Im Rachen des Alligators
Herd ab und schaute aus dem Fenster. Er hatte einen Garten mit einer kleinen Terrasse, zwei Stühlen und einem rostigen schmiedeeisernen Tisch mit Glasplatte. Der Garten verfinsterte sich gerade, der Wind fuhr in das raschelnde Espenlaub und ließ die graue Unterseite der Blätter aufscheinen, dann sah man wieder das saubergewaschene Grün, bis der nächste Windstoß kam.
Es goss jetzt in Strömen, der Regen trommelte auf die metallene Mülltonne, spritzte wie Gischt von den Betonplatten der Terrasse hoch, prallte von der Armlehne des Plastikstuhls ab. Kevin packte die Wurst aus, entfernte die Wachsschale und legte die Scheiben einzeln in die brutzelnde Margarine.
Frank sah ein, dass er unmöglich gehen konnte, solange es so heftig regnete und die Pommes Frites und die Wurst noch nicht fertig waren, also beschloss er, das Geld zu nehmen.
Er brauchte das Geld, er würde es nehmen.
Er war wütend auf Kevin, weil durch ihn das Geld so eine Bedeutung bekam und weil er so viel verdiente, dass er ihm überhaupt etwas leihen konnte.
Ich habe gehört, deine Mutter ist gestorben, Frank, sagte Kevin.
Ich habe noch ihre Asche, sagte Frank. Er hatte keine Ahnung, was ihn dazu bewegte, so etwas zuzugeben.
Die Pommes sind genau richtig, sagte Kevin und schöpfte sie mit einem Schaumlöffel aus dem Topf. Er stellte einen Salzstreuer und Ketchup auf den Tisch. Dann nahm er die Senfgurken aus dem Kühlschrank. Er stellte Frank einen Teller mit einem Berg Pommes Frites und einer Scheibe Wurst hin, und Frank begann zu essen.
Meine Freundin ist im Frühling gegangen, sagte Kevin. Er zerteilte die Wurst mit der Gabel, wendete die Stücke in Ketchup und schob sie sich in den Mund. Er stieß die Gabel in seine Pommes, bis nichts mehr auf die Zinken passte, und aß seinen Teller in weniger als drei Minuten leer.
Dann kippte er auf seinem Stuhl zurück und stellte den Teller hinter sich ins Spülbecken.
Ich brauche tausend Dollar, sagte Frank.
Kevin
Kevin senkte den Stuhl wieder auf den Boden und fuhr sich mit beiden Händen über die Oberschenkel. Er stand auf und zog ein dickes Portemonnaie aus der Gesäßtasche. Es war mit einer ausziehbaren Schnur an seiner Jeans befestigt, und er nahm mehrere Scheine heraus und legte sie vor Frank auf den Tisch. Dann steckte er das Portemonnaie wieder ein, und Frank hörte, wie die Schnur zurücksurrte.
Kevin setzte sich wieder, riss ein Stück Küchenkrepp von der Rolle, die auf dem Tisch stand, und wischte sich den Mund ab. Er faltete das Stück Krepp, rieb sich sorgfältig die Mundwinkel sauber, faltete es ein weiteres Mal, tupfte sich sanft die Lippen ab und starrte geradeaus, aus dem Fenster.
Als die meiner Mutter gesagt haben, dass sie nicht erziehungsfähig ist, hat sie gegrinst, Frank, sagte Kevin. Richtig blöd gegrinst.
Er schob das gefaltete Stück Küchenkrepp unter die Ketchupflasche. Er dachte an einen Nachmittag zurück, an dem er und seine Mutter zu Fuß aus der Stadt gekommen waren und eine Parade an ihnen vorbeigezog. Es waren Kadetten, die den Long’s Hill herunterkamen. Erst die älteren Männer, den Blick geradeaus gerichtet, die Lippen in dem grimmigen Versprechen aufeinandergepresst, niemals woandershin als geradeaus zu blicken, denn damit stand und fiel alles. Sie hatten sich bereit erklärt, geradeaus zu blicken, und auf ihr Wort war Verlass.
Sie trugen schwarze Hosen mit einem roten Längsstreifen am Bein und Jacken mit Messingknöpfen, und der Mann, der vorausging, hatte eine hohe Pelzmütze auf. Er hielt ein Zepter vor seiner Brust, und in dem silbernen Knauf spiegelte sich die Sonne, sodass er leuchtete wie eine Glühbirne. Weiter oben, auf dem Hügel bei The Kirk, trat ein Dudelsackspieler im Kilt zwischen ein paar Erlen hervor und begann auf der Kuppe zu spielen.
Die Musik schwoll an, trug vom Hügel bis zum Hafen und vibrierte in Kevins Brust. Es waren auch einige Frauen dabei, die das Haar unter ihrem Schiffchen zum festen Knoten geschlungen trugen, und auch sie blickten, wie die Männer, stur geradeaus. Dann folgten jüngere Kadetten, deren blaue Nylonuniformen hörbar raschelten, als sie vorbeimarschierten und dabei im Gleichtakt die Arme schwangen, das Sonnenlicht auf ihren blank gewienerten Schuhen, er sah ihnen nach auf ihrem Weg bis ans Ende von Long’s Hill, und seine Mutter schwang ihn in die Luft und küsste sein Gesicht ab. Sie küsste ihn so heftig, dass ihm die Luft wegblieb.
Dann rang sie ihn zu Boden und stemmte ihm das Knie auf die
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