Im Netz des Spinnenmanns: Thriller (German Edition)
diesem Ort bist, wo das Böse hinter jeder Ecke lauert und der Tod jene ereilt, die ihn am meisten verdienen.«
Sie hatte ihrem Mann nichts von den Zeitungsausschnitten erzählt, sondern stattdessen den Umschlag in einem Schuhkarton in ihrem Kleiderschrank versteckt, um ihn zu vergessen. Ihr Bruder war schon immer ein komischer Kauz gewesen. Aber in letzter Zeit hatten sich die Artikel und die seltsame Nachricht wieder in ihr Bewusstsein gedrängt und sie förmlich dazu getrieben, etwas zu unternehmen.
Die Tatsache, dass sie Kinder großgezogen hatte und sie liebte, führte Karen vor Augen, dass sie ihre Gefühle nicht länger ignorieren konnte. Sie musste mit ihrem Bruder reden. Nicht nur, weil sie sich bei ihm entschuldigen und ihn um Verzeihung bitten wollte, sondern auch um herauszufinden, warum er ihr überhaupt die Zeitungsausschnitte geschickt hatte. Sie musste ein für alle Mal der Wahrheit auf den Grund gehen.
Kapitel 26
Samstag, 20. Februar 2010, 8:30 Uhr
Sie waren fast bei dem Bundesbehördengebäude an der Marconi Avenue angekommen, als Jared seinen Blick kurz von der Fahrbahn abwandte und zu Lizzy hinübersah. Sie hatte den ganzen Morgen nichts gesagt. »War es das Omelett?«, fragte er mit neckischem Unterton.
»Das Omelett war in Ordnung.«
»Hab ich was Falsches gesagt?«
»Nein.«
»Seit ich dir gesagt habe, dass ich dich liebe, hast du keinen Ton mehr von dir gegeben.«
Sie sah ihn grimmig an. Volltreffer.
»Wie kannst du mich lieben, wenn du mich nicht mal richtig kennst? Ich bin nicht gesund. Ich bin psychisch angeschlagen. Nicht, weil ich mich gehen lasse … im Gegenteil, ich gebe mir größte Mühe, die Vergangenheit hinter mir zu lassen und mein Leben zu leben. Ich versuche schon eine ganze Weile, wieder gesund zu werden, und ich gebe nicht auf. Aber noch ist mir das nicht gelungen und für eine Beziehung tauge ich schon gar nicht.«
Er bog nach links ab und fuhr auf den Parkplatz. Nachdem er den Motor abgestellt hatte, nahm er sie bei der Hand. »Ich liebe dich, Lizzy. Das habe ich schon immer getan. Es tut mir leid, wenn ich dir damit zu nahe trete.«
Ihre Augen verengten sich. »Warum hast du mich dann verlassen?«
Ihre Worte trafen ihn zutiefst. »Weil mir klar war, dass du dir, wenn ich bei dir bleiben würde, ständig wegen mir Sorgen machen würdest. Und dann hättest du keine Chance, wieder gesund zu werden. Du denkst nie zuerst an dich, Lizzy. Das hast du nie getan und wirst es auch nie tun. Aber du solltest es. Deswegen schleppst du schon so lange diese inneren Dämonen mit dir herum. Du denkst immer zuerst an die anderen. Du gibst dir die Schuld an der Scheidung deiner Eltern, an den Problemen deiner Schwester und daran, dass dein Vater damit nicht klarkommt. Und jetzt überlegst du, wie du dir die Probleme der übrigen Welt aufbürden kannst.«
»Das ist doch lächerlich.«
»Was war das Erste, das du getan hast, nachdem du langsam aus deinem Schneckenhaus hervorgekrochen bist?«
Er ließ sie gar nicht erst zu Wort kommen, sondern fuhr ungebremst fort: »Du hast deine ganze Energie darauf verwendet, anderen zu helfen. Du bist der Organisation für vermisste und missbrauchte Kinder beigetreten und hast deine Freizeit dafür geopfert, um jungen Mädchen Selbstverteidigung beizubringen. Du hast dich engagiert, Lizzy, und ob du es glauben willst oder nicht, du hast etwas bewirkt. Du hast niemandem Schaden zugefügt, sondern nur geholfen. Das ist nur einer der Gründe dafür, und ein winziger noch dazu, warum ich dich liebe. Und deswegen werde ich dich immer lieben. Es tut mir leid, wenn ich dir damit zu nahe trete, aber ich habe es satt, mich ständig selbst zu belügen. Ich werde meine Gefühle nicht länger unterdrücken. Und du hast recht. Ich hätte dich nie alleinlassen dürfen. Keinen einzigen Tag, keine einzige Minute.«
Sie blickte schon wieder zum Fenster hinaus. Ihre Hand hatte sie weggezogen und saß jetzt mit verschränkten Armen da. Für Liebesbezeugungen war sie noch nicht reif. Anscheinend glaubtesie nicht, dass sie es verdiente, von irgendjemandem geliebt zu werden, am allerwenigsten von ihr selbst. Aber das war ihm vollkommen egal. Sie konnte ihn ignorieren, solange sie wollte. Er kaufte es ihr nicht ab. Und er würde sich nicht von ihr abwimmeln lassen, egal, wie sehr sie es versuchte.
Samstag, 20. Februar 2010, 8:52 Uhr
Die Tür zu Jimmy Martins Büro stand weit offen, als Lizzy und Jared eintraten.
»Ihr kommt gerade richtig«, sagte Jimmy und
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