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Im Netz des Teufels

Im Netz des Teufels

Titel: Im Netz des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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Drittel bei allem, was die Mädchen machen? , fragte Abby sich. Drei Stühle an dem Teetisch in ihrem Zimmer, drei Peppermint Patties gestern im Supermarkt. Abby heftete das große Ei mit einem Magneten an den Kühlschrank. Die beiden Mädchen standen auf und bewunderten ihr Werk.
    »Es ist sehr schön«, sagte Abby. »Es wird Daddy gut gefallen.«
    Die Mädchen strahlten.
    Abby zeigte auf die sonderbaren Figuren. Im oberen und unteren Teil des Eis sah sie seltsam aussehende kleine Wesen. »Was ist das?«
    »Eine Ente und ein Häschen«, sagte Charlotte und zeigte auf die obere Figur.
    »Ein Häschen und eine Ente«, sagte Emily und zeigte auf die andere Figur.
    In dem oberen Teil des Eis schien die Ente in dem Hasen zu stecken, und in dem Hasen schien noch ein Ei zu sein. Unten war es genau umgekehrt.
    Abby erkannte die Zeichnung aus dem Buch mit den russischen Märchen und Legenden wieder, das die Mädchen sich in der Bücherei angesehen hatten. Sogar die Nadel in dem Ei hatten sie nicht vergessen.
    Die Kinder sind wie Schwämme, dachte Abby. Sie saugen alles auf, was sie sehen.
    Sie küsste die Mädchen auf die Köpfe. »Okay, meine kleinen Enten und Häschen«, sagte sie. »Zähne putzen und ab ins Bett.«
    Die Mädchen kicherten und stiegen die Treppe ins Badezimmer hinauf.
    Abby schaute noch einmal auf die Zeichnung. Ein Ei in einer Ente in einem Hasen. Und mittendrin eine Nadel.

    Als die Mädchen im Bett lagen, überprüfte Abby ihr Handy auf neue Nachrichten. Keine Nachricht von Michael. Wenn er erst nach Mitternacht nach Hause kam, würde er anrufen. Er war mit Tommy unterwegs, und er würde nicht zu viel trinken. Das tat er nie, wenn am nächsten Tag ein neuer Prozess begann. Sollte es doch später werden, würde er anrufen und vermutlich bei Tommy in Littleneck übernachten.
    Sie ließ ein paar Lampen brennen und stieg in den ersten Stock hinauf.

    Abby hatte Pilates in ihrem zweiten Studienjahr an der Columbia University entdeckt. Bei dem ganzen Stress im zweiten Studienjahr stellte sie fest, dass sie zwei Stunden pro Nacht schlief und einmal am Tag aß – oftmals, während sie über den Campus radelte. Abends trank sie eine Flasche Sauvignon blanc, um die richtige Bettschwere zu bekommen. Dann schlief sie zwei Stunden und wachte mit einem Kater auf, sodass sie gleich ein paar Aspirin nehmen konnte, um wieder durchzustarten. In der Nähe der Uni hatte sie ein Yogazentrum entdeckt, das Satyananda-Yoga-Kurse anbot, doch aus irgendeinem Grund war das nichts für sie. Sie war eine Typ-A-Persönlichkeit, und Yoga schien ein wenig zu passiv für sie zu sein. Später belegte sie einen Speed-Cycling-Kurs im West Village, und eine Zeit lang gefiel ihr das ganz gut.
    Doch das Problem, dorthin zu kommen – mindestens zwei Mal umsteigen –, stresste sie so sehr, dass dieser Kurs höchstens den zusätzlichen Stress neutralisierte.
    Und dann entdeckte Abby Pilates. Diese Sportart, bei der der Schwerpunkt darauf lag, Bänder und Gelenke zu stärken, die Beweglichkeit zu verbessern und die Muskeln zu dehnen, und bei der die Qualität des Trainings mehr zählte denn die Quantität, schien genau das Richtige für sie zu sein.
    Seitdem war Pilates ein fester Bestandteil ihres Lebens.
    Abby setzte die Kopfhörer auf und begann mit Aufwärmübungen. Sie streckte sich ein paar Minuten, um anschließend mit den Bauch- und Beckenübungen zu beginnen.
    Anfangs brauchte sie fast absolute Stille für das Training, doch mit Kleinkindern im Haus war Stille überhaupt – ganz zu schweigen von absoluter Stille – nur noch eine vage Erinnerung. Seit zwei Jahren hätte sie ihre Übungen auch machen können, wenn im Wohnzimmer eine 747 gelandet wäre. Das war einerseits gut und andererseits schlecht. Gut, weil sie jederzeit zwanzig Minuten trainieren konnte. Schlecht war, dass sie mitunter die ganze Welt auszublenden schien. Sie hörte natürlich noch immer, was ringsherum geschah, aber manchmal schien glücklicherweise alles wegzudriften.
    Mitten in den Übungen hatte Abby das Gefühl, ein Geräusch gehört zu haben. Ein lautes Geräusch. Sie hatte es gespürt. Es hörte sich an, als hätte jemand etwas Großes, Schweres im Haus fallen lassen. Sie nahm die Kopfhörer ab.
    Stille.
    Abby lief aus dem Schlafzimmer, ging den Flur hinunter und schaute ins Kinderzimmer. Die Mädchen schliefen beide tief und fest. Emily hatte ihre Bettdecke wieder total zerwühlt. Charlotte hatte die Decke ordentlich bis ans Kinn gezogen. Ihr Bett sah aus

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