Im Netz der Meister 2
nichts aus. Sie war eine Sub, und das Warten auf den Mann gehörte dazu. Ihre Zweifel und ihr Misstrauen ihm gegenüber schrieb sie ihrer momentanen Unsicherheit zu, aber sie würde abnehmen, wieder die alte Simone sein, und dann würden die schlechten Gefühle von selbst verschwinden. Es gab weder einen echten Anhaltspunkt noch ein Motiv dafür, dass Luka irgendein Spielchen mit ihr trieb.
Simone entschloss sich, ihr Profil im »Harte-Liebe-Forum« zu überarbeiten. Sie veröffentlichte ihre Heiratspläne dort und entfernte die Kontaktwünsche, die sie bisher angekreuzt hatte. Sie wollte keine neuen Kontakte, sie hatte sie nicht mehr nötig. Diana sorgte dafür, dass die Neuigkeit von Simones neuer Liebe wie ein Lauffeuer durch die Foren ging. Simone bekam etliche Glückwünsche. Sie lächelte. Waren sie nicht eigentlich alle auf der Suche nach dem oder der einen? Sie hatte ihn gefunden, und kein böses Gefühl sollte ihr Glück stören.
Sie beschloss, glücklich zu sein. Sie wollte nur noch die ersten Begegnungen nach Lukas Rückkehr abwarten, dann würde sie mit Gerald sprechen. Die Scheidung wäre sicher schnell erledigt.
Stundenlang las sie Françoise Sagan: »Bonjour Tristesse«, »Lieben Sie Brahms?«, »Ein gewisses Lächeln«. Und immer sah sie Luka in den Hauptfiguren, den großen, männlichen Liebhaber, den smarten Patriarchen, der alles regelte und der ein Mannsbild war, wie sie es sich gewünscht hatte.
Simone dachte den ganzen Tag an das neue Leben, das sie mit Luka führen würde: Sie freute sich auf eine große Familie, stellte sich vor, wie es sein würde, wenn Jenny und Julia sich mit seinen Kindern gut verstehen würden. Sie saß in ihren Tagträumen an einem großen Tisch, es war lebhaft und turbulent, es gab Gelächter und Gespräche und einer wäre immer für den anderen da. Sie träumte von Urlaub im Süden und von Tagen in einer schönen Wohnung, in der sie auf Luka warten würde, von Abenden in guten Restaurants, von wunderbaren Sessions. Hier endete ihre Fantasie. Bisher hatte es mit Luka keine Sessions gegeben.
Simone zwang sich, nicht daran zu denken, sondern daran, dass die Zeit in der schäbigen Wohnung bald zu Ende sein würde, dass die Einsamkeit bald Vergangenheit wäre, und dass sie eine strahlende Braut an der Seite eines attraktiven Mannes sein würde.
Als Luka ihr in einem Nebensatz mitteilte, dass seine Reise eine weitere Woche dauern würde, reagierte sie gelassen: Was war eine Woche gegen ein ganzes Leben?
Sie las viel, schlief fiel, rauchte viel.
Einmal ging sie vormittags mit Maurice spazieren, die Hunde rannten durch die Rheinaue, sie hatte sich bei ihm eingehakt und den Kopf an seine Schulter gelegt. Maurice klang spöttisch: »Konntest du das Haus verlassen? Kommt kein Anruf, auf den du den ganzen Tag warten musst?«
Sie boxte ihn in die Seite: »In New York ist es jetzt fünf Uhr morgens, er schläft. Es ist nicht so, dass ich nicht aus dem Haus gehen darf , ich will nicht. Ich will seinen Anruf einfach nicht verpassen.« Sie klang aggressiver, als sie wollte.
Maurice sagte: »Er tut dir nicht gut.«
»Unsinn.«
»Du konzentrierst dich sehr auf ihn. Lass dir Freiräume für dich selbst. Er nimmt sie sich auch, und nicht zu knapp.«
»Ich bitte dich, Maurice, der Mann arbeitet schwer, er ist in New York und eine Konferenz jagt die andere.«
»Wenn du mein Angebot angenommen hättest und im Restaurant aushelfen würdest, könntest du auch für dein Geld schwer arbeiten. Ich bin sicher, das wäre leichter, als arbeitslos zu sein und auch leichter, als darauf zu warten, geheiratet zu werden und an der Kirchentür alles abzugeben. Inklusive den Verstand.«
»Das war jetzt gemein!«, protestierte Simone.
»Nein, das war jetzt notwendig«, sagte Maurice. »Du kennst diesen Kerl doch gar nicht. Und du liebst ihn auch nicht.« Simone protestierte heftig, aber Maurice sagte: »Du verdrängst einiges, meine Kleine.« Dann wechselte er das Thema.
Sie gingen am Rhein entlang zurück. Am alten Zoll verließen sie die Uferpromenade, bogen links ab und schlenderten durch den Hofgarten. Bubi und Lulu tobten über die große Wiese, während Simone und Maurice auf einer Bank unter den Kastanienbäumen saßen und rauchten. Sie kuschelte sich an ihn. Sie mochte seine breiten Schultern.
Maurice brachte sie bis vor die Haustür. »Heute Abend? Wein? Quatschen? Musik hören? Ich muss nicht arbeiten.«
Simone tat so, als müsste sie lange überlegen. Maurice wuschelte ihr durch
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