Im Netz des Spinnenmanns: Thriller (German Edition)
schlecht. Zu ihrer Überraschung war das kleine Taschenmesser, das sie in ihrer Nylonturnhose versteckt hatte, immer noch da.
Was hatte er ihr gegeben, dass sie so lange geschlafen hatte?
Verschwommene Bilder eines Kampfes, bei dem sie um sich getreten und geschrien hatte, wirbelten ihr durch den Kopf. Sie hatte ihm wohl Angst eingejagt. Da ihre Arme ausgestreckt waren, wusste sie nicht, wie sie an das Messer unter ihrem Hintern kommen sollte. Sie spannte die Unterarme an und versuchte mit äußerster Anstrengung, die Arme auseinanderzubewegen und das Klebeband und den Draht zu lockern, aber der Draht schnitt ihr ins Fleisch. Blut lief ihr in einem dünnen Rinnsal den Arm hinunter und über den Ellbogen.
Der Spinner sah mit seiner kleinen Batman-Maske total bescheuert aus. Er benutzte ein Gerät, das seine Stimme ins Lächerliche verzerrte und ihn wie einen Roboter klingen ließ. Das Schlafzimmer war etwa genauso groß wie das Zimmer, in dem sie zu Hause schlief.
Es roch nach Mottenkugeln. Sie hatte schon schlimmere Gerüche erlebt.
Sie drehte den Kopf zum Bett und schnüffelte. Na ja, vielleicht doch nicht. Sie horchte. Er ging schon wieder im Flur vor dem Zimmer auf und ab. Hin und wieder steckte er den Kopf zur Tür herein, als wolle er nachsehen, ob sie noch da war. Einmal war er heute Morgen ins Zimmer gekommen, und sie hatte ihn angespuckt, Volltreffer mitten ins Auge. Dabei hatte sie gelacht, worüber er sich nicht besonders gefreut hatte. Es war schon fast witzig, wie er sich beinahe vor ihr zu fürchten schien. Er hatte ihre Entführung eindeutig nicht geplant und sie machte ihn offensichtlich nervös. Aus gutem Grund.
Wie hätte er allerdings der Versuchung widerstehen sollen? Sie hatte es ihm ja so verdammt leicht gemacht.
Die Tür ging mit einem Knarzen auf und der Irre beugte sich ins Zimmer und setzte noch so eine scheußliche Spinne auf den Boden, knapp einen Meter von ihren bloßen Füßen entfernt. Dieletzte Spinne, die er losgelassen hatte, war unter dem Bett verschwunden. Durch die winzigen Schlitze in seiner Maske konnte sie die Erregung in seinen Augen sehen.
Was für ein blödes Arschloch. Eine Spinne von der Größe eines Golfballs.
War das alles
,
was er auf Lager hatte?
Ihre Beine waren von den Knöcheln bis knapp unterhalb der Knie mit Klebeband und Draht umwickelt, genau wie ihre Arme, aber sie konnte die Knie anwinkeln und die Beine mühelos und ohne große Schmerzen strecken.
Sie beobachtete die Spinne. Sie war groß genug, dass Hayley das Geräusch hören konnte, das das Insekt beim Krabbeln machte. Sie hielt ihre Augen auf die Spinne gerichtet.
Nur noch ein klein bisschen näher. Komm schon, Spinne, du schaffst es.
Ein erregtes Stöhnen drang dem Mann aus der Kehle, als eines der behaarten Spinnenbeine Hayleys großen Zeh berührte.
Hayley tat so, als ob sie sich ekelte. Ja, er war eindeutig erregt.
Sie biss die Zähne zusammen, hob beide Füße hoch und ließ sie mit voller Wucht nach unten sausen. Ihre nackte Ferse traf den runden und zum Teil weichen Rumpf der Spinne, worauf das Insekt regelrecht zerplatzte und als klebrige, eklige Masse auf dem Fußboden verschmiert wurde. Die Lieblingsspinne dieses perversen Dreckskerls war tot.
»Hoppla«, sagte sie und hob den Fuß, damit er ihre Ferse sehen konnte. »Könnten Sie bitte einen feuchten Lappen holen und die Sauerei wegwischen?«
Er drückte auf den Sprechknopf und sagte mit seiner entstellten Roboterstimme: »Das wird dir noch leidtun.«
»Ja, ja. Wer’s glaubt, wird selig. Was geht hier eigentlich ab, Alter? Sind Sie echt, oder nur ein Möchtegern?«
Ohne sie zu beachten, verließ er das Zimmer und kam nach ein paar Minuten mit einem Handfeger und einer Schaufel wieder. Er machte den Boden sauber und als er das zweite Mal wiederkam, hielt er einen feuchten Lappen in der Hand. Er kniete sich in seiner sorgfältig gebügelten, beigen Hose hin und wischte ihr die Füße ab.
Sie zuckte zurück. »Das kitzelt.«
Wegen der Maske konnte sie nur schlecht erkennen, ob er wütend oder belustigt war oder ob er überhaupt eine Gefühlsregung zeigte. Eigentlich kitzelte es überhaupt nicht, aber sie wollte, dass er näher herankam, damit sie ihm ins Gesicht treten konnte. Aber anscheinend war er doch nicht so dumm, wie er aussah.
Er hielt sich in sicherer Entfernung, als er ihre Füße fertig säuberte. Sie versuchte, sie wegzuziehen, aber er packte sie fest an den Zehen. Er war auch stärker, als er aussah. Sie hatte
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