Im Rausch der Freiheit
reiche Schickeria ließ es sich gewaltig viel kosten, in den Hamptons wohnen zu können. Aber es gab auch Bürger, die die ruhigeren, ländlicheren Gebiete des großen Korridors vorzogen, von Bedford, in der Mitte von Westchester, das Hudsontal hinauf bis ins schicke Dutchess County. Zumal, wenn sie den Reitsport liebten. North Salem war vielleicht kein regelrechtes »Land«, aber Suburbia ganz gewiss auch nicht; es gab dort einen Jagdclub und mehrere Anwesen mit hundert und mehr Hektar Grund. Wie Bedford war es ein Ort, der Reiche anzog, und das gefiel Gorham, denn es gab ihm das Gefühl, dass die Familie Master dort war, wo sie eigentlich hingehörte.
Aber galt das gleichermaßen für ihn?
Irgendwann Mitte der Neunzigerjahre begriff Gorham, dass er in der Bank nicht weiter aufsteigen würde. Nicht dass er versagt hätte – sein Job war sicher, und er wurde nach wie vor geschätzt –, aber es gab da eine Anzahl von Männern seines Alters, die es weiter gebracht hatten. Vielleicht waren sie bessere Politiker, vielleicht mehr Glück begünstigt. Er jedenfalls würde niemals der CEO sein oder auch nur einer aus dem kleinen Kader, der die Bank wirklich leitete, sondern stets nur der nette Bursche knapp unter dieser Schwelle sein.
Dann gab es noch weitere, beunruhigende Entwicklungen. Es war eine Zeit der Fusionen. Die Banken wurden immer größer. Eine Bank verschluckte die andere, und viele meinten, es werde zuletzt nur die größte überleben. Durch ihre gigantische Finanzkraft und verringerten Kosten konnten sie jede Konkurrenz ausschalten. Bislang hatte seine Bank weder jemanden geschluckt, noch war sie selbst geschluckt worden, aber sollte das irgendwann passieren, passierte wahrscheinlich zweierlei. Seine Aktien und Optionen würden erheblich an Wert gewinnen, sodass ihn ein solcher Deal möglicherweise zu einem beträchtlich reicheren Mann machte – aber mehr auch nicht.
Die negative Seite allerdings deprimierte ihn zutiefst. Denn gleichgültig, an welches andere Geldinstitut er dachte oder an welche Führungskraft, die er kannte – eines war so gut wie sicher: Sollte es zu einer Fusion oder einem Aufkauf kommen, würde sein Gegenpart in der anderen Bank derjenige sein, den man zum Bleiben aufforderte, und er selbst müsste vermutlich gehen.
Natürlich in allen Ehren. Solche Abgänge geschahen tagtäglich. Viele Männer in seiner Lage hätten ihr Geld genommen und sich mit größtem Vergnügen in einen mehr als behaglichen Ruhestand zurückgezogen. Doch er hatte sich eigentlich mehr vorgenommen. Hatte ganz nach oben gewollt, der Mann werden wollen, der zu wichtigen Anlässen als Ehrengast eingeladen wird und dem man Aufsichtsratsposten anbietet.
Stattdessen würde er nur noch der Mann der erfolgreichen Maggie O’Donnell von B & C sein, der nette Kerl, der früher mal Banker gewesen war, bis man ihn hinauskomplimentiert hatte. Und das alles, während seine Kinder noch zur Schule gingen. Bislang war es nicht passiert, aber die Aussicht bereitete ihm schlaflose Nächte.
Doch selbst das hätte er vielleicht mit Anstand ertragen können, wäre nicht rings um ihn alles in Bewegung geraten.
Neues Geld schoss aus dem Boden. Neunziger-Jahre-Geld. Das Geld der Siebziger und Achtziger war nicht so übel gewesen. Als junge Existenzgründer die Technologien entwickelten, aus denen Silicon Valley entstanden, wohnte ihrem Unternehmergeist etwas Heroisches inne. Computercracks nahmen Hypotheken auf ihr Haus aufgenommen und richteten sich in der Garage eine Werkstatt ein; unerschrockene Risikokapitalgeber besaßen den Weitblick, sie zu unterstützen. Firmen entstanden, die nach einer gewissen Anlaufzeit riesige Mengen Geld abwarfen und die Welt veränderten. Dadurch waren einige dieser Jungunternehmer ungeheuer reich geworden, ohne sich allerdings allzu sehr mit den traditionellen Begleiterscheinungen des Reichtums zu belasten. Sie führten ein aufregendes Leben, gründeten wohltätige Stiftungen, in denen sie sich persönlich engagierten. Reichtum war für sie keine Frage von Status, sondern von neuen Ideen.
Mit dem Reichtum der Neunziger, hatte Gorham den Eindruck, war es eine andere Sache. Der Dotcom-Boom beruhte auf der Idee, mithilfe der neuen Technologie die verschiedensten Dienstleistungen anzubieten, wodurch sich mit einem solchen Tempo neue Unternehmen erfinden ließen, dass er kaum noch die Übersicht behielt. Einigen von ihnen räumte Gorham gewisse Erfolgschancen ein. Andere schienen ihm hingegen auf
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