Im Paradies der Suende
ihren Körper, als sie ins Haus zurückging. Lou folgte ihr. An dem großen Tisch saß einer der Lakaien - Ivan, wenn sie sich richtig erinnerte. Er rauchte und las eine Zeitung.
„Raus mit dir!“, befahl Viv.
„Krieg ich keine Tasse Tee mehr?“
„Nein, verdammt, hau ab!“
„Okay“, murmelte der Junge. Er schien nicht sonderlich gekränkt zu sein. „Bye.“
„Es ist immer ein Fehler, sie über Nacht hier zu behalten. Selbst wenn sie Riesenschwänze haben.“ Viv stellte den Wasserkocher an. „Werfen Sie das Kleid einfach in den Wäschekorb. Falls ich mich selber loben darf - es sah märchenhaft aus.“
Lou erklärte, dass sie ihre Reisetasche brauchte.
„Natürlich“, murmelte Viv. „Ich mache nur Tee, dann gehe ich wieder ins Bett, wenn Sie nichts dagegen haben. Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie wollen.“
Lou dankte ihr und ließ sich in den Lagerraum führen. Dort wurde das Gepäck der Gäste in Drahtverschlägen mit Vorhängeschlössern aufgehoben. Nachdem Viv ihr die Zahlenkombination gesagt hatte, verschwand sie gähnend im Schlafzimmer.
Lou Reisetasche hatte ihrem Mann gehört. Eigentlich war sie ziemlich unpraktisch. Das Leder war zu schwer, sie hatte keine Räder, und jetzt entdeckte Lou auch noch einen neuen Riss im Futter.
Weil es im Lager zu dunkel war, um etwas zu finden, trug sie die Tasche in die Küche. Dummerweise war ihr Notizbuch klein und schwarz und darum schwer zu entdecken. Ihre Hand stieß gegen etwas, das im Futter steckte. Es war ein Bündel Papier, um ein Rechteck gewickelt, das der Größe nach ihr Notizbuch sein musste. Als sie die Blätter herausholte, sah sie, dass es sich um E-Mails handelte.
Oh Julian, E-Mails muss man nicht ausdrucken. Ist unser Haus nicht schon voll genug mit deinen Kopien, Notizen und Listen, die mir alle nichts nützen?
Zunächst dachte sie, es wären gar nicht seine Mails. Denn das Blatt, das sie zuerst auffaltete, war an ein E-Mail-Konto adressiert, das sie nicht kannte. Es war nicht der College-Account, den er immer benutzt hatte. Sie wollte das Papier gerade wegwerfen, als sie seinen Namen las.
Julian, ich kann es nicht erwarten, dich wiederzusehen. Ich liege hier, denke an dich und daran, wie sehr ich dich liebe …
Ein Liebesbrief. Sie las einen Liebesbrief an ihren Ehemann. Lou überflog die anderen Mails, ebenso seine leidenschaftlichen Antworten. Ungläubig studierte sie die Daten. Diese Korrespondenz hatte in dem Semester nach ihrer Hochzeit begonnen. Mit Julians Mail an eine Christine, in der er sie auf dem Campus willkommen hieß und ihr dankte, weil sie seinen Terminplaner gefunden hatte.
Christine .
Kannte Lou diese Frau? Sie erinnerte sich an keine Christine, die ihr auf dem Campus begegnet war.
Etwa eine Woche nach dieser ersten Mail hatte er angefangen, die andere, neue Adresse zu benutzen. Die beiden hatten vereinbart, wo sie sich treffen konnten. Zu manchen Mails gehörten Anlagen, glücklicherweise nicht mit ausgedruckt. Aber Christine erwähnte Fotos, die sie mit ihrem Handy aufgenommen hatte, offenbar in eindeutigen Situationen. Auf eine dieser Mails hatte er geantwortet: Du erregst mich so sehr. Ich habe meiner Frau gesagt, die Komiteesitzungen würden immer noch am Mittwochabend stattfinden. Am üblichen Ort? Ich kann es kaum erwarten .
Verlogener Mistkerl. Nur zu gut erinnerte Lou sich an die Sitzungen an den Mittwochabenden. Aber sie dachte auch an den Sex mit Julian, der liebevoll, einfallsreich, wild gewesen war. Und die ganze Zeit hatte er …
Sie las weiter. Noch mehr Treffen, Fotos, Anspielungen auf hemmungslosen Sex. In seinem Wagen am Straßenrand, in seinem Büro, überall hatten sie es getrieben.
Christines kurze Nachrichten waren voller Abkürzungen, Ausrufezeichen und sexueller Anspielungen. F*ck m*ch und k*mm . Als wären vollständige Wörter zu anspruchsvoll für ihr Smartphone oder ihren Intellekt gewesen. Immer wieder schrieb sie, sie habe vergessen, Unterwäsche anzuziehen. Ihre Rechtschreibung war grauenhaft, ihre Grammatik noch schlimmer.
Sex im Stehen, auf Julians Schreibtisch, in Christines Wohnheim.
In ihrem Wohnheim ?
Also war sie eine Studentin. Kein Wunder, dass Studentinnen so oft in Julians erotischen Fantasien auftauchten. Plötzlich wurde Lou von Schuldgefühlen erfasst, weil sie ihn auch noch dazu ermutigt hatte, sie auszuleben. Als sie an ihre schmutzigen Rollenspielchen dachte, zitterte sie vor Entsetzen.
Obwohl du nicht meine Studentin bist , hatte Julian dem
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