Im Paradies der Suende
es war Di, die Zofe. Sie trug einen großen Erste-Hilfe-Kasten unter dem Arm.
„Gleich wird‘s Ihnen besser gehen, Sir, ich habe einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht“, sagte sie und hielt ein Fläschchen unter seine Nase. Er begann zu husten und nach Luft zu schnappen.
„Was zum Geier ist das?“
„Riechsalz, Sir. Sie sehen ziemlich blass aus.“
„Jetzt fühle ich mich erst richtig blass.“
„Tut mir leid, Mr Salazar. Hier, nehmen Sie dieses Kühlkissen. Das sollten Sie auf Ihre Augen legen. Aber vorher…“ Di wühlte in ihrem Kasten und zog ein Plastikpäckchen hervor, riss es auf und strich den Inhalt auf Macs Braue.
„Scheiße!“ Das brannte wie die Hölle.
„Sorry, das ist ein Desinfektionsmittel.“
„Kann ich helfen?“ Jetzt war auch noch Rob aufgetaucht. Klar, der Trainingsplatz lag direkt vor den Küchenräumen. Wahrscheinlich hatte das gesamte Personal seinen Knockout beobachtet.
Mac wandte sich ab, zog die Boxhandschuhe aus und griff nach seinem Hemd, das über einem Zaun hing. „Danke für Ihre Fürsorge“, sagte er etwas zu laut. Er klang wie ein Gentleman, der mit einem Untergebenen sprach. „Mir geht es gut.“ Er zog das Hemd über den Kopf. Auf seinem Rücken spürte er Schürfwunden. Offenbar war er in ein paar Steine gefallen. Er drückte das Kühlkissen wieder gegen seine Stirn und ging Richtung Haus.
„Wohin wollen Sie, Mr Salazar?“, fragte Billy.
„Für heute habe ich genug - verdammt noch mal!“, fügte Mac zur Bekräftigung hinzu.
„Mr Salazar!“
Da es nicht Billy war, der nach ihm rief, drehte er sich um. Ein Lakai eilte heran und hielt ihm ein kleines Silbertablett hin. Darauf lag ein zusammengefaltetes, versiegeltes Stück Papier.
„Danke.“ Mac nickte dem Mann zu und steckte die Nachricht ein. Die wollte er erst lesen, wenn er außer Sichtweite der anderen war. Um drei Uhr - in fünfzehn Minuten - hatte er einen Massagetermin. Eine angenehme Art und Weise, sich die Zeit bis zum Dinner zu vertreiben. Genau das, was er heute brauchte.
Lou besaß die Fähigkeit, sein Innerstes nach außen zu kehren, ihn ständig zu verwirren, und das missfiel ihm. Er sollte sie vergessen und sich amüsieren. Es gab hier schließlich unzählige Möglichkeiten, Spaß zu haben - und viele Frauen, die ihn bereitwillig mit ihm teilen würden. Außerdem musste er nicht über allzu viel hinwegkommen, oder?
Immerhin hatte sie ihn wie eine Art therapeutische Fickmaschine benutzt und ihm danach erklärt, sie würde seine Dienste nicht mehr benötigen. Dabei hatte dieser Tag so erfreulich begonnen. Er hatte Lous Schlaf beobachtet und sich ein erotisches Rendezvous im Badehaus ausgemalt. Peinlich berührt erinnerte er sich an den Zettel, den er auf ihren Tisch gelegt hatte.
Er hatte sich darauf gefreut, nackt mit ihr in den Pool zu steigen. Er hätte ihr erlaubt, seinen Körper auf jede erdenkliche Weise zu benutzen. Hätte er geahnt, dass sie Schluss machen wollte, wäre er ihr zuvorgekommen. Natürlich erst danach . Aber für sie wäre das vielleicht gar kein Schock gewesen. Sie war ja immer so cool. Vermutlich hätte sie nur mit ihren knochigen Schultern gezuckt und geantwortet, das sei ein sehr vernünftiger Entschluss. Nein, es hätte für ihn wohl keinen Weg gegeben, sich elegant aus der Affäre zu ziehen. Egal, wie er vorgegangen wäre, er hätte sich immer wie ein Idiot gefühlt - und auch wie ein Idiot ausgesehen. Aber jetzt war es vorbei, noch ehe es richtig begonnen hatte.
Vielleicht war es doch ganz gut, dass sie Schluss gemacht hatte. Er war schließlich ein Regency-Gentleman und musste eine Dame stets mit Respekt behandeln - auch wenn er sie halb bewusstlos gefickt hatte.
Auf dem Weg zum Spa merkte er, dass er die Hände zu Fäusten geballt hatte und obszöne Flüche vor sich hin murmelte. Sicher würde eine gute Massage die Verspannung in seinen Schultern lockern. Er nahm das Kühlkissen von der Stirn und betastete vorsichtig seine Augenbraue. Glücklicherweise blutete sie nicht mehr.
Als er durch die Tür trat, war er wieder im 21. Jahrhundert. Chris und Peter hatten diesen Wellness-Bereich eingerichtet, um moderne Frauen nach „Paradise Hall“ zu locken. Doch Vergangenheit und Gegenwart passten nicht wirklich zusammen. Die Empfangsdame - oder wie immer man sie nennen mochte - trug ein langes, bunt bedrucktes Kleid, eine Schürze und ein Häubchen. Sie checkte seinen Termin in ihrem Laptop und schlug ihm dann in höflichem, kultiviertem Englisch vor, erst einmal
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