Im Netz des Verbrechens
was sollte das, sie war doch kein Teenager mehr! Oder doch? Auf die nächste SMS musste sie nicht lange warten .
Hast du deine oma angerufen?
20:34 5-APR-12
Das ernüchterte sie irgendwie. Sie wusste gar nicht warum. Was hatte sie anderes erwartet?
Nein. War zu beschäftigt sorgen um dich machen
»Mh?« Pyschka hob den Kopf und blinzelte verschlafen drein, ihr Blick fixierte das blau schimmernde Display, ohne es wirklich wahrzunehmen.
Hastig schob Juna die Hände mit dem Telefon unter die Decke und presste die Schenkel fest zusammen. »Hab ich dich geweckt? Tut mir leid.«
»Wie spät ist es?«
»Halb neun. Man verliert hier vollkommen das Zeitgefühl, nicht wahr?«
»Mh.« Pyschka drehte sich auf den Bauch, quetschte das Kissen hoch und drückte ihre Wange hinein.
Juna wartete. Ihre Freundin hielt die Augen geschlossen, der Mund stand halb offen. Sie erinnerte an eine zerknautschte Blüte. Kein Schnarchen. Sollte sie es trotzdem wagen? Sie hob die Decke etwas an. Ein weiteres Briefumschlagsymbol begrüßte sie vom Display. Sie rutschte etwas höher und stemmte ihren Rücken gegen das Bettende. Wieder das unruhige Kribbeln, dieses Mal war es Vorfreude und keine Ameisen.
Was, du hast den ganzen tag an mich gedacht mon chouchou?
20:37 5-APR-12
Sie grinste und tippte zurück:
Aber ja mon cheri. Besonders ob pawel kauft mir ein kleid für deine beerdigung
Es dauerte ein bisschen, im Simsen war sie nicht geübt, mit einem fremden Handy sowieso nicht. Sie hatte nie viel davon gehalten und rief grundsätzlich an, selbst wenn es um ein ›Ja‹ oder ›Nein‹ ging. Noch einmal las sie die abgeschickte Nachricht durch. Kommas fehlten. Der Satz hörte sich irgendwie nicht richtig an, wenn sie ihn vor sich hinflüsterte. Ach ja, das Verb gehörte nach hinten. Verdammt. Sie nahm sich vor, sorgfältiger zu schreiben. Immerhin hatte sie hier Zeit, die Satzstellung und die Wörter zu überdenken.
Schon war eine neue Nachricht für sie da:
So schnell bin ich nicht unter die erde zu kriegen:) ruf deine oma an
20:40 5-APR-12
Sie lächelte dem Smiley zu. Hatte er gelächelt, während er die Nachricht verfasste? Wenn er es tat, erschienen seine dunklen Augen immer so friedvoll und warm.
Was war mit byk und dir? Als pawel mich weggebracht hat?
Die Oma anrufen – das würde sie auf später vertagen. Wenn sie nicht Gefahr lief, Pyschka aufzuwecken. Das klang doch vernünftig, oder? Vernünftiger jedenfalls, als mit Nick zu simsen und so voller Ungeduld auf seine Antwort zu warten.
Byk lebt ebenfalls noch. Das kleid wirst du auch für ihn nicht zu tragen brauchen. Obwohl ein kleid dir sehr steht, mon chouchou
20:43 5-APR-12
Sie unterdrückte ein Kichern. Wenn es so weiterging, weckte sie Pyschka noch endgültig auf! Und dann – kein Nick. Keine SMS mehr. Nur dieses Kribbeln in ihr.
Der rosa alptraum hat dich sehr beeindruckt wie ich sehe
Abschicken. Sie legte den Kopf in den Nacken und seufzte. Das Dauergrinsen wollte nicht aus ihrem Gesicht weichen. Sie spürte, wie es ihre Lippen spannte, und dachte daran, dass sie ziemlich albern aussehen müsste, wie sie dasaß und die Decke angrinste.
Oh wenn du gesehen hättest, wie beeindruckt ich wirklich war, wäre das extrem peinlich geworden
20:46 5-APR-12
Nun kicherte sie wirklich. Sie konnte einfach nichts dafür. Pyschka murrte etwas und grub die Wange tiefer in das Kissen. Durch den zusammengequetschten Mund entwich ein leises Pfeifen. Bitte, wach jetzt nicht auf, bitte!
Etwas farbe auf deinem gesicht harmoniert bestimmt gut mit diesem kleid
Sie wartete auf ihn. Das Telefon lag still in ihrer Hand. Sie dachte daran, wie sie es unter der Decke fast zwischen ihren Beinen verstecken musste. Sie war versucht, es noch einmal zu tun.
Abgesehen von dir, gibt es nicht vieles, was mit diesem kleid irgendwie harmoniert.
19:50 5-APR-12
Sollte ich lieber ausziehen kleid?
Oh nein, hatte sie es tatsächlich abgeschickt? Nur langsam ließ sie die angehaltene Luft entweichen. Sie. Nackt vor ihm. Kein bisschen Stoff, der störte. Schnell tippte sie hinterher:
Jetzt habe ich farbe auf gesicht
Und wartete. Die Sekunden zogen sich scheinbar endlos in die Länge, dabei war seine Antwort beinahe augenblicklich da:
Bitte verzeih, mon chouchou. Ich wollte dich mit meinen albernheiten nicht in verlegenheit bringen
20:53 5-APR-12
Bloß nicht aufhören jetzt! Seine Worte gaben ihr die Zuversicht, nicht allein zu sein. Schenkten ihr dieses warme Gefühl, bei ihm zu sein.
Weitere Kostenlose Bücher