Im Netz der Angst
Sommersprossen. »Es geht also um Orrin Dawkin? Das hätte mir gleich klar sein sollen, als Sie angerufen haben. Ich konnte das gar nicht fassen, als ich es im Fernsehen gesehen habe! Unvorstellbar – wer sollte denn ihm und auch noch seiner Frau so etwas antun? Halten Sie die Tochter für schuldig?« Cohen beugte sich nach vorn.
Elise verzog keine Miene, Josh sah jedoch, wie ein Muskel an ihrer Wange zuckte. »Die Weinflasche, Mr Cohen? Warum hatten Orrin Dawkin und seine Familie eine Flasche dieses Weines, der extra für Ihre Firma abgefüllt wurde?«
Cohens Blick senkte sich auf die Flasche vor ihm auf dem Tisch. »Oh, ja. Orrins Firma hat den Internetauftritt vorbereitet. Ohne Carls Programmierungskünste hätten wir das nie und nimmer gestemmt. Ich habe Carl und Orrin ein paar Flaschen ins Büro geschickt.«
»Geschickt? Meinen Sie per Post?«, fragte Elise.
Cohen schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe sie Carl Walter und seinem Sohn Sean mitgegeben. Die beiden waren auf der Einführungsparty. Orrin konnte nicht kommen, also habe ich den Walters einige Flaschen für ihn und die Belegschaft mitgegeben.« Er bekam einen roten Kopf. »Ich hatte ein bisschen zu viel getrunken. Vermutlich habe ich sie sogar mit ein oder zwei Kisten fortgeschickt. Da hatte ich wohl die Spendierhosen an.«
»Also hatten Sie geschäftlich mit Dawkin-Walter-Consulting zu tun?«, fragte Elise.
»Sogar ziemlich viel«, erwiderte Cohen. »Wie schon gesagt, sie haben so ziemlich die gesamte Programmierung hinter unserem Online-Auftritt erledigt. Nun, zusammen mit ihren Subunternehmern. Obwohl das ein wunder Punkt zu sein schien.«
»Ein wunder Punkt bei wem?« Josh lehnte sich vor und Cohen wich zurück. Mochte der Kerl vielleicht Präsident und Geschäftsführer sein, ein Alphamännchen war er jedenfalls nicht. Carl Walter brachte ihn vermutlich mit einem einzigen Blick dazu, sich in die Hose zu machen.
Cohen runzelte die Stirn. »Ach, nicht so wichtig, schätze ich. Nur war das etwas komisch bei der Party. Orrin hatte mir für die letzten Programmierungsarbeiten eine Rechnung geschickt und auf der waren zwei Subunternehmer aufgelistet. Keine große Sache. Jeder macht das so. Ich meine, die Softwareentwicklung habe ich ja schließlich selbst auch ausgelagert, indem ich sie an ihre Firma abgegeben habe, nicht wahr? Nur hatte Carl mir da eigentlich was ganz anderes erzählt: Er wollte ein Auge auf jeden Arbeitsschritt in der Firma haben und höchstpersönlich für die Qualität verantwortlich sein. Da kam ich mir schon ein wenig über den Tisch gezogen vor, als ich herausfand, dass sie selbst Arbeit aus der Hand gaben. Ich meine, wie, bitteschön, kann er für Qualität bürgen, wenn das alles in Indien oder sonst wo erledigt wird?«
»Guter Punkt. Also, was genau hat Walter an dieser Zulieferer-Geschichte auf die Palme gebracht?«
»Es war eigenartig«, sagte Cohen. »Ich habe Carl während der Party ein wenig damit aufgezogen, aber er schien überhaupt nicht darüber lachen zu können. Ich hatte fast den Eindruck, er höre zum ersten Mal davon, dass seine Firma Subunternehmer beschäftigt. Er wollte die genauen Namen wissen, auf welcher Rechnung sie gestanden hätten und lauter solche Sachen, die er leicht hätte selbst nachschauen können. Also habe ich eine entsprechend flapsige Bemerkung fallen gelassen. Wie schon gesagt, ich hatte ein wenig zu viel getrunken und meine Zunge saß wohl ein wenig zu locker. Jedenfalls war Carl ziemlich beleidigt, und sein Junge genauso. Obwohl das bei dem Kleinen schwer zu sagen ist. Der ist mir irgendwie unheimlich.« Cohen erschauderte ein wenig.
»Sie meinen Sean Walter?«, fragte Elise und neigte den Kopf zur Seite. Sie hakte häufiger genau an dem Punkt nach, der die Wende in einem Fall brachte, den ein anderer Ermittler jedoch übersehen hätte.
»Ja. Sean ist irgendwie … nervös. Es ist merkwürdig. Carl ist immer so ruhig und selbstsicher und … charismatisch. Jeder fühlt sich von ihm angezogen. Sie sollten das mal sehen, wenn er hier durch die Gänge läuft. Die Hälfte der Frauen hält dann inne und starrt ihm nach – und ich rede nicht nur von den jüngeren Mitarbeiterinnen. Der Junge sieht zwar genauso aus wie Carl. Dieselbe Statur, groß und breitschultrig. Dasselbe dunkelblonde Haar, genauso geschnitten. Sogar der gleiche Kleidungsstil. Aber von der Persönlichkeit her? – Da sind die beiden wie Tag und Nacht. Während der Party saß Sean wie ein Häufchen Elend in einer
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