Im Netz des Spinnenmanns: Thriller (German Edition)
freundliches Gesicht, das mir über den Weg lief, als ich gerade dringend eines brauchte. Sie haben mich in Ihren Lieferwagen gesteckt und mir geholfen, von diesem Ort wegzukommen.«
»Na, dann freut es mich ja, dass es Ihnen gut geht.«
Ein betretenes Schweigen breitete sich aus. Dann sagte Jared: »Wir sind aus verschiedenen Gründen hier, Betsy. Zunächst einmal würden wir gerne wissen, ob Sie an dem Tag, an dem Sie Lizzy geholfen haben, irgendwelche verdächtigen Personen oder Dinge gesehen haben.«
»Nein«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Das haben mich die Leute vom FBI schon hundertmal gefragt und meine Antwort ist immer noch dieselbe.«
»Was ist mit der Uhr, die Lizzy an jenem Morgen bei sich hatte?«
Betsy lief rot an. »Von einer Uhr weiß ich nichts«, sagte sie. »Sie haben doch gar keine Uhr getragen, oder, Lizzy?«
Es war klar, dass Betsy sich herauszureden versuchte. Lizzy legte eine Hand auf die Trennscheibe. »Ist schon okay, Betsy. Sie werden deswegen keinen Ärger bekommen. Was auch immer Sie sagen oder tun, ändert nichts daran, dass ich Ihnen für immer dankbar sein werde für das, was Sie an jenem Tag für mich getan haben. Aber wir müssen Sie nach dieser Uhr fragen, weil dieser Irre wieder sein Unwesen treibt.«
Betsy riss die Augen auf. »Ohne Scheiß?«
»Ohne Scheiß«, gab Lizzy zurück. »Wir müssen wissen, was Sie mit der Uhr gemacht haben. Es ist uns egal, ob Sie sie verkauft, verpfändet oder in den Müll geworfen haben. Aber wir müssen es unbedingt wissen, weil die Uhr vielleicht eine Seriennummer hat … und die wiederum könnte einen Hinweis auf die Identität des Mörders geben.«
Betsy kaute auf ihrer Unterlippe. Man konnte schwer erkennen, ob sie sich überlegte, etwas über den Verbleib der Uhr zu sagen, oder ob sie sich gar nicht mehr daran erinnerte. Plötzlich beugte Betsy sich nahe an die Scheibe und sah verschwörerisch drein.
Lizzy beugte sich ebenfalls vor.
»Sie haben nicht zufällig Zigaretten für mich dabei?«
Lizzy sah Jared an.
»Ich habe im Foyer einen Automaten gesehen«, sagte er und erhob sich. »Welche Marke rauchen Sie?«
»Ich möchte zwei Schachteln Marlboros.«
»Besucher dürfen den Insassen nur eine Schachtel mitbringen«, sagte der Wärter.
»Kommen Sie schon«, sagte Betsy nach hinten über die Schulter, »drücken Sie doch einfach mal ein Auge zu.«
Der Mann beachtete sie nicht.
Jared verschwand und war in weniger als fünf Minuten zurück. Er legte eine Schachtel Marlboro in das Schubfach unter der Trennscheibe, worauf Betsy an einem Griff zog und die Zigaretten an sich nahm. Sie hielt die Packung für einen Augenblick andächtig in der Hand, bevor sie schließlich die Plastikfolie aufriss. Dann steckte sie sich eine Zigarette zwischen die Lippen und warf dem Wärter über die Schulter einen Blick zu.
Der Mann zog ein Feuerzeug aus der Tasche und gab ihr Feuer.
Betsy inhalierte das Nikotin tief in ihre Lunge und blies den Rauch aus. »Danke.«
Jared nickte nur.
Lizzy sah ungeduldig auf die Uhr. »Wir brauchen Ihre Hilfe, Betsy.«
Betsy machte noch einen Zug. »Das hätte mir jetzt gerade noch gefehlt, wenn ich diesen Arschlöchern einen Anlass gebe, mich länger hier zu behalten.«
»Sie haben nichts falsch gemacht«, sagte Lizzy nachdrücklich. »Ich hab Ihnen die Uhr doch gegeben. Wissen Sie das nicht mehr?«
Betsys Augen hellten sich auf. »Sie haben recht, jetzt fällt’s mir wieder ein. Sie haben sie mir gegeben, oder? Ich brauch also keine Angst zu haben?«
»Richtig«, sagte Lizzy. »Sie brauchen keine Angst zu haben. Sie haben nichts falsch gemacht, Betsy.«
Betsy tat einen langen Zug an der Zigarette. »Ich würde Ihnen ja wirklich gerne helfen«, sagte sie, »aber das Problem ist, ich hab versucht, die Uhr zu verkaufen, aber ich konnte nicht mehr als zweihundert Dollar dafür bekommen, wegen der Gravierung. Da war ich echt sauer, weil mein Bruder gesagt hat, dass es ’ne Rolex sei, die mehrere Tausender wert wäre.«
Jared verzog kaum eine Miene. Er war mit seiner unendlichen Geduld wirklich ein Profi, dachte Lizzy. Lizzy dagegen hätte der Frau am liebsten in den Rachen gelangt und ihr die Worte herausgezogen. Aber jetzt, wo Betsy ihre Zigaretten hatte, warsie nicht in Eile. Sie hatte ja sonst nichts anderes zu tun. »Sie erinnern sich nicht zufällig daran, wie diese Gravierung lautete?«, fragte Lizzy.
Betsy inhalierte erneut Nikotin in ihre Lunge. Die Trennscheibe war vom Rauch ganz vernebelt.
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