Im Netz des Spinnenmanns: Thriller (German Edition)

fest, dass der ans Bett gefesselte Mann blaue Flecken hatte und blutete. Sie bückte sich zu der Stereoanlage und stellte die Musik ab. In dem Moment sah sie den dritten Mann, der gerade versuchte, mit nacktem Oberkörper in Richtung Fenster zu kriechen, das halb offen stand. »Halt!«, rief sie ihm nach.
    Er fuhr herum und feuerte.
    Pschsch.
    Der Schuss klang wie das Zischen eines undichten Ventils. Hätte sie geahnt, dass der Kerl eine Waffe trug, hätte sie erst geschossen und dann Fragen gestellt.
    Jessica taumelte gegen die Wand in ihrem Rücken und ließ die Pistole fallen. Ein stechender Schmerz breitete sich in ihrer linken Seite aus und verwandelte sich schnell in ein glühend heißes Brennen. »Wo ist Mary?«, fragte sie den Mann auf dem Bett.
    Dieser schüttelte den Kopf und riss die Augen noch weiter auf, sodass sie wie zwei Vollmonde mit jeweils einem schwarzen Fleckin der Mitte aussahen. Sein Haar war so rot, dass das Gesicht im Vergleich dazu kreideweiß wirkte. Sie wollte ihm helfen und den Knebel aus seinem Mund entfernen, aber die Beine versagten ihr den Dienst. Langsam nahm er vor ihren Augen verschwommene Konturen an. In der Zwischenzeit flüchtete der Schütze durchs offene Fenster ins Freie und sie musste dabei hilflos zusehen. Sie nahm die Hand von ihrer Seite und sah Blut an ihren Fingern. Mary tauchte immer wieder vor ihrem geistigen Auge auf.
    War sie gerade dabei, zu sterben?
    Plötzlich drehte sich alles um sie. Zuerst knickten ihre Beine ein, dann der Rest ihres Körpers.

Samstag, 20. Februar 2010, 22:30 Uhr
    Brittany lud sich gerade im iTunes-Store ein Lied herunter, als sich plötzlich ein Pop-Up-Fenster öffnete. Eine Nachricht von i2Hotti.
    Endlich.
    Sie hatte schon gedacht, er hätte sie vergessen. Alle Hemmungen und Vorsicht über Bord werfend, tippte sie drauflos.
    Brit35 : wieso hast du so lange gebraucht?
    i2Hotti : was meinst du damit?
    Brit35 : ich hab eine ewigkeit nicht mit dir gechattet
    i2Hotti : 3 tage
    Brit35 : zu lange
    i2Hotti : sorry, hatte viel zu tun
    Brit35 : was denn?
    i2Hotti : verschiedenes
    Brit35 : was ist los? du bist irgendwie anders
    i2Hotti : wir müssen uns treffen
    Brittanys Herz begann, wie wild zu schlagen, und sie lächelte vor Erleichterung.
    Brit35 : ich hab schon angst gehabt, du magst mich nicht mehr
    i2Hotti : echt? ich glaub ich hab mich hals über kopf in dich verliebt
    Brit35 : hör auf mich zu verarschen
    i2Hotti : im ernst
    Brit35 : ich möchte dich auch sehen
    i2Hotti : hab schon gedacht du wirst nie fragen
    Brit35 : wie? mom passt rund um die Uhr auf mich auf wegen dem blöden Mörder und unser haus wird observiert
    i2Hotti : sag ihr du hast ne kaputte zahnspange und musst zum zahnarzt
    Brit35 : gute idee … und was dann?
    i2Hotti : komm am montag früher aus der schule ich hol dich ab
    Brit35 : auto?
    i2Hotti : schwarzer bmw
    Wow, dachte Brittany, entweder hat er reiche Eltern oder einen verdammt guten Job. Sie fühlte sich wie das glücklichste Mädchen der Welt.
    i2Hotti : noch da?
    Brit35 : ja … freu mich schon dich endlich persönlich zu treffen
    i2Hotti : freust dich bestimmt nicht so wie ich
    Brit35 : mom kommt muss schluss machen
    i2Hotti : bis bald
    Brit35 : nicht bald genug
    i2Hotti : liebe dich

Sonntag, 21. Februar 2010, 0:55 Uhr
    Lizzy ging nervös im Warteraum des Krankenhauses auf und ab und hoffte inständig, dass bald ein Arzt kam und ihr mitteilte, dasses Jessica gut ging. Die Eingangstür schwang auf und ein kalter Luftzug wehte hinein, gefolgt von Jared.
    »Gott sei Dank ist dir nichts passiert«, sagte er erleichtert.
    »Ich wollte schon früher anrufen«, sagte sie, »aber dann war bei mir das totale Chaos. Ich hab keine Ahnung, wo mein Handy ist und …«
    »Dir geht’s gut.« Jared nahm sie in den Arm und drückte sie fest an sich. »Das ist die Hauptsache.« Er ließ sie los und sagte: »So weit ich sehen konnte, ist Sullivan sauber. Er ist nach einer schlimmen Scheidung hierher gezogen und hatte nichts dagegen, dass ich mich bei ihm umsehe. Was war bei Gilman los?«
    »Wie sich herausgestellt hat, ist Gilman nicht nur Brittanys Mathe-Nachhilfelehrer, sondern dreht nebenbei Pornofilme. Anscheinend sind sie anders als das, was man sonst so zu sehen bekommt. Er lädt wildfremde Männer zu sich nach Hause ein und wenn er einen erst mal ans Bett gefesselt hat, kommt sein Kumpel aus dem Wandschrank und die beiden spielen mit ihrem Opfer. Sie machen den Mann so zurecht, dass er wie ’ne Transe aussieht, und