Im Netz des Spinnenmanns: Thriller (German Edition)
dann nehmen sie allerhand sexuelle Handlungen an ihm vor. Seine Videoproduktion nennt sich »Tabulose Transen«. Der arme Kerl, mit dem sie gerade beschäftigt waren, als Jessica unerwartet hereinschneite, hat sich zu Tode geängstigt. Er ist jetzt hier im Krankenhaus, im vierten Stock, und steht noch voll unter Schock.«
»Wo ist Jessica?«
»Gilmans Partner hat auf sie geschossen und ist dann durchs Fenster geflüchtet.«
Der Arzt kam zur Tür herein. »Sie können jetzt zu ihr«, sagte er, »aber nur für ein paar Minuten. Sie braucht Ruhe.«
»Wie schlimm ist es?«, fragte Jared.
»Sie hat auf ihrer linken Seite eine Schusswunde, verursacht durch eine Kugel mit niedriger Geschwindigkeit. Sie hat insofern Glück gehabt, als keine großen Arterien getroffen wurden. Die Kugel wurde entfernt und die Patientin hat ein Beruhigungsmittel bekommen.«
Lizzys Schultern entspannten sich. »Wie lange muss sie noch im Krankenhaus bleiben?«
»Mindestens ein paar Tage. Heute Nacht werden wir sie beobachten. Morgen wissen wir mehr.«
Sie betraten Jessicas Zimmer. Eine Krankenschwester dosierte gerade die Tropfgeschwindigkeit des Infusionsbeutels. Lizzy trat seitlich an das Bett heran und nahm Jessicas schlaffe Hand in die ihre. Das arme Mädchen war blass. In ihrer Nase steckte ein Schlauch.
»Es tut mir leid«, sagte Jessica mit schwacher Stimme. »Der Akku von meinem Handy war leer.«
»Machen Sie sich deswegen keine Gedanken«, beruhigte Lizzy sie. »Das Wichtigste ist, dass es Ihnen bald wieder besser geht.«
»Gilman ist wohl doch nicht unser Mann?«
Lizzy schüttelte den Kopf. »Nein. Aber ein Unschuldslamm ist er auch nicht gerade.« Am liebsten hätte sie Jessica eine Standpauke gehalten und ihr gesagt, dass sie niemals allein in dieses Haus hätte gehen dürfen. Und die Pistole, wo hatte sie die nur her? Was zum Teufel hatte sie sich eigentlich dabei gedacht? Das Ganze hätte für sie tödlich ausgehen können.
Die Tür ging auf und ein junger Mann trat ein. Er hatte blutunterlaufene Augen.
»Das ist mein Bruder Scott«, stellte Jessica ihn vor, als er auf ihr Bett zuging.
Scott blickte grimmig drein. »Was zum Teufel hattest du in dem Haus von diesem Kerl zu suchen? Ich hab dir doch gesagt, das ist ein Irrer, oder?«
Jessica fuhr sich mit der Zunge über ihre Lippen. »Er war auf unserer Liste. Ich wollte Mary finden.«
Scotts Gesicht lief dunkelrot an. »Mary ist tot. Wenn sie noch leben würde, wäre sie schon längst wieder nach Hause gekommen. Wie oft muss ich dir das noch sagen? Schau dich doch nur an.« Er fuhr sich frustriert mit den Händen übers Gesicht. »Ich kann es nicht fassen, dass du mir das antust. Mary verschwindet, Dad lässt uns im Stich, Mom ersäuft ihren Kummer im Alkohol. Und dustürmst mit gezogener Waffe in fremde Häuser und riskierst dabei dein Leben.«
Lizzy wollte gerade etwas sagen, aber Jessica hob die Hand und hielt sie davon ab.
»Wir lassen Sie beide jetzt allein«, sagte sie zu Jessica. »Ich komme morgen früh wieder und schau nach, wie es Ihnen geht, okay?«
Jessica nickte.
Scott schüttelte den Kopf und senkte die Schultern. Lizzy hätte gerne Jessica und ihrem Bruder die Wahrheit über Mary erzählt, damit sie endlich dieses Kapitel abschließen konnten, aber Jessica wirkte zu zerbrechlich, um heute noch einen Schlag verkraften zu können. Die Sache musste warten.
Sonntag, 21. Februar 2010, 3:03 Uhr
Etwas Feuchtes und Schweres glitt über ihre Beine.
Hayleys Kopf schnellte hoch. Sie war eingeschlafen. Anscheinend hatte der Dreckskerl nur darauf gewartet, damit er eines seiner anderen Tiere auf sie loslassen konnte.
Ihr Herz pochte. Im Zimmer war es stockfinster. Zwei Tage lang hatte sie nun schon vergebens versucht, die Handgelenke freizubekommen, aber als sie dieses Mal den Arm ruckartig nach unten zerrte, löste sich die rechte Hand aus den Fesseln.
Sie griff nach der dicken Schlange, die gerade über ihre Oberschenkel kroch. Das Reptil zischte und biss dann zu. Die Fangzähne bohrten sich in Hayleys Bein. Sie verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse und holte vor Schmerz tief Luft. Als sie die Schlange fest im Griff hatte, schleuderte sie das Tier quer durchs Zimmer. Der schwere Körper rutschte über den Fußboden und traf mit einem dumpfen Schlag gegen die Wand.
Hayley hob den freien Arm und machte sich verzweifelt daran, die andere Hand freizubekommen. Krampfhaft versuchte sie, das Ende des Drahtes zu finden, damit sie ihn von ihrem anderen
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