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Im Rausch der Freiheit

Im Rausch der Freiheit

Titel: Im Rausch der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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den Trägern saßen, die von Kränen in schwindelnde Höhen gehoben wurden. Oben angelangt dirigierten sie die Träger an die ihnen zugedachten Stellen in dem wachsenden Stahlskelett, damit die in Vierertrupps arbeitenden Nieter ihre ohrenbetäubende Tätigkeit aufnehmen konnten. Die Mohawks und die Nieter gehörten zu den bestbezahlten Arbeitern auf der Baustelle.
    Auch Salvatores Lohn als Maurer war hervorragend: über fünfzehn Dollar pro Tag. Aber das Wichtigste war, überhaupt Arbeit zu haben. Denn neuerdings gab es jede Menge gute Männer, die keinerlei Anstellung fanden.
    Es war eine seltsame Ironie des Schicksals. Gerade als das Empire State Building den Himmel zu erstürmen begann, geriet war Amerika selbst ins Wanken. Das Land wurde zwar nicht von einem weiteren Börsenkrach getroffen – es trat keine plötzliche Krise ein –, aber wie ein Boxer, der mehrere schwere Treffer hinnehmen musste, die allmählich Wirkung zeigten, ging die mächtige amerikanische Wirtschaft schließlich langsam in die Knie.
    Mit dem April-Hoch war die Markterholung, die im neuen Jahr eingesetzt hatte, schon wieder zu Ende gewesen. Jeden Tag legte das Empire State Building ein Stockwerk zu, und die Kurse ließen ein Stückchen nach. Nicht viel, nur ein bisschen. Jedoch Tag für Tag, Woche für Woche rutschte der Index weiter nach unten. Der Markt hatte die Fäuste sinken lassen, den Kampf aufgegeben – er sah keinen Grund mehr, wieder aufzustehen. Bei Sommerbeginn wurden die Kredite allmählich knapp.
    Unternehmen entließen Mitarbeiter; Andere machten Pleite. Langsam, aber sicher ging es immer weiter bergab.
    Natürlich erklärten viele Leute, dass bald eine Wende eintreten würde, dass der Aktienmarkt derzeit unterbewertet und die Wirtschaft noch immer gesund war. Wie die Sekundanten in der Ringecke schrien sie ihrem Mann zu, die Handschuhe anzubehalten. Nur wurde ihr Mann immer mehr in die Defensive gedrängt, und er schien seinen Kampfgeist verloren zu haben. Wo immer es freie Stellen gab, bildeten sich lange Schlangen.
    Um elf fiel Salvatore ein silberfarbener Rolls-Royce auf, der die Fifth Avenue entlangfuhr. Er erinnerte sich an die Dame mit dem silbernen Rolls, die vor langer Zeit ihn und Anna zum Gramercy Park mitgenommen hatte, und fragte sich, ob es dieselbe Person war.
    *
    Sie war es tatsächlich. Tief unten äußerte Rose gerade einer Freundin gegenüber: »Wenn ich an meine arme Mrs Astor denke – und ich meine natürlich die Mrs Astor – und an dieses Hotel, das sie ihr auf den Kopf gesetzt haben … Nun, das war schon schlimm genug, aber jetzt bauen sie dieses riesige, grauenvolle Ding …« Sie wandte den Blick von der Baustelle ab. »Ich will es nicht sehen!«, erklärte sie.
    *
    Als es Mittag wurde, gingen die meisten Männer nach unten in die hervorragende Cafeteria, die die Bauleitung für die Arbeiter im Erdgeschoss eingerichtet hatte. Nur die Italiener hielten sich fern. Sie meinten, dass nur von italienischen Händen zubereitetes italienisches Essen genießbar sei, und brachten daher ihr eigenes Mittagessen mit.
    Salvatore belegte ein Stück Brot mit Schinken und Mozzarella und warf wieder einen Blick über die Brüstung. Ein paar Stockwerke höher arbeiteten Steinmetze von einem hängenden Laufsteg aus an der Außenseite des Gebäudes. Direkt unter ihm verlief ein weiteres Hängegerüst, das jeden fallenden Körper oder Gegenstand auffangen sollte, und ungefähr fünfzehn Stockwerke tiefer war ein langes Sicherungsnetz aufgespannt worden. Bislang hatte es auf der Baustelle kaum Verletzte gegeben. Niemand war über die Außensicherung gestürzt. Er starrte gerade hinunter auf das Auffangnetz, als er, noch weiter unten, Onkel Luigi sah. Er stand mitten auf der Fifth Avenue, während der Verkehr links und rechts an ihm vorbeiströmte, und wedelte wie ein Irrer mit den Armen.
    Die Nachricht war da. Salvatore hastete nach unten zu seinem Onkel, der ihn umarmte und auf beide Wangen küsste.
    »Das Kind ist da, Salvatore! Es ist alles gut gegangen!«
    »Bene. Wieder ein Mädchen?« Angelo und Teresa hatten ein Jahr nach ihrer Hochzeit ein Töchterchen bekommen und es Anna genannt.
    »Nein, Salvatore. Es ist ein Junge! Ein Junge für die Familie Caruso!«
    »Perfetto. Wir werden heute Abend auf seine Gesundheit trinken.«
    »Und ob du das wirst!« Onkel Luigi strahlte. »Er soll Salvatore heißen. Sie wollen, dass du bei ihm Pate stehst.«
    *
    An diesem Abend ging William Master nicht direkt nach Hause. Auf

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