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Im Rausch der Freiheit

Im Rausch der Freiheit

Titel: Im Rausch der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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sie ihre Galerie managte.
    »Das würde mir prima passen«, hörte er sich selbst sagen.
    Er arbeitete bis halb sieben und rief dann Maggie an, um zu hören, wann sie zu Hause sein würde. Sie sagte Viertel nach sieben.
    »Nach dem Essen«, sagte er, »muss ich mit dir reden.«
    »Ach?« Sie klang angespannt. »Worüber?«
    »Geschäftliches«, sagte er. »Ich kann’s dir nicht am Telefon sagen. Es hat sich was ergeben.«
    Sie aßen wie gewöhnlich mit den Kindern zu Abend und schickten sie anschließend an ihre Hausaufgaben. Es war schon neun, als die Kinder ins Schlafzimmer gingen und die Tür schlossen. Maggie beobachtete ihn mit einem lauernden Ausdruck im Gesicht.
    »Okay«, sagte er, »heute hat mich ein Headhunter, den ich kenne, angerufen. Ich habe mich mittags mit ihm in Downtown getroffen. Es besteht die reelle Chance, dass ich einen Posten angeboten bekomme.«
    »Was für einen Posten?« Sie gab sich nicht die geringste Blöße.
    »Als Chief Operating Officer in einer Bank. Einer kleineren Bank natürlich. Aber sie bieten mir ein sehr verlockendes Paket an. Konkret würden sie mich aus meiner Bank freikaufen und mir ein sehr attraktives, leistungsbezogenes Gehalt anbieten. Es könnte viel Geld dabei herausspringen.« Er schwieg kurz. »Der Plan ist, dass ich in drei oder vier Jahren zum CEO aufrücken würde. Sie glauben, dass ich die nötige Erfahrung habe, um den Betrieb auf eine ganz neue Ebene zu bringen. Und nach dem, was ich gehört habe, liegen sie da nicht falsch.«
    Sie hatte schon gemerkt, worauf das Ganze hinauslief.
    »Wo ist die Bank?«
    »In Boston. Ich würde wöchentlich pendeln. Es könnte funktionieren.«
    »Dann würden wir dich also am Wochenende sehen.«
    »Genau.«
    »Vielleicht.«
    »Am Wochenende wäre ich da.«
    »Und was hältst du rein gefühlsmäßig von der ganzen Sache?«
    »Lieber wär’s mir natürlich, wenn es etwas hier in New York wäre. Doch ich glaube, darauf kann ich lange warten. Rein beruflich ist es genau das, was ich schon immer gewollt habe.«
    »Aber du hast drei Kinder, die dich brauchen. Willst du sie – und mich – wirklich im Stich lassen?«
    »Das ist absolut unfair. Ich möchte weder sie noch dich je im Stich lassen, und das würde ich damit auch nicht tun.«
    »Vielleicht theoretisch nicht, vielleicht deiner Meinung nach nicht – so, wie du die Dinge jetzt siehst. Praktisch wäre es allerdings genau das, was du tun würdest.«
    »Es geht nicht darum, wie ich ›die Dinge sehe‹, Maggie. Und es besteht auch kein Grund, mich gönnerhaft zu behandeln.«
    »Okay, ich werde dich nicht gönnerhaft behandeln. Wenn das absolut notwendig und für dich die einzige Möglichkeit wäre, Geld zu verdienen und uns durchzubringen, dann würde ich nichts sagen. Aber es ist völlig unnötig. Wir kommen schon so ausgezeichnet zurecht, und trotzdem willst du Frau und Kinder im Stich lassen.«
    »Ich komme nicht ›schon so ausgezeichnet zurecht‹, Maggie. Ich habe die Chance, eine Bank zu leiten.«
    Das war zu viel. Sie verlor die Beherrschung.
    »Na, ist ja großartig, Gorham! Toll für dein Ego! Ob du damit so glücklich werden würdest, steht auf einem ganz anderen Blatt. Denn ich habe nicht den Eindruck, dass du wirklich gern Banker bist, wenn du es genau wissen willst.«
    »Du willst also behaupten, ich mache meine Sache nicht gut!«
    »Du machst sie vermutlich ganz ordentlich.« Sie betrat allmählich gefährliches Terrain – das musste ihr selbst klar sein –, aber jetzt war sie wütend. »Ich glaube, du siehst dich einfach gern als Banker. Das ist nicht ganz dasselbe!«
    »Nun, morgen Vormittag habe ich ein Meeting mit dem Präsidenten der Bank im World Trade Center – da hat der Headhunter sein Büro. Wenn die Sache gut läuft und wir das Gefühl haben, dass wir miteinander können, dann fahre ich Anfang nächster Woche rauf nach Boston und treffe mich mit ein paar weiteren Leuten. Und wenn ich zu dem Schluss gelange, dass es eine gute Idee wäre, diese Stelle anzunehmen, dann werde ich das tun!«
    »Und ich werde mir überlegen, was ich tun werde, Gorham. Denn ich glaube, dass du drauf und dran bist, dieser Ehe etwas mehr zuzumuten, als sie ertragen kann. Vielleicht solltest du auch mal darüber nachdenken!«
    »Du willst unsere Ehe abschreiben? Das willst du den Kindern antun?«
    »Das ist jetzt ja wohl völlig daneben!«
    »Ach ja? Da bin ich mir nicht so sicher, Maggie! Du hast den beruflichen Erfolg und den Lifestyle und die Kinder. Vielleicht brauchst

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