Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Rachen des Alligators

Im Rachen des Alligators

Titel: Im Rachen des Alligators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Moore
Vom Netzwerk:
ein klickendes Geräusch, wie von der Mechanik eines Kombinationsschlosses, wenn Nuten, Zapfen und Ringe ineinandergreifen. Winzige Kiefer, die unablässig mahlten und alles zerstören. Sie sei Schauspielerin, hatte sie ihm gesagt, was bedeute, dass sie die Kunst beherrsche, in ein Kameraobjektiv zu schauen, als handelte es sich dabei um einen anderen Menschen.
    Das ist doch keine Kunst, hatte er gesagt.
    Fühlende Wesen, hatte sie geflüstert, während sie ins Geäst ihrer Bäume hinaufschaute.
    Er würde ihr Haus niederbrennen, Isobel Turners Haus, und wenn sie die Versicherungssumme erhielt, würde er ihr den größten Teil davon abnehmen.
    Valentin fragte, wie hoch die Versicherungssumme sei, und sie sagte: 82 000 Dollar. Sie antwortete ihm, ohne sich dessen bewusst zu sein, ganz in das Schreiben vertieft.
    82 000 Dollar waren eindeutig der richtige Betrag. Er würde keinen weiteren Winter mehr in St. John’s verbringen. Er war seit über einem Jahr in Neufundland, und er hasste die Insel, wie er noch nie einen Ort gehasst hatte.
    Er sagte Isobel Turner, was er tun würde, versprach ihr einen Anteil und drohte, sie umzubringen.
    Du kennst sicher irgendjemanden, den du übers Wochenende besuchen kannst, hatte er gesagt.
    In dieser Woche war er mehrmals vorbeigekommen, um ihr das alles wieder und wieder zu sagen, mal schmeichelnd, mal drohend, und eines Abends wandte sie ihm den Rücken zu, nahm ein Fläschchen mit Pillen aus dem Schrank und kippte sie sich in die gewölbte Hand, während das Wasser lief, und er sah, dass es zu viele waren, und schlug gegen ihre Hand, sodass die Pillen sich hüpfend über den Boden verteilten, worauf sie kaum merklich zusammensackte.
    Er nahm sie in die Arme, und sie stand reglos da, nur ihre Schultern hoben und senkten sich ganz leicht, und er spürte, dass sein Hemd vorne nass wurde. Er konnte es kaum fassen, wie sehr ihr Weinen ihn rührte. Fast hätte er selbst geweint.
    Stattdessen langte er zur Wand hinüber und schaltete das Licht aus. Er begann sie zu küssen, und sie erwiderte seinen Kuss, sie liebten sich auf dem Küchenboden, und Isobel kam mehrmals, sie war schlüpfrig vom Schweiß und fühlte sich sehr stark in seinen Armen.
    Als er vom Küchenboden aufstand, hafteten kleine Körnchen an seinen Knien und Ellbogen, vielleicht vertrocknete Brotkrümel, und er wischte sie weg, er hatte ganz wackelige Beine, doch innerlich fühlte er sich erfrischt. Er half ihr auf die Füße. Sie hob ihre Kleider auf, presste sie an die Brust und ging hinaus, und er konnte ihre nackten Füße auf der Treppe hören, zählte ihre Schritte.
    Er hatte das Gefühl, durch den Sex zu gedanklicher Klarheit gefunden zu haben. Er beschloss, dass Isobel Turner ebenfalls von dem Brand profitieren sollte. Als Geste seines guten Willens würde er sie – weil sie eine so profunde Liebhaberin war – aus dieser hermetischen Benebelung, in der sie gefangen war, befreien und ihr Starthilfe für ein Geschäft geben. Sie könnte zum Beispiel irgendwelche Luxusartikel verkaufen. Er war sich sicher, dass sie die Fähigkeit besaß, ältere Frauen zu überreden, eine Menge Geld für Sachen auszugeben, die sie eigentlich nicht brauchten. Das war eine wirkliche Kunst.
    Er merkte, dass das Wasser noch lief. Sie hatte es aufgedreht, damit sie die Pillen schlucken konnte, die er ihr aus der Hand geschlagen hatte. Sie hatte einen Finger unter dem Wasserstrahl hin und her bewegt und gewartet, bis es kalt war, und dann die Pillen aus dem Fläschchen gekippt. Eine ganze Handvoll, was immer es auch gewesen war.
    Er drehte das Wasser ab und dachte an die enorme Hitze, die ihr Körper ausgestrahlt hatte, heiß wie ein Ofen war sie gewesen, dachte daran, wie der frische Schweißfilm auf ihrer Brust im Licht der Straßenlampe, das durchs Küchenfenster hereinfiel, geglänzt und wie sie ihn mit ihren Oberschenkeln fest umklammert hatte und nach jedem Orgasmus erschauert war, und wie er ihren Augapfel als feine silberne Linie unter ihren Wimpern hatte hervorschimmern sehen – er begriff, dass das alles damit zusammenhing, dass sie fast diese Pillen geschluckt hätte. Sie hatte ihn mit einer Hand am Arsch gefasst, ihre Fingernägel hineingekrallt, während die andere Hand mit einem leisen Quietschen über die kalten Fliesen des Küchenbodens rutschte.
    Als Valentin das Wasser abdrehte, wurde es still in der Küche, und er hörte Isobel oben zwar nicht mehr herumlaufen, wusste aber, dass sie noch wach war. Er wusste, dass sie

Weitere Kostenlose Bücher