Im Netz der Angst
Blatt umgedreht, das Taylor mit der bemalten Seite nach unten auf den Tisch gelegt hatte, um nachzuschauen, welches Geheimnis sich darauf verbarg. Das ging jedoch nicht. Damit würde sie riskieren, dass das Mädchen ganz mit dem Zeichnen aufhörte.
Taylor hatte bereits ein zweites Blatt bemalt und riss auch dieses vom Block ab, dann fegte sie es zu Boden. Es landete dort mit der Vorderseite nach oben.
Sie hatte dieselbe Symbolreihe gezeichnet wie schon auf den Wohnzimmerwänden.
15
Nachdem Josh sich Elise erneut angeschlossen hatte, fuhren sie zuerst zu der Firma, von der die speziell angefertigte Weinflasche stammte, mit der Taylor sich aufgeritzt hatte. Sie hatten sich bereits im Vorfeld telefonisch bei Garrett Cohen, dem Präsidenten und Geschäftsführer von Sac City Data , angekündigt, ihm jedoch nicht verraten, weshalb sie ihn sprechen wollten. Es war mitunter ebenso aufschlussreich, herauszufinden, was die Menschen vermuteten, warum sie von der Polizei befragt wurden, wie die Antworten, die sie gaben. Häufig erfuhr Josh das Wichtigste, indem er sein Gegenüber einfach reden ließ.
Sac City Data war in einem quadratischen zweistöckigen Bürokomplex in Roseville ansässig. Sie machten sich auf den Weg in den ersten Stock des Ostflügels. Die Büros waren ganz nett, aber nicht übermäßig schick. Der junge Mann am Empfangstresen hatte in Spitzen abstehendes schwarzes Haar, trug ein auffälliges Trendshirt und ein Bluetooth-Headset. Der Kerl tat Josh beinahe leid, als Hipster hatte er es in Roseville sicher nicht leicht. »Kann ich etwas für Sie tun?«, fragte er, als sie auf ihn zuschlenderten.
Josh zeigte seine Marke. »Wir sind hier, um Garrett Cohen zu treffen. Er erwartet uns.«
Der Szeneschnösel machte große Augen. »Ich rufe ihn gleich an.«
Kurz darauf trat ein korpulentes Käsegesicht mit rötlichem Haar und Sommersprossen aus einem der Hinterzimmer. »Detective Wolf? Detective Jacobs?«, fragte er zögerlich und streckte die Hand aus.
Cohen war jünger, als Josh erwartet hatte, allerdings ging ihm das heutzutage meistens so. Es war ihm vollkommen schleierhaft, wie jemand, der kaum alt genug war, um in eine Bar gelassen zu werden, eine Firma mit dreißig Angestellten leiten konnte.
Cohen führte sie durch das Labyrinth aus Bürokabinen zu seinem Eckbüro. Eigentlich unterschied sich Sac City Data nicht groß von der Polizeidienststelle. Die Bürokabinen waren etwas größer. Die Auslegware ein wenig luxuriöser und deutlich weniger abgenutzt. Die Trennwände reichten höher und wirkten stabiler. Im Grunde jedoch gab es keinen großen Unterschied.
Cohens massige Gestalt richtete es sich hinter seinem Schreibtisch ein. Die Jalousien waren heruntergelassen – wohl, um die Sonne abzuhalten und den Blick auf den Parkplatz zu vermeiden. Er trank einen Schluck des Rockstar-Energydrinks, der auf seinem Tisch stand.
»Danke, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben«, sagte Josh und setzte sich Cohen gegenüber.
»Überhaupt kein Problem. Darf es vielleicht ein Kaffee sein? Oder lieber etwas Kaltes?« Irgendein angeborener Reflex löste in Menschen den Wunsch aus, eine Stippvisite der Polizei wie einen privaten Besuch behandeln zu wollen. Cohen leckte sich die Lippen, als sei er durstig, vielleicht war er auch nervös. Keine ungewöhnliche Reaktion, wenn die Polizei vor der Tür stand. Selbst diejenigen, die sich überhaupt nichts vorzuwerfen hatten, wurden nervös, wenn ein Detective zum Gespräch bat.
»Nein, danke.« Elise setzte sich neben Josh und kam gleich zur Sache. »Hat Ihre Firma kürzlich Weinflaschen mit eigenem Etikett geordert, Mr Cohen?«
Cohen wirkte überrascht. »Ja, das haben wir. Vor einem Monat haben wir zur Einführungsfeier unseres Online-Auftritts einen Merlot in eigens für uns designte Flaschen abfüllen lassen. Wir haben unser Baby in die virtuelle Welt entlassen und wollten jedem danken, der daran mitgearbeitet hat, ebenso wie unseren ersten Kunden.«
Elise ließ eine der Flaschen, die sie im Weinregal der Dawkins gefunden hatten, auf Cohens Schreibtisch plumpsen. »Ist das hier besagter Wein?«
Cohen nahm die Flasche zur Hand. »Ja, das ist er. Stimmt etwas nicht mit dem Wein?« Er schnipste mit den Fingern. »Oh mein Gott! Ist das etwa einer dieser gepanschten Weine, von denen ich gelesen habe?«
Josh ignorierte die Frage. »Aus welchem Grund würde ein Mann namens Orrin Dawkin eine Flasche von diesem Wein besitzen?«
Cohen wurde blass bis unter die
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