Im Netz des Spinnenmanns: Thriller (German Edition)
Stunde um war, und dann Feierabend machen.
Wie vereinbart, hatte ein Fahrradkurier gestern Nachmittag die gesamte Summe von dreitausend Dollar in bar vorbeigebracht. Leider war der Mann, den Jared geschickt hatte, zu spät eingetroffen, um noch von Nutzen zu sein. Wie Jessica später mitteilte, hatte der Kurier keine Uniform getragen, sondern nur Jeans und ein langärmeliges Sweatshirt. Das Fahrrad, mit dem er gekommen war, hatte er an ein Gebäude einen Block weiter gelehnt. Er händigte Jessica einen Umschlag aus und verschwand auch schon wieder, bevor sie ihm ein Trinkgeld geben oder ihn fragen konnte, wer ihm den Auftrag erteilt hatte. Aber Jessica war ein cleveres Mädchen und hatte, als der Kurier davoneilte, mit ihrem Handy ein paar Fotos von ihm gemacht. Lizzy und Jessica luden die Bilder auf Lizzys Computer herunter und vergrößerten sie. Dabei fiel ihnen ein Aufkleber mit einem Logo des Consumnes River College auf der Rückseite seines Fahrradhelms auf.
Als Lizzy über den Parkplatz lief, wehte ihr ein Windstoß beinahe den Schal vom Kopf. Ein silberner BMW hielt vor dem Hoteleingang und verdeckte ihr die Sicht auf das Foyer.
Geh mir aus dem Weg, Sportsfreund.
Ein Mann in einem dunklen Anzug stieg aus und gab einem Angestellten die Schlüssel. Lizzy brauchte ein paar Sekunden, bis sie ihn erkannte. Sie erschrak so sehr, dass sie abrupt auf dem Absatz kehrtmachte. Sie zog sich den Schal fester ums Gesicht und bemühte sich, auf dem Rückweg zu ihrem Auto ein gleichmäßiges Tempo zu halten.
Bloß nicht rennen. Ganz normal gehen. Nicht auffallen. Tief durchatmen.
Aus Angst, dass er ihr Auto erkennen würde, falls er in ihre Richtung blickte, ging Lizzy stattdessen zu einem grauen Toyota Prius. Sie tat so, als suche sie ihre Schlüssel, und warf einen schnellen Blick über ihre Schulter. Er war weg. Ein Hotelangesteller stieg in den BMW und verschwand hinter dem Gebäude. Lizzy rannte zu ihrem Wagen zurück, warf die Jacke und den Schal auf den Rücksitz und rutschte hinter das Steuer.
Sie stützte die Stirn aufs Lenkrad.
Was zum Teufel machte Richard hier?
Leider wusste sie nur allzu gut, was ihr Schwager hier machte. Zusammen mit Jared war sie Valerie gestern zur Kanzlei Seacrest and Associates gefolgt, wo Richard arbeitete. Obwohl ihr dieser Umstand nicht entgangen war, hatte Lizzy keinen Augenblick daran gedacht, dass zwischen ihrem Schwager und Valerie Hunt möglicherweise etwas lief. Was zum Teufel ging hier vor?
Als Lizzy Jared gegenüber erwähnte, dass Valerie das Gebäude betreten hatte, in dem sich Richards Arbeitsplatz befand, hatte dieser unumwunden gefragt, ob die beiden etwas miteinander hatten. Lizzy hatte darüber nur gelacht. Richard Warner, der Mann ihrer Schwester, war ungefähr so romantisch wie ein Stück Holz und so umgänglich wie ein Troll.
Aber jetzt machte sich Unbehagen in Lizzy breit und ihre Spekulationen liefen auf Hochtouren. Sie riss ihr Handy an sich,ignorierte das Blinksignal, das eine Nachricht auf ihrer Mailbox ankündigte, und rief ihre Schwester an. Cathy nahm beim zweiten Läuten ab. »Hi, ich bin’s … Lizzy.«
Das Seufzen ihrer Schwester am anderen Ende war laut und deutlich. Sie hatte eindeutig keine Lust auf eine Versöhnung.
»Mir tut das alles so leid«, platzte es aus Lizzy heraus. Sie redete schnell, wie immer, wenn sie nervös war. »Du hast mich die ganzen Jahre immer unterstützt und aufgebaut und …«
»Bist du immer noch hinter diesem Irren her?«
»Ehrlich gesagt, fehlt mir dafür gerade die Zeit«, log sie. »Ich arbeite an meinem ersten Seitensprung-Fall, und dafür gehen meine ganze Zeit und Energie drauf.« Cathy brauchte ja nicht zu wissen, dass »der Irre« erst gestern Nacht wieder bei ihr angerufen hatte. Es gab viele Dinge, die ihre Schwester nicht zu wissen brauchte. Aber Lizzy verspürte das Bedürfnis, mit ihr zu reden und ihre Stimme zu hören. Seitdem ihre Mutter weggezogen war und ihr Vater nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte, war Cathy die einzige Familienangehörige, zu der sie noch Kontakt hatte. Und natürlich Brittany.
»Ich dachte, Seitensprünge interessieren dich nicht?«
»Haben sie bisher auch nicht. Aber dann ist dieser Typ namens Victor aufgetaucht und hat mir dreitausend Dollar dafür geboten, dass ich seine Frau zwei Wochen lang observiere.«
Es verging eine Weile, bevor Cathy sagte: »Wow. Ich glaube, ich hätte diesen Auftrag auch angenommen.«
Etwas von der Anspannung wich von Lizzys Schultern und
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