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Im Netz des Teufels

Im Netz des Teufels

Titel: Im Netz des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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Wiederwahl. Der nächste Stromschlag. Diesmal fing der Saum von Harkovs vergilbtem Hemd Feuer. Aleks ließ die Flammen kurz brennen, ehe er sie löschte.
    In dem Büro stank es wie auf einer Müllkippe. Es war ein ekelhafter Gestank nach verbranntem Haar, Fäkalien und Schweiß. Aleks riss Harkovs Kopf zurück. Das Gesicht des Mannes war schweißüberströmt. Aleks kniff dem Mann in die Nasenflügel, bis er wieder zu sich kam.
    »Zwei kleine Mädchen«, wiederholte er.
    Nichts.
    Aleks griff in die Tasche und zog eine kleinere Krokodilklemme heraus. Er entfernte die Klemme von Harkovs Genitalien und verband das Kabel mit der kleineren Klemme. Diese klemmte er an Harkovs Augenlid.
    Auf dem Schreibtisch stand ein Foto eines dünnen, nervös aussehenden Jungen, das vermutlich in den Siebzigern aufgenommen worden war.
    »Ist das Ihr Sohn?«, fragte Aleks.
    Harkov nickte zögernd.
    »Wenn ich die Leute, die ich suche, nicht finde, statte ich diesem Mann einen Besuch ab. Ihr eigenes Leben können Sie nicht mehr retten. Die Rechnung, die heute beglichen wird, wurde schon vor Jahren geschrieben, als Sie meinen Weg gekreuzt haben. Sie haben aber die Gelegenheit, mir jetzt das zu sagen, was ich wissen will. Wenn Sie es tun, gebe ich Ihnen mein Wort, dass ihm nichts zustoßen wird.«
    Aleks nahm den Knebel aus dem Mund des alten Mannes, doch der blieb stumm.
    Noch einmal rief Moskau Viktor Harkov an. Eine kleine blaue Stichflamme loderte auf und versengte das Augenlid.
    Zwei Minuten später sagte der Mann Aleks alles, was er wissen wollte.

    Aleks fand die Akten in der untersten Schublade des Stahlschranks, der in der Ecke des Vorraums stand. In dem Schrank lagen auch die Reste eines vergessenen Frühstücks in einer schimmeligen braunen Papiertüte, die mit dem Kot einer Maus besprenkelt war. In diesem Bild lebten die Schrecken des hohen Alters, dachte Aleks, seiner Gebrechlichkeit, seiner Krankheiten und Plagen. Hier hörte man das Flüstern dieser Tage, die dem Tod vorausgingen, ein Gefühl, das er niemals kennenlernen würde, ein ...
    ... Sieg über die Ewigkeit in dem Augenblick, als er den Hügel hinaufsteigt, das mit Leichen übersäte Schlachtfeld unter seinen Füßen, die Schreie der Sterbenden eine unheilvolle Sonate in der Ferne. In das Bauernhaus waren zahlreiche Granaten eingeschlagen, die durchlöcherte Fassade nun ein trotziges Intaglio. Er weiß, dort wird er seine Antwort finden ...

    Aleks schaute aus dem Fenster auf die Straße. Kolya saß in dem Hummer. Er hatte Kopfhörer aufgesetzt und rauchte eine Zigarette. Das Leben ging weiter. Niemand würde diesen Mann vermissen, der mit Menschen handelte und der Kinder in der Nacht verschacherte.
    Aleks drehte sich wieder zu dem toten Mann um, zog das Messer heraus und brachte seine Arbeit zu Ende.

    Ehe Aleks die Tür öffnete, schaute er auf die Dokumente. Es waren zwei Akten, zwei Familien mit Zwillingsmädchen. Beide Adoptionen waren rund vier Jahre her. Beide wurden über Helsinki abgewickelt. Weitere Details über die Kinder gab es nicht. Nur ihr Geschlecht und das Datum ihrer Einreise in die Vereinigten Staaten.
    Aber vor allem ihre Namen und ihre Adressen.
    Ehe Aleks auf den Flur trat, drehte er sich noch einmal um. Er hatte ohne Handschuhe nichts angefasst. Den Plastikregenmantel und die Baseballkappe hatte er fast die ganze Zeit getragen. Das ganze Büro war von einer dicken Staubschicht bedeckt, doch der Gang von der Tür zu Viktor Harkovs Schreibtisch war sauber. Aleks hatte keine Sohlenabdrücke in dem Staub hinterlassen. Nur eine äußerst sorgfältige kriminaltechnische Spurensicherung würde ergeben, dass er jemals in diesen Räumen gewesen war. Und selbst wenn ein Mann wie Viktor Harkov diese Aufmerksamkeit überhaupt verdient hatte, wäre Aleks längst verschwunden, wenn sie ihn identifiziert hätten.
    Doch jetzt hatte er einen Mord in einem fremden Land begangen. Das konnte er nicht mehr ungeschehen machen. Dadurch änderte sich alles.
    In Estland kannte er alle Schlupflöcher. Er hatte mehrere Identitäten in mehreren sicheren Häusern entlang der Narwa. Er wusste, wie die Polizei vorging, wie die Politiker vorgingen, wem er vertrauen konnte, wer käuflich war. Er kannte das Wann, das Wo, das Wie, und vor allem wusste er, wie viel . Das hier war etwas anderes. Hier war er in den Vereinigten Staaten.
    Aleks ging langsam den Korridor hinunter zur Treppe. Er fasste das Geländer nicht an. Als er die Hintertür erreichte, stieß er sie mit der

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