Im Profil des Todes
sehe ich es auch. «
Dieser Scheißkerl. »Ich soll leiden, als würde ich meine Tochter noch einmal verlieren.« Sie ballte die Hände zu Fäusten. »Er will Bonnie noch einmal töten.«
»Und deshalb solltest du dich von Jane MacGuire
fern halten. Du entwickelst schon jetzt eine Beziehung zu ihr, ohne sie überhaupt zu kennen. «
» Ich kann meine Distanz wahren.«
»Natürlich.«
» So schwer wird es nicht sein, schon gar nicht, wenn sie so ist, wie ich in dem Alter war. Ich war nicht gerade zugänglich. «
»Ich hätte einen Zugang zu dir gesucht.«
»Und ich hätte dir ins Gesicht gespuckt.«
»Du solltest sie nicht kennen lernen.« »Ich
muss.«
»Ich weiß«, erwiderte Joe grimmig. »Er hat dir keinen Ausweg gelassen. «
Keinen Ausweg.
Natürlich gab es einen Ausweg. Sie hatte einen Weg aus diesem Viertel gefunden. Sie hatte einen Weg gefunden weiterzuleben, nachdem Bonnie ermordet worden war. Sie würde sich von diesem Kerl nicht in die Falle locken lassen. Joe irrte sich. Sie liebte Kinder, aber sie war kein sentimentales Seelchen. Sie war in der Lage, Jane MacGuire des Leben zu retten und dieses Ungeheuer zu besiegen. Sie musste lediglich zu diesem kleinen Mädchen, das sie nicht einmal kannte, Distanz wahren.
Aber Dom würde keine Distanz zu Jane wahren. Sein Schatten lag bereits bedrohlich über ihr.
Sie durfte nicht darüber nachdenken. Am nächsten
Tag würden sie und Joe mit Fay Sugarton sprechen.
Bis dahin wurde Jane MacGuire bewacht und schlief friedlich.
Das kleine Mädchen würde heute Nacht in Sicherheit sein.
Hoffentlich.
»Ich hab dich gesucht, Mike. Du solltest doch in die Gasse hinter der Mission gehen.« Jane setzte sich ne ben den Pappkarton. »Hier ist es nicht gut.«
»Mir gefällt's«, erwiderte Mike. »Wo
Leute sind, ist es sicherer.«
»Hier bin ich aber nicht so weit weg von zu Hause.«
Mike griff begierig nach der Papiertüte, die sie ihm hinhielt. »Hamburger?«
»Spagetti. «
»Hamburger mag ich lieber.«
»Ich muss nehmen, was ich kriege.« Was sie stehlen konnte, genau genommen. Aber richtig stehlen war es nun auch wieder nicht. Der Besitzer vom Cusanelli's gab die Essensreste an »Essen auf Rädern« oder an die Heilsarmee, statt sie wegzuwerfen. »Nun iss schon und dann geh zur Mission. «
Hastig schlang er die Spagetti hinunter. »Warum bist du so spät gekommen? «
»Ich musste warten, bis das Restaurant zumacht.« Sie stand auf. »Ich muss nach Hause. «
»Jetzt schon?« Er war enttäuscht.
»Wenn du zur Mission gegangen wärst, hätte ich
länger bei dir bleiben können, aber jetzt ist es zu spät geworden. «
»Du hast doch gesagt, Fay hat einen festen Schlaf und wacht nicht auf. «
»Ich muss durchs Küchenfenster klettern und Chang und Raoul haben das Zimmer gleich neben der Küche.
«
»Hoffentlich kriegst du keinen Ärger. «
Aber er war einsam und wollte, dass sie blieb. Sie seufzte und setzte sich wieder hin. »Aber nur bis du fertig gegessen hast.« Sie lehnte sich gegen die
Mauer. »Du musst rüber zur Mission gehen. Es ist
nicht gut, allein zu sein. Hier wimmelt es von
schmierigen Typen, die dir was tun könnten. «
»Ich renn immer weg, wie du es mir gesagt hast.«
»Aber hier hört dich niemand, wenn du um Hilfe rufst. «
» Quatsch. Ich hab keine Angst. «
Sie wusste, dass er es nicht begreifen würde. Angst hatte er nur, wenn sein Vater da war. Überall war es sicherer als zu Hause. Wahrscheinlich würde heute
Nacht nichts passieren, sie hatte den Widerling schon seit Tagen nicht mehr gesehen. »Wie lange bleibt dein Vater denn immer, wenn er nach Hause kommt?«
»Eine Woche, vielleicht auch zwei.«
»Eine Woche ist doch schon um. Vielleicht ist er ja wieder weg. «
Mike schüttelte den Kopf. »Gestern nach der Schule war ich da. Er saß mit meiner Mutter auf der Veranda, aber er hat mich nicht gesehen. «
»Und deine Mom?«
»Ich glaub schon, aber sie hat schnell weggekuckt.« Er starrte auf die Spagetti. »Sie kann nichts dafür. Sie hat genauso Angst. «
»Ja. «
»Es wird alles gut, wenn er erst wieder weg ist.«
Nichts würde gut werden. Mikes Mom ging auf der
Peachtree Street auf den Strich und sie war mehr unterwegs als zu Hause, und dennoch nahm er sie in
Schutz. Jane war immer wieder überrascht, dass Kinder ihre Eltern niemals so sahen, wie sie wirklich waren. »Bist du fertig mit den Spagetti?«
»Noch nicht ganz. «
Er wollte nicht aufessen, damit sie noch nicht gehen konnte.
»Erzähl mir
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