Im Netz der Angst
hochschwappen lassen, obwohl er davon ausgegangen war, sie inzwischen unter Kontrolle zu haben. Ansonsten wäre er gar nicht erst wieder hergekommen. Gott, wie sehr er einen Drink gebrauchen könnte! Er wollte einfach nur vergessen. Den Schmerz. Die Wut. Und vor allem die Scham. Am liebsten würde er sich irgendwo verkriechen und nie wieder hervorkommen.
Während er zu Dawkin-Walter-Consulting zurückfuhr, dachte er darüber nach, was die Therapeutin wohl gerade tat. Fragte sie Taylor aus? Würde Taylor jemals antworten?
Und wenn ja, was würde sie dann wohl sagen?
In dem Geschäft wummerte laute Musik. Josh hatte das Gefühl, als ob sein Brustkorb im Takt des Basses vibrieren würde.
Elise schüttelte den Kopf und sah ihn an. »Ich kann nicht glauben, dass du wusstest, wo dieser Laden ist.«
Er zuckte mit den Achseln. »Ich hab meiner Nichte hier letztes Jahr zu Weihnachten ein Geschenk gekauft.« Josh ging zum Verkaufstresen, lehnte sich zu dem Mädchen an der Kasse hinüber und rief: »Ich müsste den Filialleiter sprechen!«
Sie drehte sich zu ihm um. Ihr Haar war hinten abrasiert und fiel ihr vorn lang in die Stirn. Einige Strähnen waren mit grell-pinken Strähnchen versetzt, als Zugabe gab es noch ein paar grüne, die sich davon abhoben. Sie trug ein schwarzes Mieder und darüber einen Netzkapuzenpulli, aus dessen überlangen Ärmeln gerade noch ihre Daumen hervorlugten. Ihre Jeans war derartig eng, dass Josh sich fragte, wie überhaupt noch Blut in den Beinen zirkulieren konnte. Das Gesicht war ungesund blass, die Augen mit schwarzem Kajal umrahmt. Auf den Lidern leuchtete dasselbe Pink wie in ihrem Haar. »Ich bin die Filialleiterin«, brüllte sie zurück.
Er zückte seine Marke. »Drehen Sie die Musik leiser, damit wir uns unterhalten können! Bitte.«
»Ist so vorgeschrieben«, schrie sie und starrte wütend unter den Ponyfransen hervor. »Sie schreiben uns vor, was wir spielen müssen und wie laut. Ich könnte Ärger bekommen, wenn ich leiser stelle.«
»Sie könnten noch viel mehr Ärger bekommen, wenn sie das nicht tun! Abdrehen, und zwar sofort!« Josh beugte sich noch näher zu ihr und starrte wütend zurück.
Das Mädchen seufzte schwer und schlurfte gemächlig ins Hinterzimmer. Eine Sekunde später war die Musik aus, Joshs Brustbein bebte jedoch immer noch, zumindest kam ihm das so vor.
Das Mädchen kam wieder zurück und stellte sich wieder hinter den Tresen. »Was wollen Sie?«
»Arbeitet hier ein Junge namens Flick?«, fragte Josh.
»Ja. Wieso? Was hat er angestellt?« Sie fläzte sich auf den Hocker neben der Kasse.
»Wir sind auf der Suche nach ihm«, erklärte Elise, ohne jedoch auf die letzte Frage des Mädchens einzugehen.
Die Verkäuferin inspizierte ihre Fingernägel. »Tja, nun, jetzt gerade ist er nicht hier.«
»Das sehe ich«, sagte Elise, immer noch freundlich – wie lange wohl noch, frage sich Josh. »Wir hätten gern seinen richtigen Namen, die Adresse und seine Telefonnummer.«
»Ich soll diese Informationen eigentlich nicht herausgeben. Das ist … Sie wissen schon, privat und so«, murmelte sie immer noch mit gesenktem Blick.
»Schon gut«, sagte Josh. »Wir sind, Sie wissen schon, die Guten und so. Sie können uns vertrauen.«
Sie verdrehte die Augen. »Das sagen Sie.«
»Das sagt meine Marke«, erwiderte er und lockerte seine Haltung. »Weshalb dachten Sie, dass Flick was angestellt hat? Hatte er schon mal Probleme mit der Polizei?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Ich weiß nichts Genaues.«
»Warum haben Sie dann gefragt, was er angestellt hat?« Jetzt beugte sich auch Elise über den Tresen. »Hat er hier Ärger gemacht?«
Das Mädchen zögerte kurz. »Es scheint nur öfter mal was zu fehlen, nachdem er gearbeitet hat. Nichts Großes. Ein paar Nieten, Ohrringe. Halt so Kleinkram.«
»Und Sie glauben, er hat das geklaut?«, fragte Josh.
»Oder zumindest ein Auge zugedrückt, als irgendwer sonst lange Finger gemacht hat«, sagte das Mädchen. »Ich weiß nicht.«
»Und wer muss für solche Dinge geradestehen? Wer bekommt dann den Ärger, wenn hier zu viel geklaut wird?«, fragte Elise.
»Die Filialleitung«, brummte das Mädchen.
»Und das wären dann Sie.« Elise seufzte und blickte zu Josh hinüber. »Ist doch immer dasselbe, nicht wahr? Die Verantwortungsbewussten müssen die Fehler der Verantwortungslosen ausbaden. Ich hasse das.«
»Für den Blödmann werde ich bestimmt nichts ausbaden«, schnaubte das Mädchen zornig.
»Das werden Sie aber,
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