Im Netz der Angst
Seans gut aussehendes Gesicht. Aus Taylors Bekanntenkreis nach dem Umzug nach Sacramento war er derjenige, der ihr altersmäßig am nächsten war. »Sean, erinnerst du dich an irgendetwas Bedeutungsvolles aus dem Sommer, in dem Taylor und ihre Familie hierhergezogen sind? Irgendwas, weswegen sie traurig war? Oder ist vielleicht irgendwas Seltsames vorgefallen, das du nicht richtig verstanden hast?«
Sean wich einen Schritt zurück. »Was meinen Sie?«
Aimee seufzte. »Das weiß ich auch nicht so genau. Ich klammere mich an einen Strohhalm. Ich denke, dass Taylor in dem Sommer damals irgendetwas zugestoßen ist, was mit all dem hier zu tun hat.«
Er schüttelte den Kopf. »Da fällt mir nichts ein, aber meine Mom und ich sind ja auch kurz darauf weggezogen. Taylor und ich haben nur wenige Monate gleichzeitig hier gelebt.«
Dann schloss er ihre Autotür und ging zu seinem Wagen.
Da war sie! Gott, wie sehr er ihren ausladenden Gang liebte und die Art, wie ihr Haar im Wind wehte! Jeden Abend lag er im Bett und träumte davon, wie sie aussehen würde, wenn sie auf ihn zugelaufen käme. Wie sie ihn auf diese Weise anlächelte, bei der sich ihre Mundwinkel ein ganz klein wenig nach unten verzogen – als würde sie versuchen, das Lächeln zu unterdrücken. Kyle bekam einen trockenen Mund und atmete schwer. So ging es ihm eigentlich immer, wenn er sie beobachtete. Warum war sie schon wieder draußen? Sie war doch gerade erst ins Gebäude gegangen. Er hatte gehofft, einen Blick in ihren Wagen werfen zu können.
Vor lauter Ärger biss sich Kyle unter seinem Busch in die Fingerknöchel seiner geballten Faust. Warum zum Teufel fuhr sie den weiten Weg hierher, nur um gleich wieder rauszukommen?
Und der Schönling war auch schon wieder da. Das blöde Arschloch sah aus wie ein Model. Kyle hatte diesen Typen auf Anhieb gehasst. Manche Menschen bekamen einfach alles auf dem Silbertablett serviert. Er war eindeutig zu jung, um sich den Saab selbst verdient zu haben. Es war nicht gerecht, dass Kyle einen beschissenen alten Ford fahren musste. Das war einfach nicht fair! Wenn Kyle den Jungen jemals allein erwischte, würde er ihm einen ordentlichen Dämpfer verpassen. Die Vorstellung, was er dem Waschlappen alles antun würde, erregte ihn noch mehr. In der psychiatrischen Klinik hatte er viel darüber gelernt, wie man einen Menschen leiden lässt – obwohl seine älteren Stiefbrüder ihm da doch schon eine Menge mehr beigebracht hatten. Oh ja, er würde seinen Spaß mit dem reichen Schnösel haben.
Jetzt überreichte er Aimee irgendetwas. Kyle spähte durch sein Fernglas. Eine CD? Das machte doch seit der Schulzeit keiner mehr. Vor allem nicht bei einer Frau wie Aimee. Sie war unglaublich. Einzigartig. Höchstens eine selbst aufgenommene Kassette wäre noch peinlicher. Für wen hielt sich dieses Arschloch?!
Kyle ließ das Fernglas sinken und kaute auf seinem Daumen herum. Die Innenseite war bereits ganz wund und weich gekaut. Es half ihm jedoch beim Nachdenken, also knabberte er weiter. Er sollte in Erfahrung bringen, wer dieser Schwachmat war. Dann könnte er Aimee klarmachen, dass sie einen Kerl wie den nicht um sich haben sollte. Kyle würde schon dafür sorgen, dass Aimee den Jungen durchschaute. Über ihn konnte Kyle Aimee eine Nachricht zukommen lassen.
Er schlängelte sich unter dem Gebüsch hervor und machte sich auf den Weg den Abhang hinunter zu seinem Wagen. Er würde dem Kerl folgen. Herausfinden, wer er war, und dafür sorgen, dass Aimee erkannte, was für eine Nullnummer er war.
Das würde Kyles Geschenk an sie sein. Etwas ganz Spezielles und Einzigartiges. Vielleicht würde es sie zuerst ängstigen, doch am Ende würde sie erkennen, dass er all das nur zu ihrem Besten getan hatte.
»Ich habe nichts damit zu tun, dass Taylors Eltern abgemurkst wurden«, beteuerte Brent.
»Was genau habt ihr zwei denn in jener Nacht angestellt?«, fragte Josh und kippelte mit dem Stuhl nach hinten.
»Gar nichts.« Brent hielt den Blick gesenkt und starrte auf seine Hände.
»Ach, komm schon, Brent! Wir wissen, dass sie abends aus dem Fenster ihrer Freundin geklettert ist, um dich zu treffen. Was genau habt ihr gemacht?« Josh bemühte sich um einen lockeren Tonfall.
»Das habe ich Ihnen doch schon gesagt! Wir haben gar nichts gemacht.« Brent blickte immer noch nicht auf.
»Es fällt mir schwer, das zu glauben.« Elise lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf miteinander. »Wie aus
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