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Im Niemandsland

Im Niemandsland

Titel: Im Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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den zottigen, schmutzverklebten Haaren des Körpers und der stämmigen Beine heller wurde. Die kleinen, bösartig funkelnden Augen lagen in tiefen, geäderten Höhlen. Heißer Atem drang aus dem Maul und dem herunterhängenden, nach unten gekrümmten Rüssel. Schenkeldicke Seile lagen um die kantigen Schultern und die mächtige Brust des Tieres. An einigen Stellen war das dichte Haarkleid durchgescheuert, und eine graue Lederhaut kam zum Vorschein.
    Vier lange Seile strafften sich entlang dem vorwärts drängenden Körper. Sie waren an einem schmalen, aber langen Floß befestigt. Die Holzstämme, ebenfalls mit Tauwerk umwickelt und zusammengehalten, verschwanden fast unter der Last der langen Steine. Drei ruderartige Bretter tauchten tief ins Wasser ein und hielten das Floß von den Steinen des Ufers ab.
    Mythor kauerte atemlos und völlig starr auf dem Ast. Der federte leicht auf und ab. Die langen dünnen Ästchen tauchten ins Wasser und erzeugten keilförmige Wellen. Mythor blickte über seine Schulter und sah links von sich das Mammut immer näher kommen. Das Floß würde direkt unter ihm vorbeigleiten.
    Ein junger Mann mit starrem Gesicht und großen, glühenden Augen lief neben dem Mammut her. Er hielt eine lange Stange in der Hand, deren hakenbewehrtes Ende im Maul des Tiergiganten steckte. Das Mammut folgte dem Dämonenpriester-Novizen gehorsam wie ein Hündchen. Ganz langsam hob der junge Krieger die zusammengerollten Decken und die Satteltaschen von der Astgabel und hängte sich die breiten Riemen über die Schulter. Die schweren Tritte des Mammuts übertönten jedes Geräusch.
    Das Tier und der Novize, der zweifellos das Mammut gleichermaßen mit Schwarzer Magie und mit seinem Hakenstock vorwärts trieb und dirigierte, kamen dicht am Baumstamm vorbei.
    Mythor blickte nach unten. Von den Schultern und dem Rücken des Mammuts, das eine betäubende Wolke von Gestank bis zu Mythors Hochsitz schickte, gingen die Taue schräg abwärts. Mythor kletterte nach rechts und spürte, wie sich der Ast unter seinem Gewicht tiefer hinunterbog. Das Rauschen und Plätschern wurde lauter. Mythor hoffte, dass ihn das Floß dorthin bringen würde, wo sein nächstes Ziel lag. Er fasste hinauf und packte den nächsthöheren Ast, ließ sich fallen und merkte, wie die Zweige und Äste nach oben schnellten.
    Er landete auf einem Stapel kantiger Steine. Sein Bündel schlug ihm schwer ins Genick. Er kletterte im Inneren des Stapels bis auf den nassen Boden und kauerte sich hin. Er wartete und rührte sich nicht, aber das kaum merkliche Schwanken des fast überladenen Floßes entging dem Novizen.
    »Ich werde doch nicht etwa Glück gehabt haben?« murmelte Mythor und setzte sich, da zwischen den Stämmen Wasser hochsprudelte, auf die Satteltaschen. Er lehnte sich an die scharfkantigen Steine und atmete tief durch.
    Das Mammut machte etwa hundert krachende Schritte. Das Floß glitt ruhig dahin, schwankte ein wenig, beruhigte sich wieder. Es war nur eines von vielen, die im flachen Wasser des Flusses aufwärts gezogen wurden und eine riesige Menge dieser Steinsäulen transportierten.
    »Zu faul zum Laufen?« fragte eine männliche Stimme sarkastisch hinter ihm. Sofort griff Mythor zum Schwert und richtete sich halb auf.
    »Keine Aufregung!« sagte die Stimme. Ein kurzes Lachen ertönte.
    Mythor spähte durch die Zwischenräume des Steinstapels und erkannte einen Mann mit bronzefarbener Haut und einem breiten Brustkorb. Der Mann, der auf einem Langstein hockte, grinste Mythor breit an und sagte: »Ich bin Arruf, ein Arbeitssklave in misslicher Lage. Ich sehe, du bist kein Caer! Lass dein Schwert stecken. Wir können uns bestenfalls mit einem toten Fisch prügeln.«
    »Ich bin Mythor«, sagte der Sohn des Kometen. »Wie kommst du auf dieses Floß?«
    »So ähnlich wie du. Ich bin in der Nacht des wahnsinnigen Mammuts zwischen die Steine geflüchtet.«
    Arruf verzog sein ebenmäßiges Gesicht zu einem Lächeln von überwältigender Herzlichkeit. Langsam stand er auf und trat zwei Schritte näher. Sein Körper befand sich unmittelbar vor den Steinbrocken. Er war mindestens so groß wie Mythor, eher größer. Eine Handbreit mehr als sechs Fuß, schätzte Mythor. Die Haut des Mannes war auffallend makellos. Seine braunen Augen zwinkerten unverschämt.
    »Was hast du vor?« fragte Mythor unsicher. Sein stets waches Misstrauen schwand ein wenig.
    »Das ist schwer zu erklären«, war die Antwort. »Die Umstände sind ungünstig und stimmen den

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