Im Rausch der Freiheit
eine ihrer Benefizveranstaltungen gewinnen wollte. Als ihr ausgerichtet wurde, Mrs Master wolle sie ebenfalls sprechen, konnte sie sich keinen Grund dafür vorstellen.
Als sie eintrat, saßen die beiden ganz zwanglos nebeneinander auf dem Sofa.
»Nun, liebe Mary«, erklärte Mrs Master mit einem Lächeln, »wir brauchen deine Hilfe.«
»Ja, Mrs Master«, sagte Mary. Was konnte sie nur wollen?
»Wir kennen uns seit vielen Jahren, Mary«, fuhr Mrs Master fort, »und jetzt möchte ich dich bitten, vollkommen ehrlich zu mir zu sein und außerdem ein Geheimnis für dich zu behalten. Würdest du das für mich tun? Würdest du es mir versprechen?«
Nach fünfunddreißig Jahren Güte?
»Ja, Mrs Master, ich verspreche es.«
»Nun dann. Ich mache mir Sorgen wegen meines Mannes. Ebenso Miss de Chantal. Miss de Chantal ist eine liebe Freundin meines Mannes.« Sie lächelte Lily zu. »Wir machen uns beide um ihn Sorgen, Mary, und wir glauben, dass du vielleicht helfen könntest.«
Mary starrte sie an. Was sagte sie da? Wie viel wusste sie?
»Wie du weißt, Mary, hat dein Bruder Sean seit vielen Jahren geschäftlich mit meinem Mann zu tun. Und wie Miss de Chantal mir mitteilte, ist dein Bruder auch mit ihr bekannt. Was wir jetzt wissen müssen: Hat dein Bruder je über Miss de Chantal gesprochen?«
»Über Miss de Chantal?«
»Ja. Als eine Freundin meines Mannes?«
»Also …« Trotz ihres Versprechens war Mary drauf und dran zu lügen. Nur dass sie errötete. Und Mrs Master sah das.
»Es ist schon gut, Mary«, sagte Hetty Master. »Ich weiß es seit zwanzig Jahren. Wie lange weißt du es schon?«
»Seit zehn«, sagte Mary verlegen.
»Sean hat es dir erzählt?«
Mary nickte. Er hatte es lange für sich behalten, das musste man ihm schon lassen, aber es am Ende doch erzählt.
»Gut«, sagte Mrs Master, »das könnte von Nutzen sein. Und hat er dir auch von Miss Donna Clipp erzählt?«
»Miss Clipp?« Mary zögerte. »Der Name sagt mir nichts.« Das war die Wahrheit. Zwei Wochen zuvor hatte Sean gebrummelt, Master sei dabei, sich lächerlich zu machen, und in seinem Alter sollte er besser vorsichtig sein. Aber mehr als das äußerte er nicht.
»Nun, so heißt sie jedenfalls. So, Mary, und jetzt brauchen wir deine Hilfe. Mr Master ist kein junger Mann mehr, und wir müssen ihn beschützen. Wann siehst du deinen Bruder wieder?«
»Ich gehe oft am Samstag zu ihm«, sagte Mary.
»Das wäre morgen«, sagte Hetty Master hochbefriedigt. »Könntest du ihn dann besuchen?«
»Wenn Sie möchten, sicher.«
»Dann musst du Folgendes für uns tun.«
*
Es bestand für Sean kein Zweifel, dass Gabriel Loves Plan ein wahres Kunstwerk war. Und mit zu seiner Schönheit trug der Umstand bei, dass es nichts war, was man von Daddy Love erwartet hätte.
Daddy Love besaß ein Faible für sogenannte Leerverkäufe. Wenn er witterte, dass der Wertpapiermarkt fiel, wenn er private Informationen erhielt, dass eine bestimmte Aktie in absehbarer Zeit in den Keller gehen würde, dann bot er anderen Börsianern an, zu einem festgelegten Zeitpunkt ein Aktienpaket weit unter dem gegenwärtigen Kurswert zu verkaufen. Sobald der Stichtag kam, war der Preis der fraglichen Aktie, so sicher wie das Amen in der Kirche, weit tiefer gefallen, als man sich je hätte träumen lassen, und dann kaufte er selbst sie zum günstigen Tageskurs, während die anderen sie ihm für den vereinbarten, höheren Preis abkaufen mussten – was für ihn einen erklecklichen Profit und für die anderen einen gewaltigen Verlust bedeutete.
Diesmal wollte Gabriel Love den umgekehrten Weg wählen.
Sein Gegner würde ein gewisser Cyrus MacDuff sein.
»Er hasst mich«, hatte Mr Love Sean erklärt, »schon seit zwanzig Jahren.«
»Wieso das?«
»Weil ich ihn einmal um eine Wagenladung Geld betrogen habe. Aber das ist keine Entschuldigung. Wenn Mr MacDuff sich in christlicher Nächstenliebe übte, wenn er fähig wäre, seinen Schuldigern zu vergeben, dann ließe sich das schreckliche Schicksal, das über ihn hereinzubrechen droht, vielleicht noch abwenden. Doch seine böse Natur, dessen bin ich gewiss, wird ihn mit Blindheit schlagen, worauf ihn die Strafe des Herrn ereilen wird.«
»Klingt gut, finde ich«, sagte Sean. »Und wie wird Gottes Wille geschehen?«
»Durch die Hudson Ohio Railroad«, sagte Mr Love.
Im Jahr 1888 gab es nur eines, was man über das Eisenbahngeschäft mit Gewissheit sagen konnte: Es war schmutzig.
Mit der Erschließung des gewaltigen
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