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Im Netz Der Schwarzen Witwe

Im Netz Der Schwarzen Witwe

Titel: Im Netz Der Schwarzen Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
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ließ sich rückwärts auf die Matratze sinken. Er schloss die Augen und atmete Mariahs vertrauten Duft ein. Wohin war sie in aller Eile aufgebrochen?
    Selbst mit geschlossenen Augen sah er das Innere des Hauses mit all den deutlichen Zeichen ihres hastigen Aufbruchs vor sich. Er war bekannt für seine Fähigkeit, anhand sämtlicher verfügbarer Hinweise das wahrscheinlichste Szenario zu entwerfen. Nur gefiel ihm diesmal das Szenario, das ihm beinah sofort in den Sinn kam, überhaupt nicht.
    Denn es sah folgendermaßen aus: Mariah Robinson, die unter falschem Namen hier wohnte, erklärte ihm, er könne die Fotos von Serena nicht haben. Nachdem er gegangen war, überprüfte sie die Fotostapel und stellte fest, dass er doch zwei Bilder an sich genommen hatte. Daraufhin duschte sie schnell, machte sich ein Sandwich und verließ das Haus so eilig, dass sie nicht einmal die Hintertür abschloss.
    Aber wohin war sie aufgebrochen? Wollte sie sich mit Serena treffen? Um sie zu warnen, dass John die Fotos hatte?
    Aus seinen Recherchen wusste John, dass Mariah – oder Marie Carver, wie ihr richtiger Name lautete – vor drei Jahren in Phoenix, Arizona, gelebt hatte. Genau um die Zeit herum bereitete sich Serena dort darauf vor, Ehemann Nummer fünf loszuwerden. Die Möglichkeit, dass die beiden Frauen sich zu diesem Zeitpunkt schon begegnet waren, öffnete die Tür zu einer ganzen Reihe von hässlichen Fragen. Zum Beispiel: Hielt Mariah sich hier auf Garden Isle als eine Art Komplizin auf? Befand Mariah/Marie sich womöglich in einer Art Ausbildung zur männermordenden Schwarzen Witwe?
    John setzte sich wieder auf. Verdammt! Anscheinend arbeitete er schon zu lange für das FBI. Wie anders war es zu erklären, dass er so von Mariah dachte? Von seiner süßen, sanften Mariah …
    Im Keller hatte er nicht nachgesehen, weil dort alles dunkel war. Trotzdem ging er jetzt nach unten, in der Hoffnung, irgendeinen Hinweis darauf zu finden, wo Mariah sein konnte.
    In ihrer Dunkelkammer war er bisher noch nicht gewesen. Er öffnete die Tür und schaltete das Licht ein. Der Raum war klein, mit eingebauten Arbeitsflächen entlang der Wände. Es gab ein Spülbecken und Regale für die Chemikalien und anderes Zubehör, sogar einen kleinen Kühlschrank zur Aufbewahrung von Filmrollen. Verschiedene Ausrüstungsgegenstände lagen auf den Arbeitstischen, einschließlich eines Dings, das wie ein Vergrößerungsapparat aussah.
    John begriff sofort, dass dieser Raum – abgesehen von der Strandlage mit dem Meeresblick – der Grund war, weshalb Mariah dieses Haus gemietet hatte. Es gab Dutzende Häuser, die besser eingerichtet waren. Doch sie wollte ein Haus mit einer Dunkelkammer.
    An einer Wäscheleine hingen Fotos, deren Ecken sich beim Trocknen ein wenig aufgerollt hatten. John betrachtete diese Bilder genauer. Sie zeigten ihn.
    Es handelte sich ausschließlich um Schwarz-Weiß-Fotos, die trotzdem die Schönheit des Sonnenaufgangs wiedergaben. Auf vielen der Bilder waren er und Princess lediglich Silhouetten, aber für einige hatte Mariah ihr Teleobjektiv benutzt, sodass sein von tiefer Müdigkeit gezeichnetes Gesicht deutlich zu erkennen war. Diese Bilder legten Zeugnis ab von seinem Schmerz.
    Unter diesen Fotos von seinem erschöpften Gesichtsausdruck befand sich eine Nahaufnahme, die sie erst heute Morgen gemacht hatte. Auf diesem Bild lächelte er in die Kamera.
    John starrte das Foto an. Es zeigte ihn, keine Frage. Er erinnerte sich noch genau daran, als sie es gemacht hatte. Er erinnerte sich auch daran, gelächelt zu haben. Doch mit diesem Gesichtsausdruck hatte er sich noch nie gesehen. Seine Augen reflektierten das Sonnenlicht, das durchs Fenster hereinfiel und sie funkeln ließ. Ein strahlendes, aufrichtiges Lächeln lag auf seinem Gesicht.
    Er besaß überhaupt keine Ähnlichkeit mehr mit dem Mann, den man den Roboter nannte.
    Und der war er auch nicht mehr, wurde ihm schlagartig klar. Wenn er mit Mariah zusammen war, verwandelte er sich vom Roboter in einen lebendigen Mann aus Fleisch und Blut, der zu tiefen Empfindungen fähig war – und sie auch zeigen konnte.
    Er schloss die Augen und erinnerte sich daran, wie sie ihn getröstet hatte, als er zum ersten Mal nach zwei Jahren seinem Schmerz nachgegeben und um seinen Freund Tony geweint hatte. Und er erinnerte sich an die Intensität seiner Gefühle, als er Mariah nach dem Liebesspiel in den Armen hielt.
    Dieser Mann aus Fleisch und Blut hätte niemals an ihrer Aufrichtigkeit

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