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Im Rausch der Freiheit

Im Rausch der Freiheit

Titel: Im Rausch der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Kurskorrektur kann nicht ausbleiben.« Peter erkundigte sich außerdem nach der Darlehenspolitik der Wirtschaftsbanken. Hatte sie sich im letzten Jahr geändert? Er skizzierte die finanzielle Situation einer Firma, deren Minderheitsaktionär er war. Was würde Gorham empfehlen, sollte die Gesellschaft einen Kredit bei einer Wirtschaftsbank beantragen?
    Sie sprachen über ihre Kinder, und Gorham und Maggie erfuhren, dass Peter und Judy einen Sohn verloren hatten.
    Sie sprachen über das Y2K-Problem. Würden wirklich die Computer weltweit abstürzen, wenn das Datum auf 00 umschaltete? »Meine Bank hat ein Vermögen ausgegeben, um sich auf das Millennium vorzubereiten«, sagte Gorham, »aber Maggie geht davon aus, dass überhaupt nichts passieren wird.« Er fragte dann, in welchem Bereich Peter in nächster Zeit zu investieren beabsichtigte. »Amerika wird unser Kerngeschäft bleiben«, sagte Peter, »Europa dagegen mehr und mehr an Bedeutung verlieren. Wir gehen davon aus, dass der Ferne Osten der Wachstumsraum der Zukunft sein wird. In ein paar Jahren siedeln Judy und ich vielleicht nach Hawaii über, um näher am Ort des Geschehens zu sein.«
    Nach einem angenehmen Abend machten sich Gorham und Maggie zu Fuß auf den Weg nach Hause.
    »Ich habe mich wirklich gut unterhalten«, sagte Maggie. »Es war eine nette Überraschung, Judy wiederzusehen.«
    Gorham nickte, sagte aber nichts. Einen Block lang sprachen sie beide kein Wort.
    »Was schätzt du eigentlich, wie viel Geld Peter hat?«, fragte er schließlich.
    »Keine Ahnung.«
    »Mit Sicherheit wenigstens hundert Millionen.«
    Hundert Millionen. Es gab mal eine Zeit, da waren eine Million Dollar ein Haufen Geld. Doch die Messlatte wurde seitdem erheblich höher angelegt – vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten. Für den wirklich Erfolgreichen, schätzte Gorham, für einen Mann wie Peter, stellten hundert Millionen in der neuen globalen Wirtschaft lediglich die Einstiegssumme dar. Wie viele Leute mochten heutzutage in New York hundert Millionen Dollar besitzen? Mit Sicherheit eine ganze Menge. Wirklich reich war man heutzutage erst ab einer Milliarde.
    »Was ist los?«, fragte Maggie, nachdem sie einen weiteren Block gegangen waren.
    »Mein Leben ist ein totaler Fehlschlag.«
    »Herzlichen Dank. Wirklich nett zu wissen. Deine Frau und deine Kinder zählen offenbar nichts.«
    »Das meine ich nicht.«
    »Und ob du das tust! Wir sind dein Leben, weißt du.«
    »Natürlich seid ihr das. Aber Peter und ich haben unseren Master gleichzeitig gemacht. Danach hat er beruflich die richtigen Entscheidungen getroffen und ich nicht.«
    »Das ist Schwachsinn! Du hast lediglich etwas anderes gemacht. Sag mir eins: Wann, würdest du sagen, bist du am glücklichsten?«
    »Wenn ich mit dir und den Kindern zusammen bin vermutlich.«
    »Das freut mich wirklich zu hören. Hast du zufällig mitbekommen, wie Peter erzählte, dass er einen Sohn verloren hat? Und da meinst du tatsächlich, er sei besser dran als du?«
    »Nein, nur beruflich erfolgreicher.«
    »Sei dankbar für das, was du hast, Gorham!« Sie gingen eine Minute lang schweigend weiter. Er merkte Maggie an, dass sie ihm ernsthaft zürnte. »Juan Campos war ebenfalls gleichzeitig mit dir an der Columbia«, sagte sie plötzlich. »Willst du mir etwa einreden, dass Juan ein Versager ist? Denn ich bin zufällig nicht dieser Meinung!«
    Juan Campos hatte es einige Jahre lang recht schwer gehabt, damals als die Situation im Barrio und in jedem anderen armen Viertel der Stadt sich immer mehr zuspitzte. Aber diese Zeiten waren vorbei, und inzwischen arbeitete er mit großem Erfolg in der Verwaltung des Community-College-Systems. Gorham glaubte, dass Juan es beruflich noch erheblich weiter bringen konnte.
    »Okay«, sagte Gorham. »Jetzt weiß ich Bescheid.«
    An diesem Wochenende blieben sie in der Stadt. Am Samstag war strahlend schönes Wetter. Sie fuhren hinunter zum South Street Seaport, und Gorham erzählte seinen interessiert zuhörenden Kindern, dass ihre Vorfahren Kaufleute gewesen seien und dort unten ihre Kontore hatten. Anschließend gingen sie alle zusammen ins Kino. Am Sonntag richtete Maggie einen Brunch her, und es kamen Freunde zu Besuch, und am Abend half er den Kindern bei ihren Hausaufgaben. Danach fühlte er sich besser, und mehrere Wochen lang konzentrierte er sich ausschließlich auf seine Arbeit und die Kinder und natürlich auf Maggie, und er hatte schon gedacht, er sei wieder ganz der Alte, bis er eines

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