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Im Netz des Spinnenmanns: Thriller (German Edition)

Im Netz des Spinnenmanns: Thriller (German Edition)

Titel: Im Netz des Spinnenmanns: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.R. Ragan
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das Haus ihrer Mutter und traf ihren Bruder in der Küche an. Sie setzte sich an den Tisch, während ihr Bruder im Kühlschrank herumwühlte. Nach einer Weile gab er auf. »Ich hol schnell was zu essen. Willst du mitkommen?«
    »Wo ist Mom?«
    »Wo sie immer ist – sie schläft auf der Couch nebenan ihren Vollrausch aus.«
    Jessica hatte nicht damit gerechnet, ihren Bruder daheim anzutreffen. Er und Mom stritten sich in letzter Zeit heftig, weshalb er die vergangenen Nächte bei einem Freund übernachtet hatte. Nächste Woche würde er seine Sachen packen und nach New Jersey verschwinden. Jessica war gekommen, um die Pistole zu holen, die ihre Mutter in einem leeren Waschmittelkarton im Schrank über der Waschmaschine aufbewahrte. Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt, irgendjemandem etwas zu sagen, aber als sie ihrem Bruder in die Augen sah, sprudelte es einfach aus ihrheraus. »Ich glaube, ich weiß, wer Mary entführt hat.«
    Er zog eine Grimasse und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Wow.« Er drehte sich zum Spülbecken um und starrte aus dem Fenster, das den Blick auf einen toten Rasen freigab. Angesichts des Schweigens, das sich zwischen ihnen ausbreitete, fragte sie sich, was er wohl dachte. Sie musste nicht lange auf eine Antwort warten.
    »Wie lange dauert deine Besessenheit, Mary zu finden, eigentlich noch an?«
    »Wahrscheinlich so lange, bis ich sie gefunden habe.«
    »All die Jahre, und du verschließt immer noch deine Augen vor der Wahrheit. Das ist doch nicht zu fassen.«
    »Es wäre nicht das erste Mal«, sagte Jessica.
    »Was meinst du damit?«
    »Dass vermisste Menschen wieder auftauchen. Und noch dazu lebendig.«
    »Nenne mir ein Beispiel.«
    »Elizabeth Smart. Shawn Hornbeck …«
    Ihr Bruder ging zum Tisch und setzte sich ihr gegenüber. Er war groß und breitschultrig. In letzter Zeit war er erwachsen geworden und sah älter und reifer aus. Sie fragte sich, ob er jetzt ihrem Vater ähnlich sah, den sie seit Marys Verschwinden nicht mehr gesehen hatten. Mom hatte sämtliche Bilder von ihm aus Fotoalben und an der Wand hängenden Bilderrahmen entfernt. Nichts war übrig geblieben, das an ihren Vater erinnerte. Ihr Bruder streckte die Hand aus und legte sie auf ihre. »Lass es endlich bleiben, Jess.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Ich hab sie ja auch sehr gemocht, aber Mary wäre nie von zu Hause ausgerissen.«
    »Was, wenn ihr Entführer sie einer Gehirnwäsche unterzogen hat? Du weißt schon, wenn er sie davon überzeugt hat, dass ihre Familie sie nicht mehr mag. Nach ein paar Jahren hat sie es womöglich selbst geglaubt. Vielleicht hat er ihren Namen geändert. Ich hab in letzter Zeit viel zu dem Thema gelesen. So was kommt vor.«
    Er zog seine Hand zurück. »Ich glaube … ach, vergiss es … es ist doch scheißegal, was ich glaube. Du klingst wie Mom.« Er stand auf.
    Sie zuckte zusammen. »Was meinst du damit?«
    Er beugte sich vor und stützte die Hände auf die Tischplatte. »Wenn du nicht aufpasst, Jess, wirst du genau wie sie enden. Nachdem Mary weg war, ist sie durchgedreht. Sie hat sich und ihre Familie aufgegeben.« Er deutete mit dem Kinn in Richtung Nebenzimmer. »Schau sie dir doch an. Sie hängt seit Jahren in einem Loch und kommt nicht da nicht raus. Und sie ertränkt ihren Kummer im Alkohol. Wenn du nicht endlich vernünftig wirst, geht es dir irgendwann genauso.« Er richtete sich auf und verschwand, bevor Jessica ihm den Rest ihrer Geschichte erzählen konnte; dass sie mit Lizzy Gardner zusammenarbeitete und versuchte, der Wahrheit auf den Grund zu gehen und ihre Schwester zu finden. Sie hörte nur noch, wie er beim Hinausgehen die Tür hinter sich zuschlug.
    Jessica war heute bereits in Lizzys Büro gewesen und hatte ein paar Anrufe gemacht. Wie erwartet, hatte der Mann ein kilometerlanges Vorstrafenregister. Er hatte Haftstrafen wegen Exhibitionismus und Verkauf von Kinderpornografie abgesessen.
    In dem Augenblick, als Jessica das Haus betreten und ihren Bruder gesehen hatte, hatte sie gehofft, er würde auf ihrer Seite stehen. Sie seufzte. Lizzy hatte immer noch nicht zurückgerufen, was ihr Sorgen bereitete. War Lizzy bereits zu seinem Haus gefahren? Da Lizzy diejenige war, die sie gebeten hatte, seinen Namen auf die Liste zu setzen, war das keine abwegige Überlegung.
    Jessica dachte nicht daran, die Polizei anzurufen, da diese ohne Durchsuchungsbefehl nichts tun konnte. Sie beschloss, keine weitere Zeit zu verschwenden, und ging in die Waschküche. Die

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