Im Netz der Angst
Walter.«
Carl lief zur Garage. Heutzutage wollten die meisten Menschen keine frei stehende Garage mehr. Sie wollten aus Bequemlichkeit niemals einen Fuß vor die Tür setzen müssen, sondern von einem wohltemperierten Raum in den angrenzenden gehen können. Carl hingegen hatte die Trennung von Haus und Garage schon immer zugesagt. Er mochte es, dass die Garage vom Rest des Hauses abgeschottet war. Das war sein eigenes Reich.
Sarah zog ihn deswegen auf. Sie sagte, das wäre keine Garage, sondern ein Schrein für seinen Wagen. In gewisser Hinsicht hatte sie damit recht. Er liebte den Cougar. Ihm gefiel, dass der Wagen seinen eigenen hochheiligen Ort hatte. Dennoch war es kein Schrein. Vielmehr ein Platz, an dem er unter dem Vorwand, das Öl wechseln oder den Stand des Spritzwassers überprüfen zu müssen, in Ruhe nachdenken konnte. Sarah war zufrieden damit, dass er sich um all das kümmerte, und er war froh, das zu übernehmen. Er kümmerte sich einfach gern um sie und Thomas. Basta.
Als er die Seitentür öffnete und Sean erblickte, hätte er vor Schreck beinahe einen Satz zurück gemacht. Die Garage war nicht gerade einer von Seans bevorzugten Orten. Selbstverständlich gefiel ihm der Saab, den Carl ihm als Geschenk zum Schulabschluss gekauft hatte, aber er war nie so ein Autonarr wie sein Vater gewesen. Für was Sean sich wirklich interessiert hatte, nachdem er mit seiner Mutter fortgegangen war, war Carl ein Rätsel. Er war auch nicht sicher, ob er das überhaupt wissen wollte.
»Hey, Junge, was tust du denn hier draußen?«, fragte Carl.
Sean schien ebenso überrascht zu sein, seinen Vater zu treffen. Er trug Handschuhe und stellte die Schaufel, die er in den Händen hielt, gerade wieder zurück an ihren festen Platz an der Wand. »Mein Werkzeug wieder wegräumen, nachdem ich es gebraucht habe, so wie du es mir beigebracht hast«, sagte er mit angespanntem Lächeln.
»Wozu hast du denn die Schaufel gebraucht?« Carl kam ein wenig näher. Zwar hatte Sean die Schaufel gesäubert, doch nicht gründlich genug. Ein wenig Erde und Gras klebten noch an der Klinge.
»Erinnerst du dich, dass Sarah mal gesagt hat, sie hätte gern eine Königinblume an der Westseite des Hauses?«, sagte Sean und streifte die Latexhandschuhe ab.
Carl lächelte. »Sarah weiß, was eine Königinblume ist?« Gartenarbeit zählte nicht zu den Stärken seiner Verlobten. Das war in Ordnung. Sie besaß eben andere Vorzüge.
Sean erwiderte sein Lächeln. »Sie sagte, sie hätte gern einen dieser hübschen Bäume mit den purpurroten Blüten, und ich wusste, welchen sie meint. Dann habe ich im Radio gehört, jetzt sei eine gute Zeit, sie zu pflanzen, also bin ich bei der Gärtnerei vorbeigefahren, habe einen ausgesucht und ihn an der Westseite des Hauses gepflanzt. Als eine Art vorzeitiges Muttertagsgeschenk.«
Carl nahm ein paar Latexhandschuhe aus seinem kleinen Vorrat, den er immer bei sich trug, zog sie über, nahm sich eines der groben blauen Tücher von der Rolle und wischte den Schmutz von der Schaufel. »Und da bist du im Dunkeln nach draußen gegangen, um das zu erledigen?«
»Um ein Loch zu graben, braucht man nicht viel Licht. Außerdem hatte ich ja eine Taschenlampe dabei.« Sean zuckte mit den Schultern und ging in Richtung Tür.
»Sean«, rief ihn Carl zurück, ehe er hinausgehen konnte.
Sean drehte sich langsam um. »Ja, Dad?«
»Es bedeutet mir wirklich viel, dass du Sarah und Thomas akzeptierst. Nicht jedes Kind würde eine neue Familie so freundlich aufnehmen. Ich habe gesehen, wie viel Zeit du mit Thomas verbringst und wie sehr du dich bemühst, sein Vertrauen zu gewinnen.« Carl stockte die Stimme. Das war gut. Sean sollte die Emotion aus seinen Worten heraushören. »Ich wollte jedenfalls, dass du weißt, wie viel mir das bedeutet und wie glücklich es mich macht.«
Sean legte den Kopf auf die Seite. »Gern geschehen, Dad. Thomas ist ein großartiger Junge und Sarah wirklich ein Schatz. Und die beiden sind auch unglaublich nett zu mir. Nicht jede zukünftige Ehefrau würde ihren erwachsenen Stiefsohn für unbestimmte Zeit bei sich im Haus dulden.
»Sie ist wirklich ein Schatz, nicht wahr?« Carl gefiel es, wenn andere große Stücke auf Sarah hielten. Er war stolz auf seine Verlobte. Sie war genau das, was er viele Jahre lang gesucht hatte. »Und Thomas – was für ein Junge, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Sean. »Er ist ein klasse Junge. Ich liebe jeden Zentimeter an ihm.«
Carl lächelte und erinnerte sich
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