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Im Netz der Meister 2

Im Netz der Meister 2

Titel: Im Netz der Meister 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Berling
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als schliefe sie schon. Sie weinte lautlos, als sie ihn nach wenigen Minuten ruhig und regelmäßig atmen hörte. Wie konnte er das tun? Wie konnte er jetzt einfach so schlafen?

    Simone war schon eine halbe Stunde früher als sonst in ihrem Buchladen. Sie loggte sich in Geralds Account im »Harte-Liebe-Forum” ein. Tatsächlich, Elfchen hatte ihm schon geschrieben. Simones Herz klopfte heftig, als sie die Nachricht las, dabei tat sie gar nichts Verbotenes.
    » Lieber lieber Monsieur Rule ...« Sie siezte ihn tatsächlich, Simone musste lachen. » ... wie wunderbar es war, Sie sehen, hören riechen fühlen zu können und Sie sehen hören riechen fühlen zu machen. Es war eine besondere Begegnung. Nicht nur eine Illusion, nein. Diesen Moment werde ich nie vergessen, als wir uns ganz nah waren, zum allerersten Mal, dort an der Bar im Stollwerck inmitten der vielen Fremden, und doch waren wir allein auf der Welt. Ganz nah. Uns nah. Sie und ich. Gesicht an Gesicht und Hand an Hand und Bein an Bein und Körper an Körper. Ich bebte, als Sie mir so nah kamen, Sie spürten es sofort. Ich spürte, dass Sie es spürten. Wir mussten uns setzen, als wir uns so ansahen, in den Augen versinkend, um Worte ringend. Alles wurde langsam um uns, in uns und um uns herum. Wurde ewig ...«
    Elfchen Anna trug ganz schön dick auf. Auf so was stand Gerald nicht, im Gegenteil, er konnte Pathos nicht ausstehen. Irgendwie erinnerte dieses Gesülze Simone an Karin Köhr. Wenn sie nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, dass Anna eine andere war, als ihre frühere Mitarbeiterin, die ihr damals mit fast dreißig Nicks immer wieder im Netz begegnet war, hätte sie annehmen können, Karin wäre von ihrem aktuellen Ehemann schon wieder getrennt und erneut auf der Jagd.
    »... wie wunderbar es war, als Ihre Fingerspitzen zart begannen, spazieren zu gehen, auf meinen Strümpfen, bis hinauf zu ...
    Simone löschte die Mail. Einen Moment überlegte sie, ob sie Anna in Geralds Namen antworten sollte, aber dann war der Impuls, die Nachricht zu vernichten, sie sofort ungeschehen zu machen, stärker.

    Simone ging im Internet wieder intensiv auf die Jagd. Es war das Beste, sich auch jemanden zu suchen. Einen Gastherrn, einen Neben-Dom, so, wie sie es besprochen hatte. Falls Gerald und Anna ein Paar auf Zeit werden sollten, hätte sie auch jemanden und wäre nicht drittes Rad am Wagen. Aber nicht nur Eitelkeit und Eifersucht trieben sie an, sondern auch die Sehnsucht nach Unterwerfung, männlicher Stärke und erotischer Macht.
    Die echten Doms waren selten, und die Suche nach ihnen war anders geworden: Noch vor wenigen Jahren, als Simone diese neue Welt für sich entdeckt hatte, gab es bei Love.Letters höchstens hundert männliche User, die sich Doms nannten. Simone hatte damals schnell gelernt, sie zu erkennen, die echten dominanten Männer. Fünf von ihnen hatte sie getroffen: Ihre Erlebnisse mit Boris, Karel, Theo, Marc und Arno hatten sie geprägt, auch wenn manches Date alles andere als schön gewesen war. Love.Letters gab es nicht mehr, dafür hatten unzählige neue BDSM-Communities das Web überschwemmt. Allein im »Harte-Liebe-Forum« tummelten sich fast hunderttausend Fetischisten, Masochisten, Sadisten, Voyeure und Träumer. Tausende hielten sich für dominant. Unter ihnen einen erfahrenen Mann zu finden, dem sie vertrauen und sich anvertrauen konnte, war nicht leicht. Dennoch musste sie es versuchen. Sie sehnte sich nach Klarheit, nach klaren Worten und eindeutigen Gesten.
    Gewiss, mit Gerald war das auch möglich. Er war, als er sie in der schwarzen Wohnung gefangen gehalten hatte, für sie der Inbegriff von Macht gewesen. Er hatte um sie gekämpft, und er hatte sie zurückbekommen. Die ersten einvernehmlichen Sessions, danach, zu Hause, waren wunderbar gewesen. Sie hatten ihre bizarre Parallelwelt inszeniert und zelebriert. Sie hatten vieles versucht, vieles genossen, und sie hatten sich sehr geliebt. Gerald und auch ihre Spielpartner zuvor hatten Simone gezeigt, wie attraktiv sie war, wie begehrenswert, wie weiblich und wie besonders.
    »Es ist eine Gnade, wenn du so was als Frau über vierzig noch mal erlebst. Die Angst vor dem Älterwerden geht gegen null«, hatte sie Ute erst neulich geschrieben. Wie ein Wunder war es ihr vorgekommen, dass sie sich selbst noch einmal neu entdecken und erleben durfte, und dass sie eine sehr besondere Erotik liebte, von der sie als junge Frau nicht mal geahnt hatte, dass es sie gibt.
    War es nur die Erotik?

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