Im Rausch der Freiheit
Lordschaft merkte das nicht.
»Ach tatsächlich«, sagte er hocherfreut.
So vergingen ein paar Monate; gelegentlich trat Lord Cornbury als die Queen auf, während er zu anderen Gelegenheiten einfach nur in Frauenkleidern ging.
In diesem Jahr fing Ihre Ladyschaft an zu kränkeln. Die Ärzte wussten nicht, was sie hatte, also ließen sie Lady Katherine Cornbury zur Ader und gaben ihr Kräuterabsude und sagten, sie müsse ruhen. Im Haus lief alles weitgehend unverändert weiter. Seine Lordschaft wohnte oft dem Unterricht seines Sohnes bei oder leistete Theodosia abends Gesellschaft, indem er ihr vorlas. Aber mir fiel auf, dass Seine Lordschaft, jetzt wo Ihre Ladyschaft unwohl war, nachts oft rastlos wirkte und allein in seinem Zimmer auf und ab ging; und ich weiß, dass er sich dann oft als Frau verkleidete.
*
Ich hatte mir schon seit einiger Zeit überlegt, ob ich diese Situation nicht irgendwie zu meinem Vorteil nutzen könnte; und als ich eines Tages auf dem Markt war, wen sehe ich, wenn nicht Violet, die Mulattin vom East River, die ich früher besucht hatte. Sie war stark gealtert, aber ich erkannte sie sofort wieder und sie mich ebenso. Sie hatte ein kleines Mädchen von vielleicht neun Jahren bei sich, das ihre Enkelin war. »Ist sie damit auch meine Enkelin?«, fragte ich sie leise. Und sie lachte und sagte: »Vielleicht.« Dieses kleine Mädchen hieß Rose.
Nun, offenbar war diese Rose eine unwahrscheinlich geschickte Näherin, und Violet war auf der Suche nach jemandem, der sie mit regelmäßiger Arbeit versorgte. Und als ich ihr sagte, dass ich mittlerweile dem Gouverneur gehörte, fragte sie, ob ich nicht etwas für sie tun könnte.
»Lass mir ein bisschen Zeit«, sagte ich, »und ich sehe, was sich machen lässt.«
*
Ich machte mich am nächsten Tag an die Arbeit. Mithilfe eines Gerüsts aus dünnen Stöcken flocht ich aus Weidenruten ein ungefähres Modell vom Rumpf des Gouverneurs. Glücklicherweise war ich schon immer geschickt mit den Händen gewesen, und so fiel mir die Aufgabe leicht. Anhand eines seiner Hemden konnte ich dann genauer Maß nehmen und hier und da Korrekturen durchführen, bis es genau stimmte. Dann kaufte ich etliche Ellen Seide und Futterstoff. Dies kostete mich einen großen Teil meiner Ersparnisse, aber ich vertraute darauf, dass sich die Investition auszahlen würde. Dann borgte ich mir ein altes Kleid Ihrer Ladyschaft, von dem ich wusste, dass sie es nie trug. Schließlich lud ich all diese Dinge auf einen Karren und fuhr zu Violet.
»Ihre Ladyschaft möchte einer Freundin, die drüben auf Long Island wohnt, ein Kleid schenken«, sagte ich zu ihr. »Das hier ist die Form ihres Körpers, aber was die Größe angeht, sind wir uns nicht so sicher, deswegen muss das Kleid lang gelassen werden, und wir können es später umsäumen.« Dann zeigte ich ihr das Kleid, das ich mir als Vorlage für den Schnitt ausgeborgt hatte, und sagte ihr, wenn Rose das machen könnte, würde sie gut bezahlt werden. »Sie kann es«, sagte Violet. Also sagte ich, dass ich nach zwei Wochen wiederkommen würde.
Und tatsächlich, als ich kam, war es fertig. Ich kehrte schnurstracks zu Seiner Lordschaft zurück und sagte ihm, ich hätte ein Kleid, das ihm vielleicht besser passen würde. Als er es sah, starrte er den Stoff an und ließ die Hand über die Seide gleiten und sagte, ich hätte eine sehr gute Wahl getroffen. Tatsächlich passte ihm das Kleid wie angegossen. Ich säumte es an Ort und Stelle selbst um, und Seine Lordschaft war über die Maßen entzückt.
»Es hat allerdings einiges gekostet, Mylord«, sagte ich und nannte einen Betrag, der niedriger war, als jede Schneiderin in der Stadt berechnet hätte. Er gab mir das Geld, ohne zu zögern. Am nächsten Tag bezahlte ich Rose für ihre Arbeit – einen kleinen Betrag, über den sie sich aber sehr freute. Und dann fasste ich mich in Geduld.
Wie es das Schicksal so wollte, schien Ihre Ladyschaft endlich gesund zu werden. Seine Lordschaft und sie nahmen ihr gewohntes Leben wieder auf. Mehrere Male trug er beim Abendessen das Kleid und war vollkommen zufrieden. Nach einer Weile fragte er mich, genau wie ich gehofft hatte, ob ich ihm nicht ein weiteres besorgen könnte. Ich antwortete ja, vermutlich. Aber am nächsten Tag kam ich mit einem langen Gesicht zurück.
»Es gibt ein Problem, Eure Lordschaft«, sagte ich zu ihm. Ich erklärte, die Schneiderin, bei der ich das Kleid besorgt hatte, sei argwöhnisch geworden. War ich nicht der Sklave
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