Im Rachen des Alligators

Titel: Im Rachen des Alligators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Moore

Vom Netzwerk:

alles enthalten.

Colleen
    Ich hab mir die Bettwäsche angeschaut, sie war sauber, aber es hing ein muffiger Geruch darin. Die Tür war klapperig, aber abschließbar. In der Halterung über dem Waschbecken hing eine einzelne Zahnbürste, deren Borsten steif und von Zahncreme verkrustet waren. Ich roch daran, und sie roch nach Zahncreme. Ich fuhr mit dem Daumen über die Borsten, und die angetrocknete Zahncreme stäubte hoch. Ich öffnete das Arzneischränkchen und fand eine Tube Zahncreme, Zahnseide und ein Fläschchen Aspirin.
    Ich hörte, wie er zum Haus zurückging und wie die Fliegentür zuschlug.
    Ich putzte mir die Zähne, schraubte den Deckel wieder auf die Zahncreme, legte sie in das Schränkchen zurück und machte es zu. Dann stand ich da und betrachtete mich im Spiegel.
    Wenn man sich lange anschaut, ohne zu blinzeln, beginnt sich die Form des Gesichts zu verändern. Ich schaute mich auf diese Weise an und merkte, dass ich vor der Tour durch den Sumpf am nächsten Tag Angst hatte, und ich blinzelte heftig. Dann schaute ich mich wieder einfach nur an, und etwas Schwarzes, Schnelles rann mir aus der Nase auf die Lippen, es war Blut.
    Ich versuchte den Kopf in den Nacken zu legen, aber da schmeckte ich es.
    Nach einer Weile hörte das Nasenbluten auf, und ich lag lange wach, zwar waren die Geräusche aus dem Sumpf nicht mehr ganz so beängstigend, aber ich war hellwach.
    Sein Gesicht war zerfetzt worden, die Haut lag in Lappen übereinander, und ein Netz von Falten überzog Gesicht und Schädel. Er war fast kahl, und ich konnte sehen, an welchen Stellen die Zähne seinen Schädel durchbohrt hatten. Seine Hände zitterten unablässig, er hätte sein Bier fast verschüttet. Beim Essen gab es einen Moment, vielleicht eine halbe Minute, wo er ins Leere starrte und mich gar nicht zu hören schien.
    Er hat ein Gehege für die Alligatoren, durch das führen Stege, auf denen die Touristen für fünf Dollar herumlaufen dürfen, das Gehege ist von einem Maschendrahtzaun umgeben, und es sind mehr als hundert Tiere darin.
    Erst sieht man sie gar nicht, und dann plötzlich sieht man sie doch. Man sieht sie am Ufer und wenn ein schmaler Streifen ihres Rückens durch die Wasseroberfläche bricht, wie schwimmende Baumstämme sehen sie aus inmitten der grünen Algen. Die Algen leuchten, und es riecht dumpfig, und die Tiere rühren sich nicht, aber wenn sie sich bewegen, dann blitzschnell. Sie schlagen mit dem Schwanz, richtige Monster sind das.
    Ich habe mich vor den Zaun gekniet und einem riesigen Alligator, der ganz nah am Zaun lag, in die Augen geguckt. Der Alligator rührte sich ewig nicht. In seinem Auge konnte ich mich knien sehen, ich war winzig und sah zerbrechlich aus, wie in einem langen samtenen Tunnel, aus dem ich nie mehr herauskommen würde. Dann drehte sich das Tier um und watschelte über den festgebackenen, rissigen Schlamm und die Algen. Mit trägen, kraftvollen Bewegungen schwang es seinen Schwanz hin und her. Dann ließ es sich ins Wasser sinken und glitt davon. Er sagte, ich solle die Finger aus dem Maschendraht nehmen.

Frank
    Vier Jungs auf Skateboards schienen einen Moment lang auf einem Hügelkamm in der Gower Street zu schweben, dann nahmen sie Fahrt auf.
    Sie ließen die Arme hängen, trugen Baggy Pants und leuchtende Hockeytrikots. Während sie den Hang hinunterfuhren, war ein lauter werdendes Dröhnen zu hören, und kurz bevor sie in einen entgegenkommenden Kühllaster knallten, auf dessen Aufbau für Fleisch geworben wurde, sprangen sie alle vier ab, die Skateboards landeten mit einem Schwung in ihren Händen, und es war, als hätten sie nie darauf gestanden.
    Sie warteten am Bordstein auf eine Lücke im Verkehr, dann schlenderten sie über die Straße, und einer der Jungs rief Frank etwas nach. Blitze zuckten, und in der Ferne donnerte es.
    Auf der anderen Straßenseite ließen die Jungs die Skateboards klappernd wieder zu Boden und stiegen auf. Ihre Körper senkten und hoben sich dreimal, als sie Schwung holten, dann fuhren sie in gemächlichen Schlangenlinien hintereinander zur Ecke Prescott Street, bogen ab und verschwanden.
    Kevin Nolan lehnte am Türrahmen und zog heftig an einer Zigarette. Frank erkannte mit einer eigenartigen Klarheit, die durch das vermehrte Ozon in der Luft befördert zu werden schien, dass er Kevin um das Geld, das er brauchte, bitten und dass Kevin es ihm geben würde.
    Es bedeutete, dass er vielleicht eine Stunde lang Kevins Gegenwart ertragen und ihn dann