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Im Netz des Teufels

Im Netz des Teufels

Titel: Im Netz des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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nachdem sie den Antrag gestellt hatten, flogen Michael und Abby nach Columbia in South Carolina und fuhren dann eine Stunde mit dem Auto Richtung Westen zu einer kleinen Klinik in Springdale. Nachdem sie an diesem Nachmittag fast eine Ewigkeit in einem kleinen Wartezimmer gesessen hatten, betrat eine Krankenschwester mit zwei kleinen Bündeln den Raum. Die Mädchen waren zwei Monate alt und wahnsinnig süß.
    Michael erinnerte sich noch genau, als er sie zum ersten Mal in den Armen gehalten hatte. Er erinnerte sich, wie alles andere wegdriftete und die Hintergrundgeräusche zu einer fernen Symphonie verschmolzen. In diesem Augenblick wusste er, dass all die grauenhaften Erlebnisse in seinem Leben der Vergangenheit angehörten, einem dunklen, entsetzlichen Auftakt zu diesem ersten Kapitel seiner Geschichte. Es war der glücklichste Tag seines Lebens.
    Sie nannten die Kinder Charlotte und Emily. Charlotte nach Abbys Vater Charles. Emily – und Michael hätte das unter Eid geleugnet –, weil er ein glühender Verehrer der britischen Schauspielerin Emily Watson war.
    Als er in ihre kleinen Gesichter und auf die winzigen Finger schaute, schwor er, dass ihnen niemals etwas Böses zustoßen würde. Er würde sein eigenes Leben geben, um sie zu beschützen.
    Michael hatte sich nach dem Mann erkundigt, dem er zehntausend Dollar bezahlt hatte, damit er die Adoption abwickelte. Alle, mit denen Michael sprach, waren sich einig, dass dieser Anwalt der kleinen Leute, der sich auf die Rechtsangelegenheiten von Personen mit russischer und osteuropäischer Abstammung spezialisiert hatte, diskret und vertrauensvoll war. Vor allem unterhielt er offenbar keine Verbindungen zu Kriminellen, die mit illegalen Adoptionen Geschäfte machten. Das dachten sie jedenfalls alle.
    Der Name des Mannes war Viktor Harkov.
    Und jetzt war dieser Mann tot.
    Max Priest erzählte ihm alles, was er wusste. Viktor Harkov war in seinem Büro gefoltert und ermordet worden, und offenbar hatte der Mörder auch eine Reihe von Akten gestohlen. Wenn das der Wahrheit entsprach, würden die Ermittler nach Motiven suchen und die Klientenlisten, die Legalität und Illegalität von Viktor Harkovs Geschäften, seine Akten und seine Vergangenheit unter die Lupe nehmen.
    Sie würden auf Charlotte und Emily stoßen.
    Wenn das passierte und die Ermittler entdeckten, dass die Adoptionspapiere ihrer kleinen Mädchen nicht hundertprozentig in Ordnung waren, dass Gelder geflossen und Dokumente gefälscht worden waren, könnte der Staat ihnen ihre Töchter wegnehmen. Dann wäre für sie das Leben zu Ende.
    Das durfte er nicht zulassen.

    Tommy meldete sich nach dem ersten Klingeln. »Tommy, hier ist Michael.«
    »Hallo, Cugino .«
    »Kannst du reden?«
    Michael hörte, dass Tommy das Büro durchquerte und die Tür schloss. »Was gibt’s?«
    Michael wusste, dass es besser war, am Telefon nicht über alle Details zu sprechen. »Hast du von dem Mord im 114. Revier gehört? Der Anwalt?«
    »Ich hab was gehört«, sagte Tommy. »Aber nichts Genaues. Warum?«
    Michael fühlte sich, als hätte er gerade den ersten Scheitelpunkt der Cyclone-Achterbahn auf Coney Island erreicht, auf der er in seiner Jugend oft gefahren war. »Es war Viktor Harkov.«
    Tommy atmete tief ein und setzte sich an den Computer. Er kannte Harkov beruflich und hatte ihm mehrmals bei Prozessen gegenübergestanden. Er wusste auch, dass Michael mal mit dem Mann zu tun gehabt hatte. »Diese Scheißstadt«, murmelte Tommy. »Woher weißt du das? Es steht seit gerade mal zwei Minuten auf unserer Website.«
    Michael wollte Tommy am Telefon nichts von Max Priests Anruf sagen. »Wer hat den Fall übernommen?«
    »Paul Calderon«, erwiderte Tommy, nachdem er kurz auf die Tastatur getippt hatte.
    »Meinst du, er würde den Fall abgeben?«
    Tommy dachte kurz nach. »Bleib dran.«
    Paul Calderon – das war gut. Als die Staatsanwaltschaft gegen vier Uhr morgens informiert worden war, hatte vermutlich eine »G7« automatisch den Fall übernommen. Diese bestand aus dem stellvertretenden Bezirksstaatsanwalt in Bereitschaft, seinem Assistenten und ihren Mitarbeitern. Der stellvertretende Bezirksstaatsanwalt – in diesem Fall Paul Calderon – war ebenso geweckt worden wie sein Assistent, ein Staatsanwalt im ersten oder zweiten Dienstjahr. Der stellvertretende Bezirksstaatsanwalt übernahm dann zwar die offizielle Leitung des Falls, aber es war sein Assistent, der die Details überprüfte. Er musste sicherstellen, dass das

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