mir. Unglaublich nett.« Die Empfangsdame zog ein Taschentuch aus der Box unter ihrem Tisch und schnäuzte hinein. »Er hat mir geholfen, herauszufinden, was ich wirklich möchte, sodass ich die Schule abschließen konnte. Mein Dad war so wütend auf mich, als ich abgebrochen habe, dass er nicht mit mir über dieses Thema reden wollte, aber Orrin war wundervoll. Wirklich wundervoll.«
    »Wie hat er Ihnen geholfen …« Elise unterbrach sich. »Entschuldigung. Ich habe Ihren Namen gar nicht mitbekommen.«
    »Oh«, schniefte das Mädchen. »Ich bin Caroline. Caroline Trevalayne.«
    »Ich bin Elise Jacobs. Nett, Sie kennenzulernen.«
    Caroline lächelte und zog den Kopf ein. »Ist auch schön, Sie kennenzulernen.«
    »Also, wie genau hat Mr Dawkin Ihnen geholfen?« Elise verlagerte das Gewicht auf den anderen Fuß.
    »Ach, er hat mich ein paar Mal die Woche zum Kaffee eingeladen und wir haben uns einfach unterhalten. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass mir einiges klar wird. Er besaß so viel Weitblick.« Carolines Hände flatterten wie kleine Täubchen in der Luft herum, während sie sprach.
    Elise schenkte Josh erneut diesen Blick mit den leicht erhobenen Augenbrauen. Geschäftsführer, selbst bei einer kleineren Firma, verbrachten ihre Zeit normalerweise nicht damit, ihre Empfangsdame – noch dazu eine junge, langbeinige Empfangsdame – zum Kaffee einzuladen und sich ihre Hoffnungen und Träume anzuhören. Es sei denn, sie waren auf eine private Beziehung aus.
    »Er konnte Menschen so gut einschätzen. Wirklich, so gut.« Caroline begann erneut zu weinen. »Er wird mir schrecklich fehlen.«
    Elise legte Caroline eine Hand auf den Arm und sagte: »Wir bedauern Ihren Verlust, Caroline.«
    Caroline schniefte erneut und richtete sich wieder auf. »Vielen Dank«, sagte sie, als sei sie selbst Dawkins trauernde Witwe. Josh musste daran denken, dass Lois Bradley ihnen

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