Im Netz der Meister 2
das tut, wonach ihm der Kopf steht.« Luka schrieb, er sei 51 Jahre alt, selbstständiger Geschäftsmann und ungebunden. Er sah ganz gut aus, war aber nicht Simones Typ: Er hatte eine Glatze und braune Augen.
»Du bist eine schöne Frau und ich möchte dich kennen lernen. Hast du Silvester schon was vor?« Simone lehnte ab. So schnell ginge das nicht mit einem Date, antwortete sie. Luka verstand das nicht: »Du bist hier, weil du jemanden kennen lernen möchtest, ich bin hier, weil ich jemanden kennen lernen möchte. Ich lade dich ein und du willst nicht. Warum?«
Sie wolle ihn erst mal ein bisschen näher kennen lernen, schrieb Simone. »Ja, das kannst du doch, geh Silvester mit mir aus!« Simone versprach, es sich zu überlegen. Dann vergaß sie Luka.
Um halb sechs sah sie wieder auf die Uhr. Frau Favier war immer noch nicht da. Die Hunde schliefen auf dem Sofa. Gegen acht Uhr abends ging Simone mit ihnen um den Block. Danach klingelte sie noch einmal bei Frau Favier. Um neun überlegte sie, die Polizei anzurufen, denn es musste etwas passiert sein.
In diesem Moment schellte es an der Wohnungstür. Die Hunde begannen zu kläffen und herumzuspringen, und Simone schrie vor Schreck auf.
Es klopfte. »Frau Sänger? Favier«, sagte jemand. Simone legte die Kette vor und lugte durch den Spalt. Ein sehr großer Mann stand draußen und lächelte. Lulu und Bubi drehten völlig durch, schlüpften durch den Türspalt und sprangen an ihm hoch. Er ging in die Hocke und streichelte sie und sagte mit Samtstimme: »Lulu, Bubi, ihr zwei, pssst, Ruhe, Ruhe!« Dann stand er wieder auf und sagte: »Meine Mutter hat mich gebeten, Ihnen Bescheid zu sagen. Sie ist gestürzt und liegt mit einem Oberschenkelhalsbruch im Krankenhaus. Ich hätte sie angerufen, aber wir hatten ihre Nummer nicht!« Simone hakte die Kette aus und bat ihn herein. Er gab ihr die Hand und stellte sich noch einmal vor: »Maurice Favier.«
Er hatte keine Ähnlichkeit mit seiner Mutter. Er war ein Mann wie Bär: Groß. Bärtig. Dunkel. Seine Unterlider hingen ein bisschen.
Er stieß fast mit dem Kopf an den Türrahmen. Sie bot ihm ein Glas Wein an, aber er lehnte ab. Sie fragte, wie der Unfall passiert war, und er erklärte es. Es gehe seiner Mutter gut, sie sei nur so besorgt wegen ihrer Lieblinge.
»Ich muss zurück ins Geschäft. Ich habe ein Restaurant in der Südstadt, vielleicht kennen Sie es: Chez Maurice ?« Simone schüttelte den Kopf. Sie ahnte, was er wollte, und sie hatte Recht: »Frau Sänger, ich kann die Hunde leider noch nicht mitnehmen, erst Mitte Januar, dann haben wir Betriebsferien. Bitte, wenn es Ihnen nichts ausmacht?«
Er lächelte sehr nett. Simone sagte zu. Sie hatte ja Zeit genug. Die Erleichterung war Maurice anzusehen.
»Meine Mutter wird Ihnen ewig dankbar sein, und ich natürlich auch«, versicherte er. Dann ging er hinauf in die Wohnung seiner Mutter und kam mit Näpfen, Bürsten, Spielzeug und Futter zurück. Er ließ Simone seine Karte da. Und er drückte ihr einen Hundert-Euro-Schein in die Hand. Ihren Protest ließ er nicht zu. »Für Futter, Spaziergänge, Tierarzt, Telefon. Keine Widerrede!«
Sie versicherte Maurice, sich zu melden, wenn was wäre, gab ihm ihre Nummer, damit Frau Favier anrufen konnte, und brachte ihn zur Tür. Als er weg war, boxte Simone sich mit der rechten Faust in die linke Handfläche. »So schnell kommt man an Schwarzarbeit!«, sagte sie fröhlich zu Lulu und Bubi, die es sich schon wieder auf dem Sofa bequem gemacht hatten.
Dann kümmerte Simone sich wieder um die Männersuche. Sie durfte ihr Ziel nicht aus den Augen verlieren, auch bei der Freude über den Geldsegen nicht. Davon würde sie sich die Haare schneiden lassen, gleich nach Neujahr.
Luka ließ nicht locker. Simone wollte nicht mit ihm Silvester feiern. Erstens, weil er nicht ihr Typ war. Er hatte braune Augen und eine Glatze. Sie wollte helle Augen. Zweitens, weil er in einem Stino-Forum chattete und wahrscheinlich von BDSM keine Ahnung hatte. Und drittens, weil sie nichts anzuziehen hatte. Und außerdem hatte sie die Hunde. Die konnte sie nicht allein lassen, am Ende würden die hysterischen Viecher während des Feuerwerks noch einen Herzinfarkt bekommen.
Luka ließ sich nicht abwimmeln. Als er Simone schrieb, dass er »der dominante Typ« sei und immer erreiche, was er sich vornehme, horchte sie auf. Sie verabredete sich am Sonntag zum Kaffee mit ihm. Aber dann vergaß sie das Date. Jenny und Julia kamen mittags zu Besuch, sie
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