Im Netz der Meister 2
Nacht?«
Simone war unsicher. »Was meinst du damit?«
»Bist du so schön heute Morgen, kaum geschlafen hast du, viel getrunken hast du, schau mich an! «
Simone lächelte glücklich. Gut tat das, so gut.
Er notierte sich ihre Telefonnummer. »Hole ich dich ab. Mach dich hübsch, wir gehen zu Jazz-Festival. Ich rufe an, wann ich komme«, sagte er, bevor er die Tür hinter sich zuzog.
Zehn Minuten später dachte sie: Mist. Er hat die Festnetznummer. Jetzt kann ich nicht aus dem Haus, bis er sich meldet. Die Handynummer kannte Luka nicht.
Schade, dass sie sich nicht an den ganzen Abend erinnern konnte. Irgendwie fehlte ihr mittendrin was. Sie wusste nicht mehr, worüber sie geredet hatten, jedenfalls nicht alles. Aber an den Sex und die Ohrfeigen erinnerte sie sich, und jedes Mal, wenn sie daran dachte, zog sich in ihr etwas wohlig aufregend zusammen.
Sie sang den ganzen Tag vor sich hin. Sie chattete mit Diana und schwärmte von der vergangenen Nacht.
»Wow! Ein Dom? Ist er ein Dom?« fragte Diana.
»Natürlich!«, antwortete Simone, ohne nachzudenken.
»Hattet ihr eine richtige Session?«
»Nein. Nur ansatzweise. Er lässt sich Zeit, lässt es langsam angehen. Sehr cool, sehr geil!«
»Du hast es gut. Ich will auch einen reichen, gut aussehenden Dom, der mich ordentlich vögelt!«, schrieb Diana und setzte eine ganze Reihe zwinkernder und schmollender Smileys darunter.
Simone war schon am Nachmittag angezogen und geschminkt. Sie nahm das Telefon mit ins Bad, wenn sie zur Toilette musste. Sie ging nicht in die Waschküche, obwohl sie Handtücher in der Münzmaschine hatte. Im Keller würde sie das Telefon nicht hören.
Maurice Favier rief an und fragte, ob sie Lust auf einen gemeinsamen Spaziergang mit den Hunden hatte.
»Ich kann nicht, ich erwarte einen wichtigen Anruf«, sagte Simone.
»Dann nimm das Handy mit!«
»Der Anruf kommt im Festnetz. Wir dürfen die Leitung nicht blockieren«, sagte sie.
Maurice lachte und legte auf. Einige Sekunden später klingelte ihr Handy. »Jetzt können wir plaudern, ohne die Leitung zu blockieren«, sagte er. Simone war froh, dass er ihr die Zeit vertrieb. Es war erst halb vier. »Was für einen Anruf erwartest du? Ist es wegen eines Jobs?«
»Äh, nein, es ist privat.«
Sie telefonierten fast eine Stunde.
Simone frischte ihr Make-up auf und putzte sich die Zähne. Wann rief er denn endlich an? Sie loggte sich ein und sah nach, wann Luka zuletzt online gewesen war. Er war jetzt online, sein Name blinkte. Ihr Herz klopfte schnell. Sie schrieb ihn an.
»Es war schön heute Nacht. Ich freue mich auf deinen Anruf.«
Sie aktualisierte die Seite im Zweisekundentakt. Er antwortete nicht. Die Zigaretten waren alle. Sie suchte im Aschenbecher nach einer Kippe, an der sich noch ein oder zwei Züge machen ließen. Sie fand eine und rauchte sie bis zum Filter herunter.
Sie sah nach, ob der Stecker vom Telefon richtig eingestöpselt war. Luka war immer noch online. Sie mailte ihm wieder, schickte ihm ihre Handynummer. »Ich muss außer Haus, wenn du jetzt anrufst, bitte auf dem Handy.«
Sie rannte zum Kiosk, kaufte drei Schachteln Zigaretten und hetzte zurück. Keine Viertelstunde war sie weg gewesen. Das Handy hatte sie die ganze Zeit in der Hand gehabt. Nichts. Sie wartete.
Sechs Uhr.
Das Telefon klingelte. Das musste er sein.
Es war Frau Favier. Sie war in der Klinik verlegt worden und hatte eine neue Durchwahl. Simone hatte es eilig, sie abzufertigen. Wenn jetzt besetzt war, würde er später wieder anrufen?
Sieben Uhr. Diese Sau! Er war immer noch online. Und er hatte noch immer nicht geantwortet. Er verarschte sie. Natürlich. Er war ein Gigolo, ein Casanova, ein Arsch. Warum antwortete er nicht?
Sie wurde wütend auf sich selbst. Sie war eine alternde, fette Arbeitslose. Hatte sie wirklich gedacht, so ein Typ würde auf sie fliegen und nach einer Nacht in ihrem Wohnklo wieder anrufen?
Sie heulte. Danach schminkte sie sich neu.
Er würde bestimmt gleich anrufen. Vielleicht war er gar nicht online. Vielleicht hatte er sich nur nicht ausgeloggt. Vielleicht waren ihre Mails nicht angekommen. Technik. Das konnte schon sein. Ja. Die Mails waren im Off verschwunden. Sie schickte sie ihm noch mal.
Um neun rief er an. Sie ließ das Telefon endlose drei Mal klingeln, bevor sie sich mit betont lässiger Stimme meldete.
»Ja, bitte?«
»Schatz, ich bin es, ist es schön, deine Stimme zu hören!«
»Ach, du bist es«, sagte Simone. Er klang wunderbar. Männlich.
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