Im Netz der Meister 2
anzuziehen, und wenn Luka sie weiterhin jeden Abend ausführte, brauchte sie dringend was Neues.
»Ach so. Und wie lange soll ich ... ich meine, wie viele Stunden könnten das werden?«
»Von sechs bis gegen zwei ungefähr.«
Simone sagte für Dienstag bis Sonntag zu. Wenn sie richtig gerechnet hatte, würde Luka am Wochenende sowieso seine Kinder bei sich haben und hätte keine Zeit für sie. Wo schliefen die Kinder eigentlich in seiner Wohnung?, überlegte sie. Waren die Sofas Schlafsofas? Es gab nur die zwei Zimmer und Simone hatte keine Übernachtungsmöglichkeiten für vier Kinder gesehen. Sie wollte Luka nachher fragen.
Er kam wieder zu spät, diesmal fast eine Stunde. Er rief an, als er vor dem Haus stand, und sie lief eilig hinunter.
Diesmal gingen sie zu einem teuren Italiener in der Kölner Innenstadt, aßen Spaghetti mit Chili und Scampi und tranken teuren Weißwein. Danach führte Luka sie in ein Brauhaus im Friesenviertel. Dort war nicht viel los, sie saßen fast allein an der Theke und plauderten. Um zwölf klingelte Simones Wecker am Handy und sie nahm die beiden Pillen.
»Was ist das?«
»Die Pille danach, weil du nicht aufgepasst hast.« Er zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts und bestellte zwei Averna. Simone überlegte einen Moment, ob sich der Schnaps mit den Tabletten vertragen würde. Sie trank ihn schließlich, wie Luka, in einem Zug aus. Er redete von etwas anderem, von seiner Arbeit, von seinem letzten Urlaub, von seiner Wohnung, die er erst vor kurzem gekauft habe. Aus den Lautsprechern erklang »Feel« von Robbie Williams. Luka sang mit: »Come and hold my hand, i wanna contact the living ...«
»Ich finde Robbie Williams zum Kotzen!« sagte Simone.
»Was? Er ist geil!«
»Nein. Er ist ein aufgeblasener Zwerg, der gut vermarktet wird. Er kann einem leidtun, weil er verheizt wird, aber selbst das verbrät sein Management gnadenlos«, sagte Simone. Eigentlich war Robbie Williams ihr egal, sie fand ihn nicht gut und nicht schlecht. Aber sie war plötzlich wütend und wusste nicht, warum. Vielleicht waren Tabletten, Kölsch und Averna doch keine glückliche Mischung.
Luka wurde ein bisschen lauter: »Hast du keine Ahnung! Robbie Williams ist geiler Typ, sehr geil.« Er lehnte sich zurück, zog eine Grimasse und zischte dann: »Und er fickt sie, die Weiber, er fickt sie alle!«
»Na dann. Wenn es das ist, was du an ihm bewunderst.«
Simone wurde kalt. Sie sah ihn mit gerunzelter Stirn an. Sie dachte: Wer bist du? Bist du der mediterrane, heißblütige Lover oder bist du ein alternder Kanake, der Robbie Williams bewundert, weil er angeblich so viele Weiber vögelt?
Luka schwieg eine Weile, dann zeigte er dem Kellner, dass er noch zwei Averna wollte. Nachdem sie sich nahezu feindselig und stumm zugeprostet hatten, ruderte er zurück: »Ich meine, kann er sie alle haben, alle Frauen, wenn er will, er ist toller Mann.«
»Ich hab das schon verstanden«, sagte Simone.
Als sie aufstand, um zur Toilette zu gehen, schwankte sie.
Luka fuhr den Wagen in die Tiefgarage. Im Fahrstuhl begannen sie zu knutschen, in der Wohnung machten sie auf dem Sofa weiter. Robbie Williams war vergessen, als er sie ins Schlafzimmer trug. Simone wartete. Auf irgendwas Ungewöhnliches, etwas Besonderes, einen Befehl, eine Inszenierung. Luka fiel über sie her. Sie drückte ihn mit aller Kraft zurück. »Du musst aufpassen, bitte!«
Er sagte nichts, kniete sich aber sofort zwischen ihre Beine, holte sich einen runter, spritzte auf ihren Bauch und ging dann zum Schrank, um ihr ein Handtuch zu holen. Er wischte sie sauber und sagte lächelnd: »So. Ist nichts passiert, Schatz.« Dann ging er ins Bad und putzte sich die Zähne. Simone war zu betrunken, um über sein Verhalten nachzudenken.
Am Morgen brachte er sie nach Hause und sagte, als sie schon halb ausgestiegen war: »Hole ich dich abends um acht ab. Ist letzter Tag vor Reise.«
»Welche Reise?«
Er grinste: »Reise nach New York. Hab ich nicht gesagt? Fliege ich Freitag für zwei Wochen.«
Simone ging langsam hinauf in ihre Wohnung. Sie warf den Schlüssel auf den Schreibtisch, zog die Pumps aus, rauchte eine und starrte ins Leere. New York. Hat er mir davon erzählt? Das kann nicht sein, daran hätte ich mich erinnert. New York. Ich glaub’s nicht. Was stimmt nicht mit diesem Kerl? Irgendwas ist komisch. Wieso sagt er ganz nebenbei, dass er zwei Wochen wegfährt? Wieso tut er so, als hätten wir vorher darüber geredet? Wieso macht er
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